Gerhard Schröder: "Von der CeBIT wird ein Signal des Aufbruchs ausgehen."

Schröder, Gabriel, Ballmer, Jung -- alle Redner auf der Eröffnungsveranstaltung der IT-Messe wollen der Branche Mut machen.

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Nach der dramatischen Krise im vergangenen Jahr meldet sich die High-Tech-Branche zur weltgrößten Computermesse CeBIT mit demonstrativem Selbstbewusstsein zurück. "Ein neuer Optimismus ist angebracht", sagte Bundeskanzler Gerhard Schröder am Dienstag in Hannover. "Von der CeBIT wird ein Signal der Zuversicht und des Aufbruchs ausgehen." Der Präsident des Branchenverbandes Bitkom, Volker Jung, meinte zur Messeeröffnung, die Branche habe das Schlimmste hinter sich. "Die Aussteller erwarten von der CeBIT, dass sie den allmählichen Aufschwung wieder einleitet."

Der niedersächsische Ministerpräsident Sigmar Gabriel machte den ausstellenden Unternehmen Mut. Trotz der Krise habe die IT-Branche im vergangenen Jahr mit fünf Prozent eine bessere Wachstumsrate vorweisen können als manch andere Branche. Das Wachstum im "Weltmarkt der Zukunft" werde sich fortsetzen. Die Computermesse bekommt im nächsten Jahr einen Ableger in den USA. Vom 18. bis 20. Juni 2003 werde es eine CeBIT in New York geben, verkündete Gabriel.

Zum Thema CeBIT in New York zitierte Bundeskanzler Schröder schmunzelnd Kurt Schwitters, der gesagt haben soll: "Was soll ich in New York, ich kenne doch Hannover." Auch sonst zeigte sich der Kanzler gut aufgelegt. Zu einem Artikel des Nachrichtenmagazins Der Spiegel, die niedersächsischen Beamten würden viel privat im Internet surfen, meinte er süffisant, das würde zeigen, dass sie überhaupt mit dem Netz umgehen könnten. Das sei früher einmal anders gewesen.

Schröder, der sich als "Veteran der CeBIT" bezeichnete, verbreitete auch Zuversicht: Alle volkswirtschaftlichen Kennziffern im In- und Ausland signalisierten eine Erholung der Wirtschaft. "Die Weltwirtschaft springt wieder an." Der Aufbruch werde wesentlich getragen von der Informations- und Kommunikationswirtschaft. Handy und Kleinstcomputer als multimediale Alleskönner sowie die Sicherheitstechnik in allen Facetten seien die wichtigsten Trends der nächsten Wachstumswelle. Außerdem meinte der Kanzler, die nun festgelegten Grenzwerte für die Abstrahlung von UMTS-Sendemasten seien nach jüngsten Erkenntnissen "verantwortbar". Sie sollen nicht gesenkt werden.

Schröder hob hervor, dass es beim elektronischen Handel in den vergangenen Jahren gelungen sei, den Abstand zu den USA zu verkleinern. Mit einem Umsatz von rund 20 Milliarden Euro liege Deutschland in Europa auf Platz eins. Schröder zog zudem eine positive Bilanz der Ausbildungsinitiative in der IT-Branche. Die vor einem Jahr bis 2003 angekündigten 60.000 neuen Ausbildungsplätze in der IT-Branche seien schon heute erreicht worden. Im laufenden Ausbildungsjahr stünden 70.000 Plätze für junge Menschen bereit. Beim Thema IT-Ausstattung von Schulen sagte Schröder mit einem Seitenblick auf Steve Ballmer, Microsoft könne mehr tun.

Der Bundeskanzler meinte, es sei schon einmal leichter gewesen, nach einem Vorredner zu sprechen. Damit bezog er sich auf die Rede von Ballmer und lobte dessen Optimismus. Vielleicht hatte der Microsoft-Chef Schröder derart beeindruckt, dass er erst nach einer Gesangseinlage zum Rednerpult zurückkehrte, um die CeBIT für eröffnet zu erklären.

Steve Ballmer fühlte sich von der Einladung der Deutschen Messe AG geehrt. Auf ihren Wunsch verzichtete er wie angekündigt auf Powerpoint oder andere Präsentationen und verharrte hinter dem Rednerpult ungewohnt ruhig, aber wie gewohnt visionär. In seiner Keynote blickte er zunächst zehn Jahre zurück. Wenn man ihm damals vorhergesagt hätte, wie sehr Computer heute verbreitet sind, hätte er es nicht geglaubt. Heutzutage würden die Menschen den PC drei oder vier Stunden pro Tag nutzen. Ballmer will, dass sie ihn 16 Stunden am Tag nutzen können -- je nach dem, wie das Schlafbedürfnis beschaffen sei. Microsoft wolle dafür sorgen, dass der PC den Alltag erleichtere.

Bitkom-Präsident Volker Jung führte mit einem drastischen Vergleich den Zustand der deutschen IT-Branche vor Augen: Sämtliche am Neuen Markt notierten Unternehmen hätten zusammengenommen den Wert des Chemierkonzerns BASF. Dennoch schaue die Branche nach dem schwachen Geschäft 2001 wieder zuversichtlicher in die Zukunft, selbst wenn die Aussichten schlechter sind als die für den europäischen Markt. Der Bitkom rechnet 2002 mit einem Umsatzplus in Deutschland von 4,2 Prozent auf 143,6 Milliarden Euro. Für Europa wird hingegen ein knapp zweistelliges Wachstum erwartet. (anw)