Deutsche LNG-Terminals: So viel Gas wird wirklich gegeben

Deutschlands erstes Flüssigerdgas-Terminal blickt auf ein Jahr Betriebszeit zurück. Weitere Vorhaben stehen aktuell kurz vor der Vollendung.

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FSRU in Wilhelmshaven

Blick auf die FSRU in Wilhelmshaven

(Bild: mki / heise online)

Lesezeit: 7 Min.
Inhaltsverzeichnis

Etwas mehr als ein Jahr nach Eröffnung des ersten deutschen Flüssigerdgas-Terminals in Wilhelmshaven steht in den kommenden Wochen und Monaten die Inbetriebnahme weiterer neuer Anlandestellen für tiefkaltes flüssiges Erdgas bevor. Sehr viel mediale Aufmerksamkeit zieht dabei weiterhin das Vorhaben auf der Insel Rügen auf sich, wo Bürger und Umweltschützer gegen die Pläne aufbegehren. Konfliktpotenzial bieten aber einige andere LNG-Terminals.

Die Statistiken geben indessen erstmals Aufschluss darüber, wie wichtig die LNG-Terminals für die Gasversorgung Deutschlands wirklich sind. Der Anteil an den Gesamtimporten war im Jahr 2023 mit etwa sieben Prozent gering – und er wäre noch geringer, wenn Deutschland noch die gleichen Importzahlen hätte wie vor Mitte 2022. Mit den weiteren Terminals, die jetzt fertig werden, stehen die Zeichen aber auf Wachstum. Mit einer Gesamtkapazität von rund 30 Milliarden Kubikmetern Erdgas könnten die neuen Terminals bei voller Auslastung die durch Sabotage lahmgelegte Ostsee-Gaspipeline Nord Stream 1 zumindest zur Hälfte ersetzen.

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Wir fassen die aktuellen Entwicklungen rund um die Terminals zusammen:

Deutschlands erstes Flüssigerdgas-Terminal in Wilhelmshaven fand bei seiner Eröffnung im Dezember 2023 weltweit Beachtung. Nach dem Auftakt mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) ging es zwar weniger hektisch als in den neun Monaten Bauzeit zu. Doch mit 42 Schiffen im ersten Jahr und der Anlieferung von rund sieben Millionen Kubikmetern LNG wurde es nicht ruhig. Das angelieferte Liquefied Natural Gas (LNG) wurde in vier Milliarden Kubikmeter Erdgas umgewandelt und eingespeist. Diese Zahlen nannte der Energiekonzern Uniper als Betreiber des Terminals. Damit hat das schwimmende Terminal, das bis zu fünf Milliarden Kubikmeter Erdgas pro Jahr bereitstellen kann, noch Luft nach oben. Für dieses Jahr seien die Kapazitäten schon gut ausgelastet, heißt es.

Probleme drohen dem Terminal aktuell eher rechtlich. Die Deutsche Umwelthilfe hat beim Bundesverwaltungsgericht Klage eingereicht. Es geht um die FSRU "Hoegh Esperanza" und wie sie mit Chlor ihre Rohre durchspült, damit diese durch das verwendete Meerwasser und seine biologischen Anteile nicht verstopfen. Andere Floating Storage and Regasification (FSRU) Units nutzen hierfür alternative Verfahren, das gecharterte Schiff in Wilhelmshaven spült das mit Chlor versetzte Wasser dagegen in die Jade. In dem Streit, in dem vom Betreiber versucht wurde, mit Messwerten einen Schaden für die Umwelt zu widerlegen, gab es bislang keine Einigung. Umweltschützer fordern einen Umbau des Schiffes, der dieses aber für eine Weile stilllegen dürfte.

In Wilhelmshaven werden außerdem Pläne für ein stationäres Terminal an Land weiterverfolgt, das im Jahr 2026/27 in Betrieb gehen könnte.

Unweit des ersten Terminals in Wilhelmshaven sind seit Monaten die Arbeiten für ein weiteres Terminal zu beobachten. Trotz der geografischen Nähe ist dort mit Tree Energy Solutions (TES) ein anderer Betreiber tätig, der aber ebenfalls zum Kreise derer zählt, die vom Bund eine gecharterte schwimmende FSRU erhalten. Im Mai soll die Bauarbeiten abgeschlossen sein. Vor der Küste wurde bereits lautstark gerammt und zwei neue Rohrleitungen kreuzen den Deich.

