EU-Kommission will flexiblere Frequenzvergabe

Kommissarin Viviane Reding stellte ihren Vorschlag zu einer flexibleren Frequenznutzung vor und rechnet mit positiven Effekten für die europäische Wirtschaft.

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Die EU-Kommission will die Nutzung von Funkfrequenzen für drahtlose Kommunikation in der EU vereinfachen. Die für die Informationsgesellschaft und Medien zuständige Kommissarin, Viviane Reding, stellte am gestrigen Mittwoch in Brüssel den Strategievoorschlag für eine flexiblere Frequenznutzung vor. Die Kommission will damit auf sich verändernde Marktanforderungen eingehen. Mit dem Abbau von Zugangs- und Nutzungsbeschränkungen sollen Investitionen und Wirtschaftswachstum angeregt sowie die Wahlmöglichkeiten der Verbraucher gestärkt werden.

"Europa muss das Potenzial, das mit der Nutzung bestimmter Frequenzbänder durch neue drahtlose Produkte und Dienste verbunden ist, in vollem Umfang nutzen, um die Marktentwicklung zu fördern," erklärte Reding. Dazu gehört nach Ansicht der Kommissarin auch der Abbau regulativer Hindernisse. "Wir wollen der Branche durch weniger restriktive rechtliche Rahmenbedingungen neue Chancen bieten, die den Wettbewerb stärken und die Wahlmöglichkeiten der Verbraucher verbessern." Die aktuellen Vorschriften reichten immer weniger aus, um mit der Konvergenz der verschiedenen drahtlosen Dienste Schritt zu halten. Der Wandel zu einem weniger restriktiven Regime sei jedoch ein allmählicher Prozess: "Das lässt sich nicht von heute auf morgen vollziehen."

Ein wichtiger Teil der gesamteuropäischen Volkswirtschaft hänge von der Verfügbarkeit solcher Frequenzen ab, heißt es in dem Bericht der Kommission an den europäischen Rat, das EU-Parlament und die Ausschüsse (PDF-Dokument). Die Kommission schätzt den Gesamtumsatz dieses Wirtschaftszweiges für 2006 auf bis zu 260 Milliarden Euro und rechnet mit einem europaweiten Gewinn von 8 bis 9 Milliarden Euro aus flexibleren Frequenznutzungsrechten. Um dieses Potenzial ausschöpfen zu könne, sei eine europaweite Koordinierung nötig. Zudem müssten die beteiligten Industrie den größeren Freiheiten auch mit mehr Verantwortung gerecht werden und sich auch ohne regulativen Druck untereinander verständigen.

Hauptziel der neuen Regeln bleibt ein störungsfreier Betrieb der Frequenzen. Doch will die Kommission gleichzeitig rechtliche Beschränkungen für den Zugang zu bestimmten Frequenzen lockern oder ganz aufheben. Zudem sollen die teilweise auferlegten strikten Nutzungsbeschränkungen aufgehoben werden; damit Unternehmen selbstverantwortlich über die Nutzung der Frequenzen entscheiden und damit schneller auf Marktbewegungen reagieren können. Dringenden Überprüfungsbedarf sieht die Kommission bei der GSM-Richtlinie, die das 900-MHz-Band für reine GSM-Dienste reserviert. Hier sollte zum Beispiel darüber nachgedacht werden, ob auf dem Band nicht auch UMTS-Dienste angeboten werden können. Das soll ebenso schnell passieren wie der schnelle Zugang zu Frequenzen, die aufgrund einer effizienteren Frequenznutzung durch den digitalen Rundfunk frei werden.

Doch kann Reding nicht gleich sämtliche Schranken einreißen; sie rechnet mit einem schrittweisen Übergang zu einem neuen, gesamteuropäischen Frequenzregime. Derzeit überprüft die EU den geltenden Rechtsrahmen im Hinblick auf den neuen Ansatz bei der Frequenzverwaltung. Ein entsprechend angepasster Rechtsrahmen dürfte allerdings erst im Jahr 2010 in Kraft treten, schätzt die Kommission.

Redings Pläne treffen nicht überall auf Gegenliebe. Ein Vertreter der Bundesnetzagentur warnte zuletzt vor einer Verlagerung der Macht nach Brüssel. Vor allem eine zentrale Frequenzvergabe oder gar die Einrichtung einer EU-Regulierugsbehörde sei ein Eingriff in die Kompetenz der Mitgliedsstaaten. Die Aufhebung einer spezifischen Nutzungsbeschränkung für Frequenzen käme nach Ansicht anderer Experten einem Ende der Privilegierung des deutschen Rundfunks gleich. Ein rein marktorientierter Ansatz bei der künftigen Frequenzverwaltung reiche nicht aus, um öffentliche Interessen angemessen zu berücksichtigen, warnten ARD und ZDF. Der frei empfangbare terrestrische Rundfunk und die Medienpluralität ließen sich nur mit Einzelgenehmigungen halten. (vbr)