Neuer Nokia-Chef räumt auf

Der von Microsoft geholte Stephen Elop räumt beim Handy-Weltmarktführer auf. Der 46-Jährige kündigte "aggressive Maßnahmen" an, damit Nokia im Kampf um den Smartphone-Markt aufholt.

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Von
  • dpa

Harte Selbstkritik auch nach dem Gewinnsprung: Nokias neuer Chef Stephen Elop hat sich bei der Vorstellung der überraschend positiven Zwischenbilanz mit einer schonungslosen und aggressiven Analyse seines neuen Arbeitgebers im Helsinki-Vorort Espoo eingeführt. "Was ich im dritten Quartal gelernt haben? Das wir uns auf breiter Front verbessern müssen", sagte der 46-jährige Kanadier am Donnerstag, fünf Wochen nach seinem Amtsantritt.

Elop zählte trotz der an der Börse begeistert aufgenommenen Gewinnzahlen für den größten Handyhersteller gnadenlos als eigene Meinung auf, was Nokia seit Apples Siegeszug mit dem iPhone ab 2007 von außen vorgehalten wird: "Kritiker sagen, dass es bei Nokia einfach zu lange dauert, Sachen in Gang zu bekommen. Da müssen wir wirklich etwas tun." Oder: "Unser fehlender Erfolg in Nordamerika ist ganz bestimmt kein Naturereignis."

In fünf Wochen seit seinem Start in Espoo habe er "zugehört, gelernt, aber auch schon interagiert", meinte Elop. Und betonte ausdrücklich, er sehe den Aufsichtsrat geschlossen hinter sich, wenn er seinen Auftrag nun "auch aggressiv" anpacken will, Nokia im heftig umkämpften Smartphone-Markt wieder Respekt zu verschaffen. Zuletzt lästerte Apple-Chef Steve Jobs Anfang der Woche, Nokia sei gut als Hersteller von "50-Dollar-Handys".

Gnadenlos zählte Elop die selbstverschuldeten Stolpersteine der jüngsten Zeit auf, als sein finnischer Vorgänger Olli-Pekka Kallasvuo allein dreimal die Auslieferung des neuen Spitzenmodells N8 verschieben musste. "Dauernde Lieferengpässe bei Komponenten wie Kameras und Displays haben uns enorm Marktanteile gekostet." Aber Nokia habe vielleicht auch "den ganz engen Kontakt" zu dem verloren, was die Kundschaft wünscht und als Spitzenleistung eines Anbieters schätzt.

Das passte zur Reaktion auf das N8 mit Nokias Betriebssystem Symbian. Das neue Smartphone fand seit der Vorstellung vor einigen Wochen eine freundliche, aber bestimmt keine begeisterte Aufnahme. Dass das beim iPhone seit drei Jahren und verschiedenen Modellen mit dem Google-System Android ganz anders gewesen ist, hat Nokia in derselben Zeit um die Rolle als Gewinnmaschine gebracht.

Elop kam nicht zuletzt als erster Nicht-Finne an die Nokia-Spitze, weil der Aktienkurs seit Beginn des iPhone-Siegeszugs um 60 Prozent gesunken ist. Der Kanadier stellte seinen "aggressiven" Ansatz erst mal unter Beweis, indem er 1800 Stellenstreichungen ankündigte.

Das Spitzenmanagement hat sich mit Elops Antritt im September bereits kräftig verändert. Weg ist unter anderem auch Ari Jaaksi, der für die Entwicklung des neuen Mobilfunk-Betriebssystems MeeGo zuständig war. MeeGo wird unter anderem zusammen mit Intel als Nachfolger des schon als veraltet geltenden Eigensystems Symbian entwickelt. Aber MeeGo sehe ich nicht vor 2011 in Nokia-Geräten, sagte Elop eher beiläufig. (vbr)