E-Patientenakte: Pauschale Freigabe von Daten für die Forschung umstritten

Seite 2: Forschungsdatengesetz

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Der Dresdener Medizininformatiker Martin Sedlmayr warb für eine "föderierte Infrastruktur", da es nicht "den Forschungsdatensatz" gebe. Allein bei Covid-19 existierten 100 bis 1000 Variablen. Dies stellte eine große Chance für "verteiltes Rechnen" dar, wobei die Daten am Ort des Entstehens ausgewertet werden könnten und nicht zentralisiert werden müssten. Susanne Mauersberg vom Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) plädierte dafür, für Forschungsdaten ein eigenes Gesetz zu machen.

Mit dem Vorhaben soll die ePA, die Krankenkassen ab 2021 Versicherten zur Verfügung stellen müssen, auch mit Inhalten gefüllt werden können. Vorgesehen ist ein Anspruch darauf, dass Ärzte dort Patientendaten wie Befunde, Berichte oder Röntgenbilder eintragen. Auch der Impfausweis, der Mutterpass, die Vorsorgeuntersuchungen für Kinder und das Zahn-Bonusheft sollen in die Akte wandern. Verpflichtend einführen will die Regierung zudem E-Rezepte.

Den Zugriff auf die ePA sollen die Patienten im ersten Stadium nur grob über Mobilgeräte steuern können. Dieses schrittweise Vorgehen sei "sehr problematisch", monierte Schröder, da so etwa Daten geleakt werden könnten. Prinzipiell bleibe offen, was etwa bei einer Freigabe von Erbkrankheiten passiere, die auch Informationen über "meine Kinder und Eltern" enthielten und diese gar nicht gefragt würden. Psychotherapeuten und Vertreter des öffentlichen Gesundheitsdienstes beklagten dagegen, dass sie gar keinen oder nur beschränken Zugang erhalten sollten. Die Auswertbarkeit von Labordaten würde damit etwa wegfallen.

Dass die Kassen von 2022 an verpflichtet werden sollen, auch Bürgern ohne Smartphone in ihren Geschäftsstellen technische Einrichtungen für die ePA-Verwaltung zur Verfügung zu stellen, kritisierte Doris Pfeiffer vom GKV-Spitzenverband als teuer und nicht zielführend, da diese Terminal-Infrastruktur vermutlich kaum einer nutzen würde.

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"Eine sichere Identifizierung und Authentifizierung für die Gesundheitskarte sind unverhandelbar", forderte Martin Tschirsich vom Chaos Computer Club (CCC), nachdem der Verein jüngst massive Lücken beim Schutz von Zugangskarten für die gesamte Telematik-Infrastruktur aufgedeckt hatte. Das bisherige Sicherheitsniveau müsse hier dringend erhöht werden, damit Gesundheitskarten nicht mehr einfach in die Hände Dritter gelangen könnten, womit der Kryptoschutz umgangen werde.

Auch jenseits der vom Parlament befragten Experten hagelt es weiter Kritik an der Initiative. Die geplanten hochkomplexen digitalen Anwendungen "behindern massiv den Workflow in den Praxen und Kliniken", monierte Silke Lüder, Vorsitzende der Freien Ärzteschaft. "Profitieren werden nur IT-Konzerne und eventuell Krankenkassen, die sich den indirekten Zugriff auf die gesamten ausführlichen Krankheitsdaten erhoffen."

Das E-Rezept hält Lüder für inakzeptabel. Dabei bekomme der Versicherte entweder einen Zugangscode auf sein Handy oder einen sogenannten Token auf Papier, sämtliche Informationen würden auf zentralen Servern gespeichert. Der Patient könne so nicht mehr nachprüfen, was der Arzt tatsächlich verordnet hat, Missverständnisse würden erst in der Apotheke sichtbar. Irrwitzige Züge nehme der Notfalldatensatz an: In Tests habe die Erstausstellung 20 bis 30 Minuten gedauert, was völlig praxisfern sei.

(olb)