Großer KI-Skandal und ein Landschaftsspezialist – die Fotonews der Woche 5/2024

Durch Fakes der Sängerin Taylor Swift erhitzt sich die Debatte um KI und OM System hat sein Flaggschiff moderat, aber praxisnah aktualisiert.

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Die gummierten Einstellräder verraten die OM-1 II auch in der Draufsicht.

(Bild: OM System)

Lesezeit: 7 Min.
Von
  • Nico Ernst
Inhaltsverzeichnis

Die beiden Hauptthemen unserer Kolumne haben in diese Woche den Einsatz von Künstlicher Intelligenz gemeinsam – einmal geradezu bösartig, widerwärtig und einmal sinnvoll. Im ersten Fall hat die Sache sogar eine politische Dimension.

Denn in den USA ist der Vorwahlkampf um die Präsidentschaftswahl im Herbst in vollem Gange, und das betrifft auch den größten Star des gesamten Planeten, nämlich die Popsängerin Taylor Swift. Die hatte sich schon vor seiner ersten Präsidentschaftskandidatur klar gegen Donald Trump positioniert, und ist seitdem Ziel von allerlei Verschwörungsmythen. Denn Trump ist derzeit der wahrscheinlichste nächste Kandidat der Republikaner.

Als Megastar gibt es von der US-Amerikanerin natürlich zigtausende von Fotos und Videos. Und damit lassen sich KI-Bildgeneratoren trainieren, die dann beliebige Bilder erzeugen. Mit Inhalten, die der gezeigten Person kaum recht sein können und sie diskreditieren sollen. Aus der Sicht von Mobbern eignet sich dafür vor allem pornografisches Material, und das tauchte in dieser Woche auf der Plattform X auf. Die KI-Pornos, die Taylor Swift darstellen, wurden millionenfach angesehen.

Das ist kein harmloser Spaß, wie die Kollegin Marie-Claire Koch schreibt: "Deepfakes stellen ein erhebliches Risiko für die Betroffenen dar, insbesondere für Frauen und Mädchen." Und weiter: "Diese Bilder oder Videos können ohne Einwilligung der abgebildeten Person erstellt und verbreitet werden, was zu erniedrigenden und traumatischen Erfahrungen führen kann." Im Falle von Taylor Swift kommt noch hinzu, dass die Bilder tagelang abrufbar waren, und das kaum noch moderierte X sogar die Suche nach dem Namen der Sängerin einschränken musste, weil die Bilder immer wieder auftauchten.

Mindestens dieses soziale Netzwerk ist also mit der Erkennung und Filterung von KI-Fakes völlig überfordert. Und kurz zuvor hatte es noch angekündigt, ein neues Moderationsteam aufbauen zu wollen, nachdem man vor Monaten tausende Mitarbeiter, vor allem im Bereich "Content Moderation" entlassen hatte.

Zudem kam die Lösch- und Sperraktion erst auf Druck der riesigen Fangemeinde von Swift zustande, eine Lobby, die andere Menschen nicht haben. Der Fall beschäftigte schließlich sogar das Weiße Haus und könnte damit entscheiden für die Debatte um generative KI sein. Dass digitale Hetze die gesamte Social-Media-Branche vor riesige Probleme stellt, zeigte eine Anhörung vor dem Justizausschuss des Senats, bei der sich auch Meta (und damit Facebook und Instagram), Discord, TikTok und weitere Firmen stellen mussten.

Dabei ging es zwar primär um den Schutz von Kindern und Jugendlichen, dennoch schwingt die Regulierung von KI-Inhalten dabei immer mit. Und an der hapert es, wie auch der auf 900 Seiten angeschwollene KI-Act der Europäischen Union zeigt. All das betrifft auch rechtschaffene Fotografen, denn Fragen wie "Was ist ein Foto?" und "Woher stammt das Bild?" werden gerade neu gesellschaftlich verhandelt. Und die häufigen Vergleiche zur Ära von Photoshop hinken gewaltig, denn KI-Fakes sind keine Veränderung eines Bildes, sie stellen, siehe Swift, Dinge dar, die nie geschehen sind. Es sind Fälschungen. Und das digitale Echtheitssiegel nach CAI/C2PA kommt einfach nicht in Schwung.

