Hintergrund: Facebook macht mit weniger Werbung mehr Geld

Zehntausende Jahre verbringt die Menschheit auf Facebook. Täglich. Daraus lässt sich Kapital schlagen. Das Facebook-Management sieht sich erst ganz am Anfang.

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Inhaltsverzeichnis

Facebook hat im zweiten Quartal 25 Prozent weniger Reklameeinblendungen verkauft als im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Bei Google und Yahoo war es mit einem Zuwachs von etwa 25 Prozent genau umgekehrt. Und während Yahoos Durchschnittspreis je Einblendung um ein Viertel abstürzte, und jener Googles immerhin sechs Prozent nachgab, konnte Facebook den Preis um 125 Prozent steigern. Die Werber haben also pro Anzeige mehr als doppelt so viel gezahlt.

Eine Videoclip-Kampagne für frittierte Knollenfrüchte eines Schnellrestaurants erreichte auf Facebook 125 Millionen Menschen in 158 Ländern. Heise online zeigt lieber zeitgenössische Kunst.

(Bild: southtyrolean CC-BY 2.0 )

Die drei wesentlichen Gründe für diese Inflation hat heise online anlässlich des ersten Quartals eleuchtet. Diesmal half zusätzlich die Fußballweltmeisterschaft der Herren mit. Drei Milliarden Betätigungen mit WM-Bezug von 350 Millionen verschiedenen Nutzern zählte Facebook.

Überhaupt wird Video wichtiger, vor allem, wenn es sich von selbst abspielt ("Autoplay"). Facebook tastet sich langsam vor, derzeit laufen nur zwölf solcher Kampagnen. Die Agenturen hat Facebook gezielt eingeladen. Firmengründer Mark Zuckerberg legt Wert auf hohe Qualität der Werbevideos, sonst scrollen die Nutzer in ihrem Newsfeed zu häufig weiter.

Und die Autoplay-Videos sollen nicht nur Reklame sein: "Wir wollen auch viel organische Inhalte. Also versuchen wir, die Menge der (von der Öffentlichkeit eingebrachten Videos) zu erhöhen, und von Inhalten, die die Leute teilen, während wir die Autoplay Videowerbung intensivieren", umschrieb Zuckerberg seine Strategie Mittwochabend gegenüber Finanzanalysten (Aufzeichnung).

Zu viele Videos dürfen es aber auch nicht werden, sonst wird den Nutzern das Facebook-Vergnügen am Ende noch zu teuer: "Wir wollen auch sicherstellen, dass wir nicht viel von den (Datenpaketen) der Leute verbrauchen. Also sind wir wirklich vorsichtig, wie wir das handhaben, und wie wir es in verschiedenen Märkten gut hinkriegen."

Der regionale Aspekt ist Facebook wichtig. Nur weil etwas in Nordamerika ankommt, ist es noch lange nicht in aller Welt populär. Facebook versteht die US-Mentalität ziemlich gut und hat ein attraktives Angebot: "Im Schnitt verbringen Leute in den USA um die 40 Minuten jeden Tag (auf Facebook)", ließ Zuckerberg wissen. 20 Prozent davon mit mobilen Endgeräten. Aber in Nordamerika lassen sich kaum noch zusätzliche Nutzer finden. Die Asien-Region legt dafür am Schnellsten zu, wie die Tabelle zeigt:

Nutzer in Millionen DAU ∆ zu Q2/13 MAU ∆ zu Q2/13
USA & Kanada
152 +7% 204 +3%
Europa 206 +13% 292 +7%
Asien 228 +26% 410 +21%
Rest der Welt 244 +25% 411 +19%
GESAMT 829 +19% 1.317 +14%
DAU (Daily Active User) sind jene Facebook-Nutzer, die sich an einem Durchschnittstag im Juni in dem sozialen Netz betätigt haben. MAU (Monthly Active User) ist die Zahl der im gesamten Juni aktiven User.

Das schlägt sich in dem mit Abstand höchsten Quartalsumsatz je Nutzer (ARPU, Average Revenue per User) nieder; er liegt beim fast Dreifachen des Weltschnitts. Das lässt sich nur zum Teil mit geringeren Konsumbudget der Nutzer in anderen Weltregionen erklären. Selbst in Europa ist der ARPU weniger als halb so hoch. Doch hier wächst der ARPU am schnellsten:

Quartalsumsatz je Nutzer in... US-Dollar ∆ zu Q2/13
USA & Kanada
6,44 +49%
Europa 2,84 +52%
Asien 1,08 +44%
Rest der Welt 0,86 +37%
WELTWEIT 2,24 +40%
Angaben von Facebook bezogen auf den wahrscheinlichen Aufenthaltsort des Users im Zeitpunkt des Umsatzes

Legt man die von Zuckerberg genannten 40 Minuten auf die Zahl der DAUs in den USA und Kanada um, ergibt das mehr als 11.500 Jahre. Jeden Tag. Weltweit hat Facebook aber mehr als fünf Mal so viele Nutzer. Auch wenn sie weniger intensiv "netzwerken", es kommen täglich mehrere Zehntausend Mannjahre zusammen.

Was dem Laien als enorme Zeitinvestition erscheint, ist dem CEO ein Zeichen, dass er erst einen Bruchteil des Kuchens ergattert hat. Zuckerberg am Mittwochabend: "In Summe verbringen Leute in den USA ungefähr neun Stunden pro Tag mit digitalen Medien im Fernsehen, am Handy und auf Computern. Also gibt es eine große Gelegenheit, die Weise, wie Leute teilen und sich verbinden, zu verbessern – auch wie wir alle mit dem Rest der Medien interagieren."

Für ihn ist es "eine aufregende Sache, dass wir noch immer so viel Platz für Wachstum haben." Zu Deutsch: 40 Minuten von 9 Stunden? Da muss mehr drin sein für uns!

Facebooks neuer Finanzchef Dave Wehner

Auch sein neuer Finanzchef Dave Wehner hat Großes vor: "Wir glauben, dass wir noch immer am Anfang stehen beim Ausbau all unserer Dienste und (dabei,) Facebooks Wirkung auf die Welt zu maximieren", sagte er, "Und wir beabsichtigen, weiterhin aggressiv in Mitarbeiter, Produkte und Infrastruktur zu investieren, in der zweiten Jahreshälfte 2014 und darüber hinaus." Das heißt, dass die Kosten steigen und die Marge wahrscheinlich sinken wird.

Überhaupt warnt Wehner vor deutlich steigenden Ausgaben im nächsten Jahr: Zu den erwähnten Investitionen gesellen sich signifikante Kosten für Aktienprogramme, Abschreibungen, und die Betriebsaufwendungen für WhatsApp und Oculus. Oculus gehört seit dieser Woche zu Facebook, die Übernahme von WhatsApp soll im Laufe des Jahres erfolgen. In den aktuellen Quartalszahlen sind diese Unternehmungen also noch nicht enthalten. Der Messenger und Instagram werden in nächster Zeit übrigens keine nennenswerten (Werbe)Einnahmen erzielen. Erst einmal sollen mehr User angefixt werden. (ds)