Digitaler Behördenfunk: Thüringen rechnet mit Startverzug

Thüringens Innenstaatssekretär bezweifelt, dass der Digitalfunk bereits bei der Fußball-WM genutzt werden kann. Die Anbieter rechnen weiterhin mit einem Vergabeentscheid und Probebetrieb noch in diesem Herbst.

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Von
  • Sven-Olaf Suhl

Der Freistaat Thüringen rechnet mit deutlichen Startschwierigkeiten bis zur Einführung des Digitalfunks für Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS) in Deutschland. dpa zitiert den Thüringer Innenstaatssekretär Stefan Baldus mit der Einschätzung: "Wir gehen von einem Verzug von zwölf Monaten beim Beschaffen und Installieren aus." Gegenüber heise online erläuterte ein Sprecher des Innenministeriums, dass juristische Anfechtungsversuche unterlegener Lieferanten den Aufbau des BOS-Netzes hinauszögern könnten.

Gegen den Vorstoß von Bundesinnenminister Otto Schily, durch den Aufbau eines BOS-Rumpfnetzes bis zur Fußballweltmeisterschaft 2006 wenigstens die Spielorte mit abhörsicherem Digitalfunk auszurüsten, waren vergaberechtliche Bedenken erhoben worden. So legte etwa der Marburger Rechtsanwalt Dr. Christopher Zeiss seine Zweifel daran dar, dass der Bund -- wie von Schily beabsichtigt -- in einem "In-Sich-Geschäft" die Bahntochter DB Telematik vorab als Betreiber des Rumpfnetzes festlegen darf und lediglich die Lieferung von Funktechnik und Endgeräten ausschreibt.

Die potenziellen Lieferanten von Digitalfunktechnik geben sich jedoch zuversichtlich, dass der Zeitplan des Bundes eingehalten werden kann. Ziel des laufenden Teilnahmewettbewerbs des Bundes ist, aus den Bewerbern fünf bis sieben Unternehmen auszuwählen, die bis zum 21. Juni zur Abgabe konkreter Angebote aufgefordert werden sollen. Mit dem Zuschlag rechnen die Lieferanten noch in diesem September. Danach ist vorgesehen, dass der "Erstbieter" -- also der Sieger des Vergabeverfahrens -- in zwei Schritten eine "Testgestellung" beziehungsweise "erweiterte Testgestellung" seiner Sendetechnik realisieren muss.

Erst wenn die Testergebnisse vom Auftraggeber akzeptiert sind, wird der Erstbieter mit der Lieferung der kompletten Infrastruktur beauftragt. Bei negativem Testergebnis käme der Zweitbieter entsprechend zum Zuge. Ein Firmenvertreter bezeichnete es als nahe liegend, die Spielorte der Fußball-WM bereits im Rahmen der Testgestellung zu versorgen. Mit diesem Kunstgriff könnte die Polizei während der Weltmeisterschaft abhörsicher funken, selbst wenn die endgültige Auftragsvergabe noch juristisch in der Schwebe sein sollte.

Zur Ausstattung der Sicherheitsbehörden mit Digitalfunktechnik siehe auch: (ssu)