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Qualcomm: Neues ARM-Geschäftsmodell krempelt den Smartphone-Markt um

Mark Mantel

(Bild: c't)

Dokumente von Qualcomm aus einem Gerichtsstreit deuten darauf hin, dass ARM in Zukunft höhere Lizenzgebühren verlangen will und bestimmte CPU-Designs verbietet.

Die britische Chipschmiede ARM möchte anscheinend das Geschäfts- und Lizenzmodell ändern, um langfristig mehr Geld zu verdienen. Leidtragende wären Firmen, die ARM-Prozessoren herstellen, solche in ihren Geräten wie etwa Smartphones verwenden und Nutzer (aufgrund höherer Preise).

Die möglichen Änderungen gehen aus dem Gerichtsstreit zwischen Lizenznehmer Qualcomm und ARM [1] hervor. Ein neues Verteidigungsschreiben von Qualcomm ( PDF-Download [2] ) legt den Schluss nahe, dass ARM bereits Qualcomm-Kunden kontaktiert hat und ab 2025 Nutzungsgebühren für ARM-Technik in jedem einzelnen verwendeten Chip kassieren will (Royalties).

Ohne eine eigene Lizenz dürften die Hersteller keine Smartphones, Tablets oder andere Geräte mehr mit ARM-Technik verkaufen. Das beträfe beispielhaft Samsungs Galaxy-Smartphones mit Snapdragon-CPUs, Honor, Oneplus und Xiaomi. Das neue Verteidigungsschreiben entdeckte die Webseite Semianalysis [3].

Außerdem will ARM offenbar die Kopplung von ARM-Rechenkernen mit Funktionsblöcken anderer Zulieferer – etwa von GPUs, KI-Beschleunigern oder Bildprozessoren – untersagen, sobald bestehende Lizenzvereinbarungen auslaufen. Qualcomm dürfte dann keine eigenen KI-Beschleuniger und Bildprozessoren mehr in die Snapdragon-Systems-on-Chip (SoCs) integrieren, solange darin Standard-Cortex-Kerne enthalten sind.

Samsung dürfte keine Exynos-CPUs mehr mit integrierter AMD-GPU entwickeln und Mediatek keine mehr mit GPUs von Imagination Technologies. Apple und Nvidia wären zumindest vorerst fein raus: Apple entwirft ohnehin komplett eigene ARM-Kerne und lizenziert lediglich die ARM-Architektur. Das hat Qualcomm künftig mit Nuvia-Kernen vor, benötigt dafür aber mehr Zeit. Nvidia hat sich im Rahmen der gescheiterten ARM-Übernahme [4] hingegen eine weitreichende 20-Jahreslizenz gesichert.

ARM selbst hat Ende 2021 dargelegt [5], dass es dem Unternehmen bisher schwerfalle, in neue, wachstumsstarke Märkte vorzudringen. Mit dem neuen Geschäfts- und Lizenzmodell sähe das anders aus, was wiederum den Wert beim geplanten Börsengang unter Leitung des Ex-Nvidia-Managers Renee Haas steigern könnte.

Qualcomm fährt derweil harte Geschütze gegen ARM auf. Demnach verbreiten ARM und dessen japanische Mutter Softbank gezielt Lügen, um Qualcomm-Kunden einzuschüchtern und die geplanten Änderungen durchzudrücken.

Im Jahr 2024 läuft laut eigenen Angaben nur eine von mehreren ARM-Lizenzen aus. Zudem sollen Qualcomms Lizenzen Klauseln beinhalten, die Verlängerungen ohne Hürden seitens ARMs regeln. Folglich hätte ARM keine rechtliche Grundlage, um das Geschäftsmodell derart tiefgreifend zu ändern.

(mma [6])


URL dieses Artikels:
https://www.heise.de/-7323782

Links in diesem Artikel:
[1] https://www.heise.de/news/ARM-versus-Qualcomm-Verteidigungsschrift-laesst-ARM-wie-einen-Lizenzhai-dastehen-7300699.html
[2] https://www.heise.de/downloads/18/3/6/3/4/5/5/3/71776a9c-ee79-4c5c-947b-f7e98cf40bcc.pdf.pdf
[3] https://www.semianalysis.com/p/arm-changes-business-model-oem-partners
[4] https://www.heise.de/news/Bestaetigt-Nvidia-blaest-ARM-Uebernahme-mit-Milliardenverlust-ab-6355481.html
[5] https://www.heise.de/news/ARM-Britischer-CPU-Entwickler-baut-hunderte-Arbeitsplaetze-ab-6550080.html
[6] mailto:mma@heise.de