Hannover Messe 2016: Werben für TTIP – und "What is next?"

Bundeskanzlerin Angela Merkel und US-Präsident Barack Obama haben die Hannover Messe 2016 offiziell eröffnet. Zuvor skizzierten Microsoft-CEO Satya Nadella und Siemens-Chef Joe Kaeser Chancen und Risiken einer zunehmenden Digitalisierung der Industrie.

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Barack Obama

Barack Obama bei der Eröffnung der Hannover Messe 2016

(Bild: Deutsche Messe AG)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Peter-Michael Ziegler

"Wenn Sie eine Fabrik gründen wollen, kommen Sie in die USA", warb Präsident Barack Obama am Sonntagabend bei der offiziellen Eröffnung der Hannover Messe 2016. "Wir bieten Ihnen niedrige Kosten und wenig Bürokratie." Die USA sind zum ersten Mal Partnerland der weltweit größten Industriemesse, die am Montag ihre Pforten für Besucher öffnet und an der in diesem Jahr über 5200 Aussteller aus 75 Nationen teilnehmen – mehr als 460 davon haben ihren Sitz in den Vereinigten Staaten.

Wie erwartet, nutzte Obama in Hannover die Gelegenheit, um sich noch einmal für die geplante "Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft" (TTIP) zwischen den USA und der Europäischen Union stark zu machen. "Es gibt immer noch zu viele Hemmnisse, die den Handel behindern", sagte Obama. Diese gelte es abzubauen. Durch TTIP würden Standards etwa beim Umweltschutz nicht gesenkt, sondern angehoben, sagte der US-Präsident.

Siemens-Chef Joe Kaeser (links) und Microsoft-CEO Satya Nadella diskutieren beim Wirtschaftsforum des BDI anlässlich der Hannover-Messe-Eröffnung.

(Bild: Peter-Michael Ziegler / heise online)

"Ich weiß, dass TTIP viele Emotionen und auch Ängste hervorruft", erklärte Obama vor rund 2500 geladenen Gästen im Hannover Congress Centrum (HCC). Die richtige Antwort darauf sei aber nicht, Brücken hochzuziehen, sondern den Handel in die richtige Richtung zu lenken. "TTIP wird für mehr Wohlstand sorgen, die Sicherheit erhöhen und dabei helfen, soziale Ungleichheiten in den 28 EU-Staaten zu überwinden", sagte der US-Präsident, dessen Amtszeit in wenigen Monaten endet.

Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel versicherte in ihrer Rede: "Standards bleiben bei TTIP erhalten oder werden erhöht." Sie jedenfalls spreche sich "ganz deutlich für TTIP" aus. Wichtig sei jetzt vor allem, die verbleibende Zeit bis zum Ausscheiden Obamas aus dem Amt zu nutzen. US-Handelsministerin Penny Pritzker hatte am Nachmittag ebenfalls für mehr Tempo bei TTIP geworben. "Wir müssen uns bei TTIP jetzt beeilen", sagte Pritzker, "und uns fragen, wie hoch der Preis einer Verzögerung um Monate oder sogar Jahre ist." TTIP sei auch eine "geostrategische Entscheidung", unterstrich Pritzker.

Bundeskanzlerin Merkel betonte in ihrer Ansprache außerdem die Bedeutung einer Verknüpfung der industriellen Stärke Deutschlands mit der Vorreiterrolle der USA in Sachen Digitalisierung. Durch die jüngst beschlossene Kooperation der deutschen Industrie-4.0-Plattform mit dem US-amerikanischen Industrial Internet Consortium (IIC) würden die "Weichen für die Zukunft" gestellt, sagte Merkel. Das sogenannte Internet of Things (IoT) beispielsweise biete "riesige Chancen", die man gemeinsam nutzen wolle.

Transatlantisches Freihandelsabkommen TTIP

Seit Juli 2013 verhandeln EU und die USA über den Abbau von Handelshemmnissen im Rahmen eines Transatlantic Trade and Investment Partnership (TTIP). Heftige Kritik kommt wegen mangelnder demokratischer Kontrolle sowie wegen Befürchtungen, Umwelt- und Gesundheitsstandards könnten abgesenkt oder untergraben werden.

Bei einem Wirtschaftsforum des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), das unmittelbar vor der Eröffnungsfeier der Hannover Messe im HCC stattfand, widmeten sich Microsoft-CEO Satya Nadella und Siemens-Chef Joe Kaeser unter anderem der Frage, welche Chancen und Risiken die zunehmende Digitalisierung der Industrie bietet.

Nadella warf den Begriff "Mixed Reality" in den Raum, also eine Verknüpfung von realer und virtueller Welt. Mixed Reality werde das Verständnis von "Industrial Design" grundlegend verändern, sagte Nadella – und machte sogleich Werbung für die Hololens, ein Augmented-Reality-Headset aus dem Hause Microsoft, das reale Bilder mit Computergrafiken verknüpft.

Siemens-Chef Kaeser nahm den Ball auf und zeigte am Beispiel eines Surfboard-Herstellers, wie modernes "Digital Manufacturing" mit Siemens-Hilfe funktioniert. "Digitalisierung vervielfacht nicht nur den möglichen Output und sorgt für dauerhafte Präzision in der Produktion", sagte Kaeser, "Digitalisierung verkürzt auch die Wertschöpfungskette, indem es die 'Men-in-the-Middle' rausnimmt." Übersetzt heißt das: Für den Hersteller soll dann mehr übrig bleiben.

Einig waren sich die Konzernlenker darin, dass eine zunehmende Digitalisierung nicht zum Nachteil der Gesellschaft erfolgen dürfe. Vielmehr müsse man sich das Vertrauen der Bürger erwerben – nicht zuletzt durch verlässliche Maßnahmen in Sachen Datenschutz und Datensicherheit. Nadella sprach sich für die Einrichtung eines multinationalen "Framework of Law" aus, um die Sicherheit von Daten zu gewährleisten, die in Cloud-Infrastrukturen gespeichert werden. (pmz)