TV-Kabelnetze: Ein Dämpfer für Liberty und Telekom

Nach der Abmahnung des Kartellamts wegen der Übernahme der TV-Kabelnetze steckt Libertys Deutschland-Offensive fest und die Telekom guckt bedröpelt.

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Lesezeit: 6 Min.
Von
  • Axel Höpner
  • Peter Lessmann
  • mit Material der dpa

Die mit großem Getöse eingeleitete Deutschland-Offensive des US-Konzerns Liberty Media steckt erst einmal fest. Das Kartellamt senkte den Daumen und will den Kauf eines Großteils des Kabelnetzes der Deutschen Telekom unter den derzeitigen Bedingungen nicht genehmigen. Zuvor hatte Liberty bereits den Antrag auf einen Einstieg beim Bezahlsender Premiere World zurückgezogen. Der undurchsichtige Medienmogul John Malone, von vielen schon als eine Art Leo Kirch in XXL gefürchtet, ist erst einmal auf Normalmaß geschrumpft. "Es ist ein wenig stiller geworden um ihn", sagt ein Münchner Branchenkenner. Allerdings erwarten die meisten, dass der gewiefte Geschäftsmann Malone so schnell nicht aufgeben wird.

Liberty Media ist einer der einflussreichsten Medienkonzerne der Welt. Seit Anfang der 90er Jahre kaufte Malones Liberty Media, damals noch als Tochter des US-Telefonkonzerns AT&T operierend, in vielen Ländern Fernsehkabelnetze auf. Libertys weltweite Beteiligungen reichen von der Satelliten-Technologie über die Produktion und den Vertrieb von Unterhaltungs- und Informationsprogrammen bis zur Internet-Telefonie. Malone ist zudem maßgeblich an der News Corp von Rupert Murdoch beteiligt. Von den Platzhirschen in Deutschland wurde Liberty von Anfang an misstrauisch beäugt. "Liberty Media fährt eine aggressive Strategie bei den Inhalten und plant, weitere Anteile an Programmanbietern zu erwerben", kritisierte RTL- Geschäftsführer Gerhard Zeiler. Auch bei Kirch zeigte man sich am Donnerstag zufrieden: "Die KirchGruppe sieht sich durch die Abmahnung des Kartellamts in ihrer Einschätzung bestätigt", sagte ein Sprecher.

Malone verschlechterte nach Einschätzung vieler Beobachter vor allem mit seinem undiplomatischen Auftreten seine Chancen. So meldete er beispielsweise beim Kartellamt ohne Absprache mit der KirchGruppe den Einstieg bei Premiere an. Dadurch vergrößerten sich die Ängste, Liberty wolle neben dem Kabel auch noch die Inhalte beherrschen. Ohne Zustimmung Leo Kirchs wäre ein Premiere-Einstieg allerdings wohl ohnehin nicht möglich gewesen. Daher wurde Malones Vorstoß von vielen als Aufbau von Verhandlungsmasse gewertet, um dem Kartellamt später Konzessionen machen zu können.

Mit den deutschen Fernsehsendern hatte es sich Malone schon vorher verscherzt. Gerade erst hatten sich diese in zähen Verhandlungen endlich auf den technischen Standard MHP (Multimedia Home Plattform) für die Empfangsgeräte des digitalen Fernsehen geeinigt. Da erklärte Liberty, dass die Decoder, die Ende 2002 an die rund zehn Millionen Kabelhaushalte verschenkt werden sollten, den Standard MHP nicht unterstützen würden.

