Elektroroller TVS X: Infotainmentsystem mit großem Display
TVS ist einer der größten Motorradhersteller. Mit dem E-Roller X will er in Indien reüssieren. Gelingen soll das mit einem modernen Infotainmentsystem.
In Deutschland ist TVS vor allem als Joint-Venture-Partner von BMW bekannt. Sie bauen die G 310-Modelle in Indien.
(Bild: TVS)
- Ingo Gach
Die Zukunft des Zweirads im urbanen Bereich wird auch bei uns elektrisch sein. Leichtkrafträder, die mit dem A1-Führerschein und B196 gefahren werden dürfen und bisher maximal 125 cm³ hatten, werden in einigen Jahren als Neufahrzeuge hauptsächlich mit Strom angetrieben werden, allen voran die Leichtkraft-Roller. Bei ihnen spielt die Reichweite keine große Rolle, da sie vor allem für die Innenstadt gedacht sind. Deshalb verbreiten sich in Deutschland die elektrifizierten Roller immer mehr und sind bereits ein gewohnter Anblick in manch einer Großstadt. Bei den Marken denkt man meistens an chinesische Fabrikate, denn im Reich der Mitte flitzen die leisen E-Roller schon zu Millionen durch die Metropolen, oder von kleinen Start-ups, die hoffen, ein paar Krümel vom großen Kuchen abzubekommen.
Ab 2025 rollt Indien elektrisch
Die wenigsten haben wohl Indien auf dem Schirm. Dabei ist der Subkontinent nicht nur das bevölkerungsreichste Land, sondern auch der größte Motorradmarkt der Welt mit vielen heimischen Herstellern. Allein in den ersten drei Quartalen 2023 wurden dort 12,75 Millionen Motorräder und Roller verkauft. Die allermeisten davon besitzen Verbrennungsmotoren unter 150 cm³, doch genau die will die indische Regierung ab 2025 verbieten. Smog ist in den indischen Metropolen ein ernsthaftes Problem, die Hauptstadt Neu-Delhi gilt als die dreckigste Stadt der Welt, was Luftverschmutzung angeht. So sehen sich die indischen Motorradhersteller gezwungen, ihre kleinen Zweiräder auf Elektroantrieb umzustellen. Der Beschluss, nur noch lokal emissionsfreie Leichtkrafträder zuzulassen, wurde 2019 gefasst, entsprechend haben die Marken mit Hochdruck an E-Motorrädern und E-Rollern gearbeitet. Inzwischen sind einige Fahrzeuge mit Batterieantrieb vorgestellt worden, ein interessantes davon ist der TVS X.
TVS X (7 Bilder)
(Bild: TVS)
TVS ist der fünftgrößte Motorradbauer weltweit
Bei der Marke TVS handelt es sich mit jährlich 3,2 Millionen produzierten Einheiten um den fünftgrößten Motorradhersteller weltweit. TVS hat 2020 die legendäre Marke Norton in Großbritannien übernommen. Außerdem hat TVS ein Joint Venture mit BMW und baut seit 2016 die G 310-Modelle für die Bayern in Indien. Jetzt stellte TVS den schlicht "X" getauften Elektroroller vor. Der ist mit einer segmentierten Verkleidung, die auf Aerodynamik getrimmt wurde und übereinander angeordneten LED-Spots modern gestaltet. Die Front erinnert sehr an die Benelli Tornado Tre 900. Mit dem offen zur Show gestellten Aluminiumrahmen ist der X streng genommen zwar kein echter Roller, weil er keinen Durchstieg hat, doch andernfalls hätte die Batterie keinen Platz gefunden. Somit ordnet er sich in das Segment der Crossover-Roller ein.
