Gigapixelbilder: Panoramakopf für Einsteiger

Seite 3: Einstellungen und Fazit

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Lightroom gleicht die Helligkeit mehrerer Fotos auf Wunsch so ab, als wären sie alle mit einer einzigen Belichtungseinstellung aufgenommen worden. Anschließend können die Bilder synchron weiter optimiert werden.

(Bild: Ralph Altmann)

Wir testeten den Merlin-Kopf mit der Vollformatkamera Canon 5D Mk II mit WFT-Adapter und dem 300-mm-Tele EF 300 f/4L IS USM von Canon – nebenbei gesagt ein Objektiv mit exzellenter Schärfe. Wegen des recht geringen Abstands des vertikalen Merlin-Arms vom horizontalen Drehpunkt lassen sich solche dicken Objektive nicht exakt im Nodalpunkt montieren. Wenige Zentimeter Versatz spielen aber bei Gigapixelpanoramen keine Rolle, da die Schwenkwinkel zwischen zwei Aufnahmen sehr klein sind. Der Bildwinkel beträgt bei 300 mm Brennweite knappe 6,9 Grad × 4,6 Grad.

Da der Merlin-Kopf nur eine Präzision von 0,5 Grad hat, sollte die Überlappung nicht zu knapp gewählt werden – mindestens 25 Prozent sind angebracht. Stellen Sie den Fokus auf manuell und auf eine mittlere Entfernung zwischen dem fernsten und dem nächsten Motivpunkt – falls möglich, auf die hyperfokale Entfernung, bei der alles zwischen unendlich und dem Nahpunkt scharf wird. Das erfordert meist eine recht starke Abblendung und damit verwacklungsanfällige Belichtungszeiten, weshalb trotz Stativ die Einschaltung der Bildstabilisierung sinnvoll ist. Autofokus böte sich zwar gerade bei einem Stadtpanorama mit gestaffelten Entfernungen an, hat aber das Risiko, dass die Kamera den Schärfepunkt nicht findet (gefährlich sind unstrukturierte Gebiete wie Himmel und Wasser) und dann gar kein Foto macht. Die Motorkopf-Steuerung merkt dies nicht und fährt einfach weiter.

Anders ist dies bei den Belichtungseinstellungen. Zwar wird oft empfohlen, Panoramaaufnahmen manuell mit konstanten Einstellungen zu belichten. Weil man die Belichtungszeit dann aber auf die hellsten Areale ausrichten muss, um Überbelichtungen zu vermeiden, können etliche Fotos unterbelichtet werden. Die Belichtungsautomatik verhindert beides und passt sich zudem noch an, wenn während der Aufnahmezeit die Lichtverhältnisse wechseln. Vor dem Zusammensetzen der Einzelbilder müssen dann deren Helligkeiten allerdings angeglichen werden. Panoramaprogramme machen dies zwar meist automatisch, dennoch ist es besser, sie schon mit möglichst gutem Material zu füttern. In Lightroom gibt es dafür die Menüfunktion „Belichtungen angleichen“. Korrekt belichtete Einzelfotos, die mit dieser Funktion nachträglich „unterbelichtet“ werden, enthalten viel mehr Details und viel weniger Rauschen als real unterbelichtete Fotos, deshalb lassen sich bei Bedarf auch viel mehr Details aus den Tiefen herausholen.

Je größer die Brennweite, also je kleiner der Bildwinkel, desto größer sind die Anforderungen an die Stabilität und Genauigkeit – und bei hoher Bildanzahl auch an die Schnelligkeit – des Panoramakopfes. Für kleine und mittlere Brennweiten genügt auch ein manueller Panoramakopf mit entsprechend feiner Rastscheibe. Selbst aus der Hand lässt sich „schnell mal“ ein Panorama schießen: Mit einer handvoll Aufnahmen erweitert man so das Bildfeld des Standard-Kameraobjektivs auf das eines Super-Weitwinkels. Mit viel Konzentration und einem gut strukturierten Motiv lassen sich sogar Gigapixelaufnahmen aus der Hand machen. Dem Autor gelang mit einer Sony A 580 und 300-mm-Objektiv (kleinbildäquivalente Brennweite 450 mm) eine lückenlose Serie von mehr als 300 Fotos des Stadtpanoramas von Jena innerhalb von knapp 10 Minuten. Das rechteckig beschnittene Ergebnis hat immerhin noch 660 Megapixel. Aus der Hand fotografiert man schneller als der schnellste Panoramakopf und kann dabei zudem noch den Autofokus (und damit eine größere Blende und kürzere Belichtungszeit) nutzen. Das Risiko mangelhafter Überlappung oder völlig ausgelassener Bereiche ist allerdings auch sehr hoch. Solche Fehler können das Ergebnis eines ganzen Arbeitstages oder gar einer Fotoreise zunichte machen. Mit einem richtig konfigurierten Motor-Panoramakopf erhalten Sie dagegen immer eine lückenlose Fotoserie.

Der Merlin ist ein robuster und relativ preiswerter Panoramakopf und für große Panoramen bis in den Gigapixelbereich gut geeignet. Die begrenzte Genauigkeit erlaubt aber keine allzu kleinen Bildwinkel, eine Brennweite von 300 mm ist nach unserer Erfahrung das Maximum. Zudem sind selbst mit der höheren Spannung der Lithium-Ionen-Akkus die Bildfolgezeiten recht lang: Mehr als 350 bis 400 Einzelbilder pro Stunde schafft der Merlin nicht, das sind pro Foto knappe zehn Sekunden. Deutlich schneller und mit zehnfacher Genauigkeit arbeitet der im Artikel "Gigapixelbilder erzeugen" (c’t Digitale Fotografie 4/2011) verwendete Gigapan Epic Pro, allerdings kostet er auch etwa das Doppelte. Doch auch das ist noch vergleichsweise billig, denn professionelle Panobots zum Beispiel der Firmen Seitz und Clauss beginnen erst im deutlich vierstelligen Bereich. Egal mit welchem Equipment Sie arbeiten: Eine sorgfältige Vorbereitung und möglichst einige „Trockenübungen“ sind nötig, um eventuelle Tücken der Hard- und Software zu erkennen und zu umgehen. Schließlich soll auf dem Berggipfel oder Aussichtsturm dann alles „wie am Schnürchen“ laufen. (anm)