IEA: Welt der Energieversorgung ändert sich bis 2030 stark
Der globale Energiemarkt wird sich bis 2030 stark ändern, meint die Energieagentur IEA. Allerdings seien momentan die Bedingungen dafür nicht optimal.
Wenn der gegenwärtige Trend der Energiegewinnung und -nutzung weiterhin anhält oder sich gar verstärkt, wird die Welt der Energieversorgung zum Ende dieses Jahrzehnts grundlegend anders aussehen als heute. Davon geht die Internationale Energieagentur (IEA) der OECD in ihrem jüngsten Ausblick aus. "Der phänomenale Aufstieg sauberer Energietechnologien wie Solarkraft, Windkraft, E-Autos und Wärmepumpen gestaltet um, wie wir alles antreiben, Fabriken, Fahrzeuge, Haushaltsgeräte und Heizsysteme", schreibt die Agentur darin.
Im Jahr 2030 werde es zum Beispiel werde es zehnmal so viele Elektroautos auf den Straßen geben, prognostiziert die IEA. Allein 2030 könnten 38 Millionen E-Autos neu zugelassen werden gegenüber 14 Millionen im Jahr 2022. Wärmepumpen und andere elektrische Heizsysteme würden weltweit häufiger verkauft als solche mit fossilen Energieträgern. Insgesamt werde der Anteil der Erneuerbaren im Energiemix von momentan etwa 30 Prozent auf knapp 50 Prozent steigen. Dabei geht die IEA beispielsweise davon aus, dass die Kapazität der Solarkraftwerke von jetzt 350 GW auf knapp 500 GW im Jahr 2030 steigen werde.
Momentan aber sieht die IEA keine optimalen Bedingungen für die Entwicklung der Erneuerbaren. Zu dem Krieg Russlands in der Ukraine komme nun die Möglichkeit, dass der Konflikt im Nahen Osten länger andauere. Die makroökonomische Stimmung sei am Boden, die Inflation hartnäckig, die Kreditkosten seien hoch und ebenso die Schuldenstände. So hätten sich positive Entwicklungen hin zu Erneuerbaren in der jüngsten Zeit in einigen Ländern verlangsamt oder gar umgekehrt, schreibt die IEA (PDF).
Mehr Optionen als zur Ölpreiskrise
Seit 2020 seien weltweit die Investitionen in saubere Energien um 40 Prozent angestiegen. Dabei sei nicht nur der Klimawandel Haupttreiber, hinzu kämen wirtschaftliche Erwägungen wie zum Beispiel Bestrebungen hin zu autarker Energieversorgung. Um die Verbraucher im Zuge des Ukraine-Kriegs vor zu hohen Energiepreisen zu schützen, hätten die Regierungen 900 Milliarden US-Dollar aufgewendet. Um sich vor solchen Eventualitäten zu schützen, werde in erneuerbare Energieträger, in digitale und robuste Stromnetze, Speicher und neue Kraftstoffe investiert.
Vor 50 Jahren seien infolge der Ölpreiskrise ähnliche Konsequenzen gezogen worden. Dabei lag der Schwerpunkt auf Energieeffizienz, Wasserkraft als Hauptquelle für erneuerbare Energie und Atomkraft. Heutzutage hätten die politischen Entscheider einen größeren Spielraum. Davon macht die Windkraft einen Teil aus. Obwohl dieser Bereich wirtschaftlich momentan unter Druck stehe, würden dieses Jahr Windkraftwerke mit einer Gesamtleistung von 500 GW neu installiert; das sei ein Rekordwert, schreibt die IEA. Pro Tag würden mehr als eine Milliarde US-Dollar für Solarenergie ausgegeben.
Atomkraft auch "sauber"
Die Nachfrage nach fossilen Energieträgern, mit denen momentan etwa 80 Prozent des globalen Bedarfs gedeckt werden, werde sich verschieben. In den Industrienationen und China werde die Nachfrage nach Kohle nachlassen, nicht aber in Schwellen- und Entwicklungsländern. Letztere werden nach der Prognose der IEA zusammen mit China dafür sorgen, dass die Nachfrage nach Erdöl und Erdgas in den kommenden Jahrzehnten auf heutigem Niveau bleibe, während die Industrieländer stetig etwas weniger dieser fossilen Energieträger verbrauchen werden. Dazu werde auch die Atomkraft beitragen, die die IEA unter die Technologien summiert, mit denen "saubere Energien" erzeugt werden könnten. Hier sieht die Agentur in diversen Ländern wie Japan, Südkorea, den USA Bestrebungen, diese Art der Energiegewinnung auszubauen.
China hebt die IEA in ihrer Prognose hervor, weil das Land eine bedeutende Rolle einnimmt, wenn es um globale Energietrends geht. In den vergangenen zehn Jahren verursachte China fast zwei Drittel des Anstiegs des weltweiten Ölverbrauchs und fast ein Drittel des Anstiegs des Erdgasverbrauchs. Zudem dominiere China beim Kohleverbrauch. Allerdings habe die chinesische Wirtschaftsentwicklung ein Plateau erreicht, erkennbar an geringerer Nachfrage in energieintensiven Sektoren wie Zement und Stahl. Zudem sei China bedeutend im Sektor der Erneuerbaren wie Wind- und Sonnenkraft, der Ausbau dieser Energieträger dort sei zuletzt wesentlich stärker als zuvor prognostiziert gewesen.
Insgesamt meint die IEA auf dem Energiesektor eine neue Investitionsdynamik zu erkennen. Während noch 2018 die weltweiten Investitionen für erneuerbare und fossile Energieträger mit jeweils 1,1 Billionen US-Dollar ungefähr gleich groß war, habe sich bis zu diesem Jahr eine Schere aufgetan. Während die Investitionen für fossile Energieträger auf gleichem Niveau bewegten, würden 1,8 Billionen in Erneuerbare investiert. Bis 2030 könne sich diese Schere noch weit öffnen, wenn nach einem Prognoseszenario für Erneuerbare in dem Jahr 4,3 Billionen US-Dollar investiert würden, für Fossile 0,4 Billionen.
(anw)