Bereits im Oktober wurde der Anschluss des künftigen Terminals an die Gasfernleitung Netra hergestellt. Hierfür war nur eine zwei Kilometer lange neue Rohrverbindung nötig, die an die Anschlussleitung des ersten Terminals andockt.

TES hat sich vorgenommen, recht schnell einen Umschlagplatz für Wasserstoff zu errichten. Dieser "Green Energy Hub" soll im Jahr 2027 seinen Betrieb aufnehmen und könne mit sechs Schiffsanlegestellen und 10 Speichertanks rund 10 Prozent des jährlichen Primärenergiebedarfs in Deutschland decken – so die Ansage. Die "Final Investment Decision" muss aber noch getroffen werden. Sie ist für das zweite Quartal 2024 vorgesehen.

Der Haushaltsausschuss des Bundestages hat in jedem Fall bereits eine Finanzierung über 600 Millionen Euro für einen Anleger für grüne Gase zugesagt. Dieser könnte gemeinsam von Uniper und TES genutzt werden.

Seit April 2023 befindet sich das LNG-Terminal in Brunsbüttel im Regelbetrieb. Zum Jahreswechsel übergab die RWE die Betriebsführung an die Deutsche Energy Terminal. Wie bei den anderen eiligst erbauten Umschlagplätzen für Flüssigerdgas in Deutschland kommt ein Spezialschiff zum Einsatz, im Falle der Stadt in Schleswig-Holstein ist es die "Höegh Gannet". Dieses sorgte in den ersten Monaten des Betriebs bereits für Schlagzeilen, weil Anwohner Lärm beklagen und Schadstoffe fürchten.

Jüngst kam noch eine weitere Sorge am Elbehafen-Terminal hinzu: an einer 55 Kilometer langen Pipeline, die sich derzeit im Bau befindet, wurde offenbar ein Sabotageakt verübt. An acht Stellen wurde die Leitung angebohrt. Die Täter arbeiteten offenbar mit Spezialwerkzeug. Es ist ein Millionenschaden entstanden und die Inbetriebnahme der Leitung musste auf Februar verschoben werden. Die Pipeline ist ohnehin umstritten – Umweltschützer fürchten, dass sie den Import fossiler Brennstoffe auf lange Zeit zementieren könnte.

Das geplante LNG-Terminal in Stade im Vergleich mit anderen Umschlagplätzen nur für wenige Schlagzeilen, doch schon im Februar soll das schwimmende Terminal mit der FSRU "Transgas Force" den Betrieb aufnehmen. Im Dezember wurde der Anleger fertiggestellt und die nötigen Genehmigungen sind erteilt. Mit der FSRU sollen pro Jahr bis zu 5 Milliarden Kubikmeter Gas Import werden. Pro Jahr werden 50 Schiffe erwartet.

Stade tüftelt auch schon am nächsten Schritt. Im Jahr 2027 soll ein Landterminal seinen Betrieb aufnehmen.

Kein LNG-Vorhaben in Deutschland stieß auf so viel Gegenwehr wie das auf der Insel Rügen. Und doch zählen die Pläne für die Ostsee zu den größten Vorhaben. Das Durchhaltevermögen dürfte mit einem wichtigen Standortfaktor zusammenhängen: Der sehr guten Anbindung an das Gasfernnetz in Lubmin, wo die beiden Russland-Pipelines Nord Stream 1 und 2 enden und infolge von deren Beschädigung Importe ausfallen. Die Kapazität könnte nun für die LNG-Terminals genutzt werden.

Schon die Idee einer Anlage in der Ostsee stieß auf Ablehnung. Die Verlagerung in den Hafen von Mukran hat die Fronten nicht geglättet – ganz im Gegenteil. Vorgesehen sind zwei schwimmende Terminals. Die Angaben über die Gesamtkapazität schwanken zwischen 10 und 13,5 Milliarden Kubikmeter Gas pro Jahr. Eines der Terminals soll die FSRU Neptune werden, die derzeit bereits in Lubmin als erstes rein privatwirtschaftliches Terminal Deutschlands in Betrieb ist. Hinzu käme dann mit der Transgas Power ein zweites Spezialschiff.

Aktuell müssen die Arbeiten an einer Pipeline von Rügen nach Lubmin aber ruhen. Das Bundesverwaltungsgericht hat einen Baustopp erwirkt. Und da Anwohner und Umweltschützer das Vorhaben mit aller Kraft bekämpfen, könnten weitere Rückschläge drohen. Sie befürchten katastrophale Auswirkungen auf die Umwelt und den Tourismus.

(mki)