Schröder sieht in Krise der IT-Branche einen notwendigen Anpassungsprozess

"Die IT-Branche hat es geschafft, sich auf ihre Stärken zu besinnen und die notwendigen Anpassungsprozesse einzuleiten -- auch wenn die Einschnitte tief und die Verunsicherung groß waren", sagte der Bundeskanzler zur Eröffnung der CeBIT

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Vor einem Jahr meinte Bundeskanzler Gerhard Schröder, von der CeBIT werde ein "Signal des Aufbruchs" ausgehen. Dieses Signal scheint in der Zwischenzeit kaum gehört verklungen. Nun nannte Schröder die Krise der IT-Branche bei der Eröffnung der CeBIT einen "notwendigen Anpassungsprozess". "Die IT-Branche hat es geschafft, sich auf ihre Stärken zu besinnen und die notwendigen Anpassungsprozesse einzuleiten -- auch wenn die Einschnitte tief und die Verunsicherung groß waren", sagte Schröder. Vor allem für 2004 könne man auf eine deutliche Erholung hoffen. Allerdings hänge die gesamtwirtschaftliche Lage und der Aufschwung eng mit dem Ausgang des Irak-Konflikts zusammen.

Deutschland nimmt nach Schröders Einschätzung mittlerweile einen Spitzenplatz in der weltweiten High-Tech-Liga ein. "Bei der geschäftlichen Nutzung der Informations- und Kommunikations-Technologie nehmen wir inzwischen sogar weltweit einen Spitzenplatz ein", sagte der Kanzler. Umso problematischer sei die wachsende Knappheit an hoch qualifizierten Fachkräften. "Einen Teil dieses Problems werden wir auch in Zukunft durch Anwerbung hoch qualifizierter Bewerber aus dem Ausland lösen müssen." Außerdem sei eine Neuausrichtung des Bildungswesens nötig, "um die Menschen für den Hochtechnologiebereich zu qualifizieren".

Das eGovernment bezeichnete Schröder als zentralen Bestandteil der Modernisierung. Mit der zunehmenden Online-Kommunikation steige das Bedürfnis an Sicherheit. Deutschland habe als eines der ersten Länder der Welt die rechtlichen Grundlagen für die Gleichrangigkeit von elektronischer Signatur und eigenhändiger Unterschrift geschaffen. Ab Anfang 2004 sollen Bankkarten mit elektronischer Signatur für eine Vielzahl von Funktionen genutzt werden können. Die Karten sollen unter anderem Homebanking oder den Einkauf über das Internet sicherer machen, sagte Schröder.

Auch soll eine Gesundheitskarte zusammen mit dem "elektronischen Rezept" eingeführt werden. Mit der elektronischen Patientenkarte für 70 Millionen Menschen, die im Zuge der geplanten Gesundheitsreform eingeführt werde, ließe sich jährlich 1 Milliarde Euro im Gesundheitswesen einsparen. Zudem sollen alle offenen Arbeitsplätze demnächst per Mausklick im Internet abrufbar sein.

Die Novelle des Telekommunikationsgesetzes soll dazu führen, die Regulierung effektiver zu machen. Segmente, in denen der Wettbewerb funktioniert, sollen ausgeklammert werden. Das gelte vor allem für den Mobilfunkmarkt, der einen "außerordentlich dynamischen" Wettbewerb aufweise, so Schröder.

Bitkom-Präsident Volker Jung griff zuvor auf der Eröffnungsveranstaltung die Bundesregierung an. "Politik muss mehr sein, als Feuerwehr, die löscht, wenn es brennt", sagte er. "Von der Regierungserklärung am Freitag erwarten wir deutlich mehr als die eine oder andere Reform am Rande. Wir erwarten und brauchen einen Richtungswechsel."

Die IT-Branche setzt laut Bitkom ihre Entwicklung von der Fertigungsindustrie zur Dienstleistung fort. "72 Prozent der Umsätze werden inzwischen mit Software und Services erzielt", sagte Jung. So gebe es etwa bei den Telekommunikationsdiensten enormes Entwicklungspotenzial. "Wir rechnen damit, dass Deutschland im Internet sukzessive zu den führenden Ländern aufschließt." Bis 2005 würden bis zu fünf Millionen Internet-Nutzer in Deutschland hinzukommen. "Wir gehen davon aus, dass in zehn Jahren kein Auto ohne Internet-Anschluss mehr vom Band laufen wird."

Auch im Mobilfunk gebe es noch Spielraum nach oben. Entscheidende Impulse sollen vom neuen schnellen Mobilfunkstandard UMTS kommen, der in dieses Jahr startet. Bei Hardware und Geräten ist Bitkom zufolge dagegen auch 2003 ein weiterer Rückgang zu erwarten. Laptops und andere mobile Geräte, mit denen 2002 ein Umsatz von 6 Milliarden Euro erzielt worden sei, ein Plus erzielen können.

Zur wichtigsten Leitmesse für Computer und Telekommunikation, die morgen beginnt, werden mehr als 600.000 Besucher erwartet. Die schwache Konjunktur hinterlässt aber deutliche Spuren: Die Zahl der Aussteller aus 69 Ländern ging um knapp 20 Prozent auf 6526 zurück. Die CeBIT ist bis zum 19. März geöffnet. (anw)