15 PS und 105 km/h
Die rollertypischen Trittbretter bleiben aber erhalten und auch die knubbeligen 12-Zoll-Räder weisen eindeutig auf einen Roller hin. Eine zweigeteilte Sitzbank geben dem Fahrer viel Komfort auf dem dick gepolsterten Sitzkissen in 770 mm Höhe, die hintere Sitzhälfte ist nicht ganz so üppig geraten. Der angeschraubte Heckrahmen im Gitterdesign besteht ebenfalls aus Aluminium. Er ist in das Design eingewoben und wird nur zum Teil von Covern verdeckt. Ein flach liegendes Federbein stützt sich an der Einarmschwinge ab.
Der per "Ram Air" luftgekühlte Permanent-Magnet-Synchro-Motor sitzt auf Höhe der Schwingendrehachse. Er leistet in der Spitze 11 kW und 7 kW Dauerleistung sowie 40 Nm Drehmoment. Das Gewicht hat TVS noch nicht bekannt gegeben, aber der Motor beschleunigt den X in 2,6 Sekunden auf 40 km/h und erreicht 105 km/h. Das sind für einen A1-Roller schon ordentliche Werte. Er verfügt serienmäßig über ABS, Keyless Ride und Tempomat, die Schutzbügel an den Lenkerenden geben ihm eine sportliche Note.
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Batterie nicht herausnehmbar
TVS geht beim X nicht den Weg der herausnehmbaren Batterie, der Fahrer muss einen fest installierten Akku aufladen. Er verfügt über 4,4 kWh Kapazität und soll bis zu 140 km am Stück schaffen. Die Rekuperation ist mehrstufig einstellbar. Der Fahrer kann unter drei Modi wählen: "Xtealth" für geringen Stromverbrauch mit gemäßigten Fahrleistungen, "Xtride" für bessere Beschleunigung und schließlich "Xonic" für maximale Leistung. TVS gibt eine Ladezeit von 3 Stunden und 40 Minuten an, um eine komplett leere Batterie auf 80 Prozent zu bringen. Serienmäßig ist ein Ladegerät mit 950 Watt dabei, gegen Aufpreis kann mit einem "Schnellladegerät" mit bis zu 3 kW geladen werden, das die Ladezeit halbieren soll.
10,2-Zoll-TFT-Touchscreen
Ungewöhnlich ist der 10,2-Zoll-TFT-Touchscreen mit integriertem Karten-Navi-System. Hier haben die Software-Entwickler von TVS sich ausgetobt, denn der X bietet über die "SmartXonnect"-Plattform nicht nur eine Vernetzung per Bluetooth oder WLAN, sondern auch eine eigene App, Internetbrowser, Livestreaming und eine Sprachsteuerung, wenngleich Letztere im Großstadtverkehr vermutlich Verständigungsprobleme haben dürfte. Es ermöglicht, über "Playtech" Videos zu gucken oder Games online zu spielen – natürlich nicht während der Fahrt, was die Frage aufwirft, wozu das eigentlich gut sein soll.
Sinnvoller erscheinen "Smart Xhield Geofencing", einen "Crash & Fall"-Alarm bei Unfällen sowie "Tow & Theft"-Alarm bei Abschleppaktionen und Diebstählen. Über eine Personalisierung lassen sich, neben den Infos wie Geschwindigkeit, Restreichweite oder Navi, viele selbst ausgesuchte Widgets in das Display integrieren, die dem Fahrer wichtig sind, wie z. B. der Wetterbericht.
TVS X Details (7 Bilder)
(Bild: TVS)
Vielleicht auch zukünftig in Deutschland
Der TVS X kostet umgerechnet etwas über 2800 Euro und dürfte unter Gamern und Internet-Nerds seine Anhänger finden. Die schlechte Nachricht für alle deutschen Interessenten: Der TVS X ist zunächst nur in Indien erhältlich. Aber ein Import des Elektrorollers nach Europa bleibt nicht ausgeschlossen, immerhin hat TVS enge Verbindungen zu BMW und ist zudem Besitzer von Norton Motorcycles, die langfristig ein neues Vertriebsnetz in der EU aufbauen müssen. Da läge es nahe, die Modelle des Mutterkonzerns TVS auch anzubieten. Ein Markt für den TSV X wäre in Deutschland sicher vorhanden.
(mfz)