EU-Kommission bescheinigt Deutschland Nachholbedarf in der Digitalisierung

Vor drei Jahren rief die EU-Kommission die "digitale Dekade" aus. Nun schaute sie nach, wie sie sich bisher entwickelt hat.

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Glasfaserkabel werden für Vodafone unter einer Straße verlegt. In solchen Horizontalbohrprojekten wird Tunnel-Gel verwendet.

(Bild: heise online / anw)

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Die digitale Transformation Deutschlands schreitet stetig voran, meint die EU-Kommission. Das Land müsse sich aber weiter anstrengen, um sein Ziel zu erreichen, Vorreiter zu werden. Beispielsweise sei die Abdeckung mit Gigabit-Netzen vor allem mit Glasfaser noch unbefriedigend, schreibt die Kommission in ihrem Bericht zum Stand der digitalen Dekade. Positiv entwickelt habe sich die Abdeckung mit 5G-Mobilfunk.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hatte vor drei Jahren das laufende Jahrzehnt zur "digitalen Dekade" ausgerufen. Seinerzeit stellte die Kommission auch erste konkrete Vorhaben für den Ausbau von Supercomputern und schnellen Netzen wie 5G vor. Drei Jahre später zieht die Kommission mit einzelnen Berichten (PDF) zu den EU-Mitgliedsländern ein erstes Zwischenfazit.

Demnach bestehen in Deutschland immer noch erhebliche Lücken bei digitalen öffentlichen Diensten und Kompetenzen. Mit 5 Prozent Anteil der IKT-Fachkräfte an der Zahl aller Beschäftigten liege Deutschland über dem EU-Durchschnitt von 4,6 Prozent. Die 19 Prozent Frauen darunter entsprächen fast genau dem Durchschnitt der EU. Die künftigen Wachstumsaussichten auf diesem Gebiet würden durch hohe Abbrecherquoten in IKT-Studienfächern unterlaufen.

Die Abdeckung von Glasfaseranschlüssen bis zum Haus liege mit 19 Prozent weit unter dem EU-Durchschnitt von 56 Prozent. Besser als der Durchschnitt schneidet deutsche Unternehmen im Bereich "digitale Intensität" ab, bei der Anwendung digitaler Technik anhand verschiedener Indikatoren gemessen wird. Bei der Einführung von Cloud Computing liegen deutsche Unternehmen etwas unter dem EU-Durchschnitt, darüber in der Big-Data-Analyse und der Einführung Künstlicher Intelligenz.

Als eine "seit mehreren Jahren bestehende Herausforderung" bezeichnet die EU-Kommission die Digitalisierung öffentlicher Dienstleistungen in Deutschland. Obwohl erhebliche Anstrengungen wie die Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes unternommen wurden, hinke das Land in dieser Dimension noch hinterher. Zu den Hauptproblemen gehören die geringe Anzahl digitalisierter öffentlicher Dienste, die mangelnde landesweite Verfügbarkeit von Diensten sowie Herausforderungen im Zusammenhang mit einem Pilotprojekt zu eID-Anträgen.

Ein wichtiger Beitrag zu den EU-Zielen seien Deutschlands Aktivitäten im Quantencomputing und Halbleiter. Die Infrastruktur für fortschrittliche Technologien werde gut ausgebaut, auch beteilige sich Deutschland an mehreren länderübergreifenden Projekten wie dem European High Performance Computing Joint Undertaking, der European Quantum Communication Infrastructure und der European Blockchain Services Infrastructure. Deutschland führt das wichtige Projekt IPCEI zu Mikroelektronik und Kommunikationstechnologien mit Investitionen von mehreren Milliarden Euro an.

EU-weit geht für die Kommission aus dem Bericht hervor, dass "die gemeinsamen Anstrengungen beschleunigt und vertieft werden müssen, unter anderem durch politische Maßnahmen und Investitionen in digitale Technologien, Kompetenzen und Infrastrukturen". Zu den Empfehlungen in dem Bericht gehört unter anderem, dass Deutschland das Bildungs- und Weiterbildungsangebot für digitale Kompetenzen der gesamten Bevölkerung ausbauen sollte.

(anw)