Testfahrt im Wasserstoffzug: Siemens zeigt seinen Mireo Plus H

Siemens lud ins Eisenbahntestzentrum, um den neuen Wasserstoffzug zu demonstrieren. Heise online ist mitgefahren und hat technische Details erfahren.

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(Bild: Andreas Sebayang / heise online)

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  • Andreas Sebayang
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Mit dem Mireo Plus H (Baureihe 563, PDF-Datenblatt) bietet auch Siemens einen Wasserstoffzug an, den das Unternehmen nun bei Testfahrten der Presse vorstellte. Der Zug wurde nicht nur von außen gezeigt. Auch eine Mitfahrt im Innern des vollständig wirkenden Zugs wurde angeboten. In den regulären Betrieb darf er allerdings noch nicht, bevor die Testkampagne abgeschlossen ist.

Das rund 47 Meter lange und zweiteilige Triebfahrzeug gehört zur Mireo-Familie, die es als elektrifizierte Version, als Akkuversion (Mireo Plus B) und nun auch als Wasserstoffversion gibt. Innerhalb der Familie selbst sind bis zu siebenteilige Fahrzeuge vorgesehen, die auch in Mehrfachtraktion oder im Mischbetrieb mit einem Desiro HC fahren können. Beim Wasserstoffmodell ist jedoch zunächst nur der Bau von Zweiteilern vorgesehen.

Auf Nachfrage erklärte Siemens, dass größere Zuggarnituren auch mit Wasserstoff als Energieträger herstellbar sind. Doch dafür muss der Markt diese erst einmal anfordern. Züge werden nicht am Fließband hergestellt, stattdessen ist hier viel Handarbeit angesagt.

Gezeigt wurde der Mireo Plus H im Prüf- und Testcenter in Wegberg-Wildenrath unweit von Düsseldorf. Dort hat Siemens eine große Anlage (siehe Openrailwaymap) bestehend aus zwei Testringen und unzähligen weiteren Gleisen für Tests, darunter auch Dreischienengleise, um etwa Schmalspurbahnen zu testen. Selbst unterschiedliche Stromsysteme gibt es und es muss nicht immer eine Oberleitung sein.

Wasserstoffzug Siemens Mireo Plus H (17 Bilder)

Der Mireo Plus H steht auf dem Testoval T2 bereit. (Bild: Andreas Sebayang / heise online)

Die brauchte der Mireo Plus H allerdings nicht. Das Fahrzeug soll nicht-elektrifizierte Strecken bedienen und steht damit in Konkurrenz zu Alstoms Coradia iLint. Doch während Alstom mit diesem Modell seit wenigen Wochen Fahrgäste außerhalb eines Testbetriebs mit Wasserstoff befördert, muss Siemens noch erste Runden drehen, bevor der vorgestellte Zug Anfang 2024 in Baden-Württemberg in den Regelbetrieb geht. Ende 2024 soll zudem die Heidekrautbahn nahe Berlin mit den Zügen betrieben werden.

Eine Besonderheit von Wasserstoffzügen ist die komplette Unabhängigkeit vom Stromnetz. Akkuzüge, wie der Mireo Plus B, haben hingegen weiterhin einen Stromabnehmer. Das ist praktisch, wenn nur Teilabschnitte nicht elektrifiziert wurden. Eine Kombination aus Wasserstoff und Oberleitung ist derzeit nicht vorgesehen. Das ist auch bei Dieselzügen eher ungewöhnlich, auch wenn sich hier in letzter Zeit einiges getan hat (Eurodual von Stadler und Vectron Dual Mode von Siemens).

Der Regionaltriebzug Mireo Plus H ist also ein weiteres Angebot, um Strecken nicht elektrifizieren zu müssen, denn das ist oft mit vielen Hürden verbunden. Von baulichen Schwierigkeiten über Nutzen-Kosten-Analysen bis zu besorgten Anwohnern, die aufgrund der höheren Leistungsfähigkeit elektrifizierter Strecken mehr Verkehr befürchten. Bei rund 40 Prozent noch nicht elektrifizierten Strecken ist noch einiges zu tun. Die Anschaffung alternativer Antriebe geht schneller.

Im Vergleich zu reinen Akkuzügen spricht zudem die höhere Reichweite für Wasserstoff. Der für Dänemark geplante Mireo Plus B schafft etwa nur 80 Kilometer ohne Netz. Beim Mireo Plus H ist das Zehnfache geplant. Er ist damit auch in von der Stromversorgung isolierten Gleisnetzen verwendbar und kann die letzte Domäne der Dieselzüge ablösen.

Die Wasserstoffzüge sollen zudem besonders leise im Betrieb sein. Auf dem Testring gelang das bei der Demonstration allerdings nicht ganz so gut. Zugegebenermaßen hatte das aber technische Gründe. Tatsächlich war von den Elektromotoren fast nichts zu hören.

Der Zug durfte allerdings noch nicht seine volle Geschwindigkeit fahren. Zum einen war das Fahrzeug auf dem inneren Testring unterwegs, der ohnehin keine hohen Geschwindigkeiten erlaubt, und zum anderen durfte er auch dort nur mit Tempo 50 seine drei Demorunden mit Journalisten drehen. Mehr ist noch nicht erlaubt, so Siemens. Eigentlich sind auf dem 2.485 Meter langen Testoval T2 mit einem Mindestradius von 300 Metern 100 km/h möglich.

Aufgrund der hohen Gleisüberhöhung in den "Steilkurven" gab es dann, während ein Siemens-Sprecher den besonders leisen Zug beschrieb, hin und wieder Berührungen der Spurkränze mit den Gleisen, was doch einiges an Geräuschen produziert. Zumal der Zug auch sehr gemächlich in Gang gesetzt wurde. Im normalen Betrieb ist so etwas natürlich nicht zu erwarten.