Darauf muss auch die neue OM-System 1 II verzichten, das Flaggschiff der Marke, die einmal Olympus hieß. Die Gerüchte im Vorfeld von gleich bleibendem MFT-Sensor mit 20 Megapixeln, Sucher und Display haben sich bewahrheitet, mehr als Modellpflege ist das aber dennoch. Wie keine andere moderne Kamera kann auch sie nicht auf KI-Funktionen verzichten, die Software ist also reichlich neu. Nicht nur Motiverkennung ist geboten, ebenso werden Raw-Dateien nun in 14 und nicht nur 12 Bit Farbtiefe gespeichert und es gibt unter anderem einen digitalen Graufilter. Die weiteren Details und Preise verrät eine ausführliche Meldung.

Darin sind auch die beiden neuen Objektive M.Zuiko Digital ED 150-600mm F5.0-6.3 IS und M.Zuiko Digital ED 9-18mm F4.0-5.6 II beschrieben, also das bereits vorab bekannte leichte Supertele und ein Weitwinkelzoom. Am ausfälligsten ist aber, dass OM System sich mit der Vorstellung des neuen Geräts gleich einen neuen Slogan gegeben hat: "Kacho Fugetsu", was "Die Schönheit der Natur" bedeuten soll.

Vor drei Monaten hatte das Unternehmen das in einem Image-Video jedoch als eine Art Kofferwort für "Blume, Vogel, Wind, Mond" beschrieben. Das soll, laut OM System, für den philosophischen Gedanken stehen, dass man durch das Bewundern der Natur etwas über sich selbst lernen kann. Man mag das als typisch japanisches Marketing abtun, immerhin machen auch andere Kameras schöne Naturbilder, aber die Positionierung einer traditionsreichen Marke in einer Nische ist schon bemerkenswert.

So richtig neu positionieren muss sich wohl bald auch Capture One, denn das Unternehmen mit der beliebten Raw-Software kommt aus den Schlagzeilen nicht heraus. Nachdem erst auf ein Abo-Modell umgestellt und mit Capture One Express gleich ein Produkt eingestampft wurde, wird jetzt die Belegschaft geschrumpft. Wie die Firma Petapixel bestätigt hat, gibt es eine "signifikante Umstrukturierung", bei der auch Arbeitsplätze in nicht genannter Zahl abgebaut werden.

Das lässt nicht viel Gutes vermuten, aber immerhin: Nachdem auch die Kommunikationsabteilung 2023 geschlossen wurde, gibt es nun wieder Firmenvertreter, die auch mit Journalisten sprechen. Von einem baldigen Ende der Firma zu sprechen, dürfte deutlich verfrüht sein, eine mögliche Wendung wäre die Übernahme durch einen Konkurrenten. Was in Wirtschaftskreisen oft euphemistisch als "Schmücken der Braut" bezeichnet wird, geht in Vorbereitung eines Verkaufs oft auch mit Entlassungen und damit Kostenreduktionen einher.

Unsere Empfehlung für einen Long Read zum Wochenende ist wieder einmal ein Eigengewächs aus der Redaktion und setzt einen Account bei Heise+ voraus. Es ist eine dieser Geschichten, die nicht nur Praxis und schöne Bilder, sondern auch einen Einblick in ein seltenes fotografisches Fach bieten. Die Fotografin Sandra Petrowitz ist häufig als Guide und Fotografin in der Polarregion unterwegs. Dabei muss sie mit langen Brennweiten wie dem Nikkor Z 180-600mm f/5.6-6.3 VR aus der Hand fotografieren, und zwar von Schiff oder Schlauchboot aus.

Ebenso sind guter Wetterschutz und blinde Bedienung unter diesen Bedingungen wichtig, Petrowitz vermisst hier vor allem eine echte freie Belegung der vier Funktionstasten – und ein bisschen Schärfe am langen Ende. Sie bezeichnet das Objektiv als Kompromiss, aber einen gelungenen. Das war angesichts des Preises von unter 2.000 Euro, was für ein langes Nikkor wenig ist, auch zu erwarten. Die Geschichte verrät auch, was die sogenannten "Penguin Highways" sind.

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