Primacom ist verkauft

Das operative Geschäft und die Kabelnetze der insolventen Primacom AG wurden an eine "Gruppe privater Investoren" verkauft, teilte der Insolvenzverwalter mit. Bleibt die Frage, wer dahintersteckt.

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Das operative Geschäft des insolventen Kabelnetzbetreibers Primacom AG wurde an eine Investorengruppe verkauft. Laut Informationen aus Finanzkreisen war am Sonntag die Einigung über einen Verkauf der operativen Einheiten einschließlich der vorwiegend in Ostdeutschland liegenden Kabelnetze erfolgt. Noch vor einer für 11 Uhr am Montagmorgen in Berlin angesetzten Versteigerung wurde der Kaufvertrag von Insolvenzverwalter Hartwig Albers unterschrieben und die Auktion abgesagt. Am frühen Montagmorgen hatte das Amtsgericht Charlottenburg das Insolvenzverfahren über die Primacom AG offiziell eröffnet.

Über den Käufer Medfort S.à.r.l. und nähere Konditionen machte der Insolvenzverwalter zunächst keine weiteren Angaben. "Es handelt sich dabei um eine Gruppe privater Investoren", heißt es in einer Mitteilung. Hinter der erst im Februar in Luxemburg registrierten Investmentgesellschaft steckt ein auf den britischen Jungferninseln eingetragenes Unternehmen namens Quebec Nominees Limited. Der Insolvenzverwalter betont, dass das zuletzt gesicherte operative Geschäft durch den Verkauf nicht beeinträchtigt wird.

Unbekannt ist, wer hinter dem Käufer steht. Dazu machen die Beteiligten keine Angaben. Eine Möglichkeit sind die Gläubiger selbst, die Anfang Juni Verbindlichkeiten von knapp 30 Millionen Euro eingefordert und damit die Zahlungsunfähigkeit der Primacom ausgelöst hatten. Die ING Bank hatte schließlich das an sie verpfändete operative Geschäft zur Versteigerung ausgeschrieben. Die Gläubiger könnten mit einem Kauf jetzt die Kontrolle über das operative Geschäft übernommen haben. Das hat so schon einmal funktioniert: Bei der Primacom-Schwester Tele Columbus.

Hintergrund ist ein Machtkampf zwischen den Gläubigern um die niederländische Bankengruppe ING und dem Primacom-Hauptgesellschafter Escaline. Primacom leidet unter einer Schuldenlast von 340 Millionen Euro. Beide Seiten hatten sich nicht auf einen Plan zur Sanierung und Weiterführung des Geschäfts einigen können. Die von Scott Lanphere kontrollierte Beteiligungsgesellschaft Escaline hatte nach Informationen aus Finanzkreisen darauf bestanden, dass die Gläubiger auf einen Großteil ihrer Forderungen verzichten.

Ende Mai war Primacom-Vorstandssprecher und Finanzchef Michael Buhl überraschend abberufen worden. Er soll sich, so viel ist aus Gläubigerkreisen zu hören, zuvor mit den Gläubigern über einen Sanierungskurs weitgehend einig gewesen sein. Statt seiner wurde dann der Berater Sebastian Freitag als "Chief Restructuring Officer" installiert. Kurz danach scheiterten die Gespräche und die Gläubiger – neben der ING auch einige Hedgefonds – stellten Verbindlichkeiten von knapp 30 Millionen Euro fällig. Daraufhin hatte Primacom Anfang Juni zunächst seine Zahlungsunfähigkeit erklärt und zwei Wochen später Insolvenzantrag gestellt. Freitag soll nun ein üppiges Honorar in Millionenhöhe erhalten, heißt es in Finanzkreisen.

Die Primacom AG hält 100 Prozent an der in Mainz eingetragenen und mit Geschäftssitz in Berlin vertretenen Primacom Management GmbH, in der das operative Geschäft mit etwa 30 Gesellschaften gebündelt ist. Die 473 Mitarbeiter zählende Gruppe hatte im ersten Quartal dieses Jahres einen Umsatz von 28,02 Millionen Euro verbucht, 6,0 Prozent mehr als im ersten Quartal 2009. Das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) lag mit 11,95 Millionen Euro um 4,8 Prozent über dem Wert des Vorjahresquartals. Das Unternehmen versorgt nach eigenen Angaben etwa 700.000 Haushalte vor allem in Ostdeutschland. (vbr)