Erdgas: Anteil russischer Gaslieferungen sank bis Ende Juni unter 26 Prozent

Im Juni ist der russische Anteil des Erdgases, das nach Deutschland floss, stark gesunken. Das liegt vor allem an gedrosselten Lieferungen.

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Erdgas-Verdichterstation Radeland der europäischen Gas-Anbindungsleitung EUGAL

(Bild: Gascade)

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Bis Ende Juni dieses Jahres ist der russische Anteil an Gaslieferungen nach Deutschland auf 26 Prozent gesunken. Das teilte das Bundeswirtschaftsministerium am Mittwoch mit. In der Vergangenheit habe dieser Anteil im Mittel bei 55 Prozent gelegen, heißt es im dritten Fortschrittsbericht zur Energiesicherheit des Ministeriums.

Die Differenz von 26 Prozentpunkten ist aber nicht allein darauf zurückzuführen, dass es Ersatz für die russischen Lieferungen gegeben hat. Als Alternativen für das russische sei mehr Erdgas aus den Niederlanden und aus Norwegen bezogen, auch seien die Flüssiggas(LNG-)Importe signifikant gesteigert worden, heißt es in dem Bericht (PDF). Es sei aber insgesamt weniger Gas nach Deutschland gekommen, da der russische Lieferant Gazprom im Juni die Gasflüsse über Nord Stream 1 auf 40 Prozent reduziert hatte. Wegen der jährlichen Wartung der Pipeline in den vergangenen Tagen werde der Anteil russischer Gaslieferungen weiter sinken. Ab dem morgigen Donnerstag soll über Nord Stream 1 wieder Gas geliefert werden.

2021 bezog Deutschland 46 Milliarden Kubikmeter Erdgas aus Russland. Diese sollen "zu einem guten Teil" durch LNG ersetzt werden, heißt es in dem Fortschrittsbericht. Dazu habe die Bundesregierung den LNG-Gaseinkauf und Gasweiterverkauf über die Niederlande von bis zu einer Milliarde Kubikmeter kurzfristig abgesichert. Über vier gemietete schwimmende LNG-Terminals (FSRU) sollen 20 Milliarden Kubikmeter Gas angelandet werden. Die ersten zwei sollen zum kommenden Jahreswechsel 2022/2023 in Betrieb gehen. In Lubmin in Mecklenburg-Vorpommern soll bis Ende 2022 ein fünftes FSRU-Terminal entstehen. Weitere landseitige LNG-Terminals würden geplant und sollen ab 2026 bereit sein.

Durch solche technischen Vorkehrungen in der Infrastruktur, mit Energie-Einsparungen in Unternehmen und Privathaushalten und Elektrifizierung könne bis Ende dieses Jahres der Anteil russischer Gaslieferungen auf 30 Prozent gesenkt werden, schreibt das Bundeswirtschaftsministerium. Es rechnet damit, bis Sommer 2024 vollständig unabhängig von russischem Gas zu sein. "Dies setzt zwingend Diversifizierung, Einsparungen, den schnelleren Hochlauf von Wasserstoff sowie den massiven Ausbau der Erneuerbaren voraus", heißt es in dem Bericht. Bis 31. März 2023 können Kohlekraftwerke ans Netz geholt werden, für die sonst ein Verbot einer Kohleverfeuerung besteht, und die Kraftwerke ersetzen sollen, die Erdgas verstromen.

Der Anteil russischer Steinkohle am Verbrauch in Deutschland ist von 50 Prozent auf 8 Prozent zurückgegangen. Der Anteil des russischen Mineralöls an den deutschen Öl-Importen hatte im vergangenen Jahr 35 Prozent betragen. Die EU hatte sich Anfang Juni dieses Jahres auf ein EU-Ölembargo verständigt. Dabei wurden gut zwei Drittel der russischen Öl-Lieferungen in die EU mit einem Einfuhrverbot belegt, nämlich Öl-Lieferungen über den Seeweg. Für Transporte per Pipeline sollen Ausnahmen möglich sein. Deutschland und Polen haben bereits erklärt, dass sie die Ausnahmen nicht nutzen, und russische Einfuhren über Pipelines zum Jahresende einstellen.

(anw)