Infineon und Qimonda: Ungeliebte Tochter soll endlich aus dem Haus

Bei Infineon musste der neue Finanzchef nach nur drei Monaten seinen Hut nehmen. Sein Nachfolger ist auch sein Vorgänger: Der aus dem Ruhestand geholte Peter Fischl hat nun die Aufgabe, beim Verkauf der Qimonda-Beteiligung das richtige Timing zu wählen.

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Von
  • Axel Höpner
  • dpa

Genau ein Jahr nach dem Börsengang der Speicherchip-Tochter Qimonda verliert der Infineon-Konzern die Geduld mit der ungeliebten Tochter. Die Mehrheitsbeteiligung soll in den nächsten eineinhalb Jahren durch Verkäufe zügig unter 50 Prozent gedrückt werden, was dann noch übrig ist im Zweifel an die Infineon-Aktionäre verschenkt werden. "Schön, dass endlich Klarheit herrscht", sagte Infineon-Experte Theo Kitz vom Bankhaus Merck Finck am Montag in München. "Die Börse hat darauf schon lange gewartet." Die nächsten Schritte für die Reduzierung einleiten soll ein alter Bekannter: Infineon berief am Montag nach der Trennung von Rüdiger Günther den bereits pensionierten Peter Fischl zum kommissarischen Finanzvorstand. Fischl hatte als langjähriger Finanzvorstand die Ausgliederung von Qimonda und den Börsengang der Tochter organisiert, ehe er im Mai in den Ruhestand ging.

Bisher hatte sich Infineon-Chef Wolfgang Ziebart um einen konkreten Zeitplan gedrückt. Zwar war immer klar, dass der Konzern mittelfristig die Mehrheit abgeben will. Schließlich hatte Infineon die Tochter an die Börse geschickt, um sich von dem riskanten Geschäft mit Speicherchips zu trennen. Doch will Infineon angesichts der starken Schwankungen den richtigen Zeitpunkt für Anteilsverkäufe abwarten. "Es ist auch weiterhin nicht der Druck da, dass man heute oder morgen verkaufen muss", heißt es im Umfeld des Unternehmens. Mit der Verkündung des weiteren Fahrplans habe Ziebart aber klarstellen wollen, dass es ihm ernst ist mit der Trennung.

Einfach dürfte die Platzierung größerer Aktienpakete nicht werden. Die Preise für Standard-Speicherchips zum Beispiel für Computer sind zuletzt wieder einmal um bis zu 60 Prozent eingebrochen. Als Folge machte Qimonda im abgelaufenen Quartal einen Verlust von 218 Millionen Euro. Zumindest kurzfristig sind die Perspektiven nicht gerade rosig. "Ich glaube nicht, dass der Boden bereits erreicht ist", sagt Analyst Kitz. Auch Qimonda und Infineon ließen offen, ob im laufenden Quartal bessere Zahlen zu erwarten sind.

Der Börsengang von Qimonda am 9. August 2006 war bereits eine schwere Geburt. Mehr als eine Milliarde Euro wollte Infineon eigentlich einsammeln. Doch wegen schwacher Nachfrage mussten die Zahl der ausgegebenen Aktien reduziert und der Ausgabepreis von 18 auf 13 Dollar gesenkt werden. Aktuell liegt der Kurs mit gut 14 Dollar nur knapp darüber. Würde Infineon weitere Anteile zu diesem Preis veräußern, müsste ein Verlust verbucht werden. Die Qimonda-Beteiligung steht mit einem Wert von 15,25 Dollar in den Büchern.

Ziebart ist überzeugt davon, dass die Trennung die beste Lösung für beide Unternehmen ist. Mit Ausgliederung und Börsengang habe man "zwei fokussierte Unternehmen mit eindeutig definierten Strategien und klaren Perspektiven geschaffen". Durch die Abkapselung würden beide Konzerne gestärkt. Der Börsengang von Qimonda war schon die zweite Zellteilung: Vor sieben Jahren war Infineon selbst als Abspaltung von Siemens an die Börse gegangen.

Die Motive waren ähnliche wie heute: Schon Siemens hatte sich von seiner Chipsparte Infineon getrennt, weil das Geschäft zu schwankungsanfällig war. Hohen Gewinnen im Branchenaufschwung standen satte Verluste im Abschwung gegenüber. Ähnlich sehen nun die Beweggründe bei Infineon aus, das sich künftig ganz auf das stabilere Geschäft mit Logikchips konzentrieren will. Hier wurden zuletzt kleine Fortschritte gemacht – die allerdings von den Qimonda- Verlusten überschattet wurden.

Angesichts der Turbulenzen im DRAM-Markt braucht Infineon nach Einschätzung von Experten beim Verkauf weiterer Anteile ein gutes Gefühl für das richtige Timing. Zunächst einmal fällt diese knifflige Aufgabe Peter Fischl zu, der als Qimonda-Aufsichtsratschef die Lage bei der Tochter und in der Speicherchipbranche bestens kennt. Allerdings wurde im Umfeld des Konzerns betont, dass er seinen alten Posten nicht auf Dauer übernehmen und bald an einen Nachfolger übergeben will. Der 49-jährige Günther musste nach nur drei Monaten im Amt gehen. Neben einem ruppigen Führungsstil wurde dem Ex-Chef des Landmaschinen-Herstellers Claas vorgeworfen, nicht gut genug mit den Besonderheiten der Chipbranche zurecht zu kommen. (Axel Höpner, dpa) / (vbr)