Völlig offen ist, wie es nun weitergeht. "Wir überprüfen die Erklärung der Kartellbehörde, um festzustellen ob wir die vorgelegten Vorbehalte im Einklang mit einem durchführbaren Geschäftsplan und einer Kapitalstruktur befriedigen können, die unseren Aktionären angemessene Erträge bringt", erklärte Liberty-Media-Präsident Robert Bennet. Liberty hat zwei Wochen Zeit, zu der Vorentscheidung des Kartellamts Stellung zu nehmen. Dass Malone große Zugeständnisse macht, gilt in der Branche als eher unwahrscheinlich. Das Kartellamt könnte die verstärke Marktstellung von Liberty Media beim Kabel dulden, wenn das Unternehmen auf einem anderen Feld für mehr Wettbewerb sorgt: Das heißt, ähnlich wie die Konkurrenten Callahan (ish) in Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg sowie Klesch (E-Kabel) in Hessen das Kabelnetz zu einem Multimedia-Netz mit schnellem Internetzugang und Sprachtelefonie auszubauen. Damit könnte das Quasi-Monopol der Telekom im Ortsnetz zur Freude der Wettbewerber endlich geknackt werden.

Die Deutsche Telekom jedenfalls ist in diesen Tagen auf das Bundeskartellamt nicht gut zu sprechen: Mit dem blauen Brief für den Käufer Liberty Media hat der Präsident der Behörde, Ulf Böge, zwar nur eine Verwarnung ausgesprochen. Lenkt der US-Medienkonzern aber nicht ein, hat Telekom-Chef Ron Sommer bald ein Problem. "Die Schuldenrückführung wird verzögert", ist sich Frank Wellendorf sicher. Der Telekom-Analyst der Düsseldorfer WestLB Panmure schätzt, dass das Unternehmen einige Monate brauchen würde, um mit einem anderen Interessenten handelseinig zu werden. Bei Null anfangen müsse die Telekom im Falle des Scheiterns aber nicht, meint Theo Kitz von Merck Finck & Co Privatbankiers. Die Interessenten stünden bereits in den Startlöchern. Dass der Kurs der T-Aktie in den vergangenen Tagen wegen der Gerüchte um ein bevorstehendes Verbot wegbrach und 4,5 Milliarden Euro an Wert vernichtet wurden, hält Wellendorf für Übertreibung. "Eine Untersagung ist im Kurs der T-Aktie längst eingepreist", sagt er.

Offiziell gibt sich die Telekom zuversichtlich, dass die Wettbewerbshüter Ende Februar das Geschäft doch noch durchwinken. Dem US-Medienkonzern hält das Unternehmen die Stange: "Wir werden Liberty und Malone unterstützen", betonte Vorstandsmitglied Josef Brauner. Und ein Konzernsprecher fügt hinzu: Es gebe derzeit keine Verhandlungen mit anderen Interessenten. "Wir sind faire Vertragspartner, die Exklusivität ist nach wie vor gewahrt."

Doch die Frage bleibt: Was passiert, wenn das Kartellamt den Verkauf stoppt? Möglicherweise muss die Telekom in dem Fall anderen Kaufinteressenten Zugeständnisse machen. Solche Gedankenspiele sind für Vorstandschef Sommer aber tabu: Das TV-Kabelgeschäft gehöre zwar nicht zu den Kernaktivitäten der Telekom, aber "es wird nicht um jeden Preis verkauft", sagte er bereits Ende 2001, nachdem Kartellamtspräsident Böge erstmals in der Öffentlichkeit Bedenken gegen den Verkauf der sechs regionalen Kabelgesellschaften an Liberty Media angemeldet hatte. Als mögliche Alternativen für den Käufer Malone soll angeblich ein Konsortium unter Führung der Deutschen Bank mit dem Kabelunternehmen Telecolumbus in den Startlöchern hocken. Auch die Düsseldorfer WestLB und der britische Finanzmakler Compere Associates wurden als potenzielle Käufer des Kabelnetzes der Telekom genannt.

Für den Schuldenabbau hat Telekom-Finanzvorstand Karl-Gerhard Eick die Erlöse von 5,5 Milliarden Euro aus dem Kabelnetzverkauf jedenfalls fest eingeplant. Bis zum Jahresende soll der Schuldenberg von mehr als 60 Milliarden Euro auf 50 Milliarden Euro reduziert werden. Neben dem Kabelverkauf will Eick auch die Erlöse aus dem geplanten Börsengang der Tochterfirma T-Mobile International AG für den Schuldenabbau einsetzen. (Axel Höpner/Peter Lessmann, dpa) / (jk)