Hightech-Verband schießt scharf gegen Initiative zur Netzneutralität

Der Bitkom hat den Vorstoß des Bundeswirtschaftsministeriums zur Absicherung des offenen Internets als "massiven, unnötigen und kontraproduktiven Eingriff in den Wettbewerb" kritisiert.

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Der Hightech-Verband Bitkom hat den Vorstoß des Bundeswirtschaftsministeriums zur Absicherung der Netzneutralität als "massiven, unnötigen und kontraproduktiven Eingriff in den Wettbewerb" kritisiert. Bei dem entsprechenden Verordnungsentwurf handle es sich um einen "regulatorischen Schnellschuss", der der komplexen Thematik nicht gerecht werde, urteilte der Geschäftsführer der Branchenvereinigung, Bernhard Rohleder. Die Initiative konterkariere die Breitbandstrategie der Bundesregierung, indem sie "genau jenen Unternehmen massiv schadet, die in den Breitbandausbau investieren".

Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) möchte mit dem Vorhaben die "willkürliche Verschlechterung von Angeboten oder die ungerechtfertigte Behinderung oder Verlangsamung des Datenverkehrs in den Telekommunikationsnetzen" verhindern. Betreiber sollen keine entgeltlichen Vereinbarungen mit Inhalteanbietern abschließen dürfen, um Verbrauchern so "einen bevorzugten Zugang zu deren Inhalten und Anwendungen zu ermöglichen". Andererseits könnten Provider aber weiterhin Dienste mit verschiedenen Qualitätsklassen und davon abhängige Volumentarifsysteme einführen, solange das "Best-Effort-Internet", in dem Datenpakete grundsätzlich mit der gleichen Priorität behandelt werden, nicht dadurch verdrängt wird.

Aufgrund der sehr allgemeinen und weitreichenden Regelungen im Entwurf könnte es Netzbetreibern auf der einen sowie Dienste- und Inhalteanbietern auf der anderen Seite künftig generell verboten sein, Produkte und Dienste nach Preis und Qualität zu differenzieren, fürchtet Rohleder nun. Damit würden innovative Services und Geschäftsmodelle verhindert. Die Branche bekenne sich nachdrücklich zum Best-Effort-Prinzip. Es müsse aber Möglichkeiten geben, eine "höherwertige" Qualität einzukaufen, "um die reibungslose Abrufbarkeit von bestimmten Diensten sicherzustellen".

Letztlich hält der Bitkom, bei dem der Chef der Deutschen Telekom, René Obermann, im Präsidium sitzt, in einem "offenen, diskriminierungsfreien und wettbewerbsintensiven Breitbandmarkt" eine Verankerung des offenen Internets für unnötig. Unterstützt wird er unter anderem vom Verband der Anbieter von Telekommunikations- und Mehrwertdiensten (VATM), der die geplante Regelung laut "Frankfurter Rundschau" ebenfalls als mit heißer Nadel gestrickt bezeichnete. Zusammen mit anderen großen Branchenvereinigungen haben der Bitkom und der VATM ihre Sorgen auch in einem Brief an Rösler, das Kanzleramt und andere Ministerien zum Ausdruck gebracht.

Verfechter der Netzneutralität wie Johannes Scheller, der Initiator der von rund 77.000 Bürgern unterstützten Bundestagspetition zur Absicherung der Netzneutralität, sind dagegen der Ansicht, dass der Verordnungsentwurf nicht weit genug gehe. Sie gehen davon aus, dass damit die Pläne der Deutschen Telekom zur Einführung von Überholspuren im Netz "legalisiert" und "untermauert" würden. (jk)