Google I/O: Künstliche Intelligenz soll Informationsflut in Workspace bremsen
Automatische Zusammenfassungen und Wortprotokolle, bessere Videobilder und weniger Echo
Die Informationsflut soll im Cloud-Office Google Workspace leichter verdaulich werden. Google setzt auf mehr linguistische Datenverarbeitung, um Unterhaltungen automatisch in Textform zu bringen und/oder automatisiert zusammenzufassen. Künstliche Intelligenz (KI) soll Ton und Bild bei Google Meet verschönern.
Diese neuen Dienstmerkmale für bestimmte zahlende Workspace-Nutzer, die auf Ende-zu-Ende-Verschlüsselung verzichten, stellt der Datenkonzern auf seiner Entwicklerkonferenz Google I/O in Aussicht. Für Otto Normalverbraucher gibt es zwei gebührenfreie Neuerungen: Live Sharing soll das Teilen von Inhalten in Google Meet aus anderen Quellen deutlich verändern. Anstatt dass ein Teilnehmer zum Beispiel ein Video oder eine Playlist öffnet und durch Teilen seines Bildschirms den anderen Teilnehmern der Meet-Konferenz zeigt, sollen die Teilnehmer direkt die Kontrolle über das Quellmaterial übernehmen und damit interagieren können.
Google Meet läuft dabei als Bild-im-Bild weiter. Für Live Sharing ist allerdings erforderlich, dass die Quelle die entsprechenden Programmierschnittstellen (API) unterstützt. Ein Software Development Toolkit (SDK) für Live Sharing ist ab sofort verfügbar; in den kommenden Monaten sollen die Funktion dann bei Google Meet Einzug halten, sagt das Unternehmen.
Die zweite Neuerung für Jedermann ist die Erweiterung der aus Gmail bekannten Maßnahmen gegen Malware und Phishing auf Google Docs (samt Sheets und Slides). Enthält ein dort geöffnetes Dokument verdächtige Inhalte, blendet Google eine Warnung ein, die den Nutzer von der möglichen Gefahr wegleiten soll. Diese Schutzfunktion soll bis Jahresende in Betrieb gehen.
Was zahlenden Kunden winkt
Stärkere Enthallung (Englisch De-Reverberation) soll den Ton in Google Meet verbessern, wenn sich ein Teilnehmer aus einem Raum mit viel Echo zuschaltet. Unerwünschter Widerhall tritt insbesondere in großen Räumen auf. Die Enthallung, die Sprecher besser verständlich macht, kommt in den nächsten Monaten zu Kunden, die Google Workspace in den Gebührenklassen Business Plus, Enterprise Standard, Enterprise Plus, Education Plus oder Teaching & Learning Upgrade nutzen.
Für bessere Videobilder in Google Meet hat der Anbieter zwei Neuerungen in Arbeit: Portrait Restore soll die Bildqualität verbessern, wenn es Gegenlicht oder unzureichende Beleuchtung gibt, die Webcam bescheidene Bilder liefert oder die Netzverbindung schwach ist. In solchen Fällen soll Googles KI noch dieses Jahr in der Cloud eingreifen, ohne das Endgerät zu beanspruchen – wenn der User für Business Plus oder Enterprise Plus zahlt.
Bereits ab Business Standard aufwärts können Meet-Nutzer von Portrait Light profitieren. Ein aus Machine Learning gewonnener Algorithmus soll Ausleuchtung von Studioqualität simulieren. Teilnehmer werden die Position einer simulierten Lampe und deren Strahlkraft einstellen können. Google stellt Portrait Light für die "kommenden Monate" in Aussicht.
Auto-tl;dr
In Google Docs können Workspace-Kunden bereits jetzt auf automatische Inhaltszusammenfassungen englischsprachiger Texte zugreifen (Englisch Summaries). Google dehnt das in den kommenden Monaten auf den Chat- und Zusammenarbeitsdienst Spaces aus (für die Workspace-Varianten Business, Enterprise, Education, Essentials und Frontline), nächstes Jahr auch auf Google Meet.
Lesen Sie auch
Warum Google seine Audio-Captchas ändern musste
Google Spaces ist der Nachfolger von Google Currents, was seinerseits ein Nachfolger von Google+ war, aber nicht mit der früheren App Google Currents zu verwechseln ist, die zunächst zu Google Play Newsstand und dann ebenfalls eingestellt wurde. Google Meet ist Nachfolger der aus Google+ Messenger und Google Talk hervorgegangenen Google Hangouts, allerdings ohne Unterstützung des bei Google Talk beliebten offenen Standard XMPP.
Wortprotokolle
Automatische Wortprotokolle von Unterhaltungen in Google Meet sollen schon dieses Jahr verfügbar werden (in Workspace Business Plus, Enterprise Standard, Enterprise Plus, Education Plus sowie Teaching & Learning Upgrade). Das soll laut Google für jene Sprachen funktionieren, für die es derzeit automatisch Untertitel erstellt. Das sind Englisch, Deutsch, mexikanisches Spanisch und brasilianisches Portugiesisch, für User in Europa und Asien außerdem Französisch und spanisches Spanisch.
Spannend wird sein, zu sehen, wie gut Googles Algorithmen Stimmen unterschiedlicher Sprecher auseinanderhalten kann – insbesondere dann, wenn mehrere Personen gleichzeitig sprechen. Bisher ist das die Ägide spezieller Geräte wie dem SmartMike Duo von Philips Speech.
(ds)