US-Patentreform liegt auf Eis

Der US-Senat hat die Verhandlungen über den heftig umkämpften Gesetzesentwurf zur Novelle des US-Patentwesens vorläufig abgebrochen. Vor allem an der geplanten Eingrenzung der Schadenersatzregelung schieden sich die Geister.

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Im US-Kongress sind die Verhandlungen über den heftig umkämpften Gesetzesentwurf zur Novelle des US-Patentwesens zum Erliegen gekommen. "Wir werden momentan kein Patentgesetz machen", erklärte der den Demokraten angehörende Mehrheitsführer im Senat, Harry Reid, laut dem Fachdienst Intellectual Property Watch vergangene Woche. Der federführende Rechtsausschuss der Parlamentskammer habe sich nicht auf eine für die Verabschiedung reife Version einigen können, begründete er die Ansage. Damit ist unklar, ob sich der Kongress in der laufenden Legislaturperiode bei der geplanten Reform überhaupt noch bewegen wird.

Das US-Repräsentantenhaus verabschiedete seine Version der Novelle bereits im September 2007. Seitdem ist das an sich umstrittene Vorhaben immer stärker unter Beschuss gekommen. Im Februar reihte sich auch das US-Wirtschaftsministerium in die Phalanx der Kritiker ein.

Die Geister scheiden sich vor allem an einer Klausel, die Richtern enge Vorgaben zur Festsetzung von Schadensersatz bei Patentverletzungen machen soll. So sieht die Initiative bislang etwa vor, dass ein Kadi Schadensersatz nur mehr auf der Basis des "spezifischen Beitrags" eines Patents zum Stand der Technik beziehungsweise zu bereits erfolgten industriellen Entwicklungen festsetzen darf. Diese Regelung soll zwar nicht greifen, wenn ein Anspruchinhaber und Kläger zeigen kann, dass der spezifische Beitrag die Hauptbasis für die Marktnachfrage eines Produkts oder Verfahrens ist, das in seine Schutzrechte eingreift. Diese Einschränkung geht Konzernvereinigungen genauso wie der Mittelstandslobby Innovation Alliance aber noch nicht weit genug. Sie fürchten, dass die Durchsetzbarkeit bereits erteilter Patente geschwächt wird.

Der Vorsitzende des Rechtsausschusses im Senat, Patrick Leahy, wollte nun eigentlich diese Woche einen überarbeiteten Entwurf präsentieren. Der Demokrat konnte sich mit seinem republikanischen Gegenspieler, Arlen Specter, aber nicht auf einen Kompromiss verständigen. "Der entscheidende Punkt ist die Bemessung der Schadensersatzansprüche vor Gericht", betonte der Republikaner. Leahy bedauerte derweil, dass die Diskussion "über eine Handvoll Wörter" die gesamte Schlüsselgesetzgebung blockiere. Die Patentreform sei überfällig. Unterstützung in seinem Kurs erhielt der Demokrat unter anderem von der Coalition for Patent Fairness, der zahlreiche Konzerne aus der Computerindustrie wie Amazon, Apple, Cisco Systems, Google, Intel, Microsoft oder SAP angehören.

Zur Verschärfung der Auseinandersetzung hat auch eine Forderung des US-Patentamtes beigetragen, der zufolge Antragsteller selbst vorab zu einer Patentrecherche nach dem Stand der Technik verpflichtet werden sollen. Patentanwälte fürchten jedoch, dass sich damit die Gesamtkosten für eine Patentanmeldung um 10.000 bis 15.000 US-Doller erhöhen könnten.

Sollte der Anlauf für die Patentreform – wie schon in vorausgegangenen Wahlperioden – einmal mehr scheitern, bleibt die Grenzziehung weiter den Gerichten in den USA vorbehalten. Besondere Aufmerksamkeit hat in diesem Bereich der Fall Bilski auf sich gezogen. Dabei geht es um eine Nichtigkeitsklage gegen ein Patent des Erfinders Bernard Bilski, die der US Supreme Court verhandelt. Dieser hat einen Monopolschutz für ein Verfahren beansprucht, mit dem Schwankungen beispielsweise durch schlechtes Wetter in der Verbrauchernachfrage für prinzipiell allgemein verfügbare Güter wie Energie vorhergesagt werden können sollen.

US-Bürgerrechtsorganisationen wie die American Civil Liberties Union (ACLU) oder die Electronic Frontier Foundation (EFF) haben mittlerweile an den Obersten US-Gerichtshof appelliert, den Anspruch auf ein gewerbliches Schutzrecht auf eine derart abstrakte Idee zurückzuweisen. Die Patentierung von Gedanken oder Sprechakten gefährde die in der Verfassung geschützte Meinungsfreiheit. Vereinigungen wie die Initiative End Software Patents (PDF-Datei) oder die Open-Source-Firma Red Hat haben sich ferner dafür ausgesprochen, in dem Verfahren zugleich auch Softwarepatente einzuschränken. Eine Übersicht der Eingaben an das Gericht findet sich im Blog Patently-O.

Zum Patentwesen sowie zu den Auseinandersetzungen um Softwarepatente und um die EU-Richtlinie zur Patentierbarkeit "computer-implementierter Erfindungen" siehe den Online-Artikel in "c't Hintergrund" (mit Linkliste zu den wichtigsten Artikeln aus der Berichterstattung auf heise online und zu den aktuellen Meldungen):

Stefan Krempl (jk)