US-Regierung bezieht gegen MP3-Tauschbörse Napster Stellung

Nachdem Napster vor kurzem prominente Fürsprecher gewinnen konnte, haben nun das US-Justizministerium und andere US-Behörden im Rechtsstreit um die MP3-Tauschbörse gegen Napster Stellung bezogen.

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Von
  • Jürgen Kuri

Nachdem die MP3-Tauschbörse Napster vor kurzem prominente Fürsprecher aus der Elektronik- und Medienbranche gewinnen konnte, hat die Firma nun eine Schlappe in ihrer Argumentation gegen die Vorwürfe erlitten, der Dienst verletzte das Urheberrecht. Napster ist der Ansicht, dass über die MP3-Tauschbörse nicht dafür verantwortlich gemacht werden könne, wenn die Benutzer illegale Kopien verbreiteten, da man nur eine Dienstleistung anbiete. Napster beanspruchte damit einen ähnlichen Status wie die Hersteller beispielsweise von Videorekordern oder DAT-Geräten, die nicht dafür verklagt werden können, wenn ihre Geräte zur Herstellung von illegalen Kopien benutzt werden. Außerdem sei das private Tauschen von urheberrechtlich geschützten Werken erlaubt – und wenn die Anwender nichts Illegales unternähmen, könnte auch Napster nicht verurteilt werden.

Vertreter des US-Justizministeriums, des Copyright Office und des Patent and Trademark Office haben sich nun allerdings in einem Schreiben, einem so genannten amicus-Schriftsatz, der dem Gericht bei der Entscheidungsfindung durch Stellungnahmen nicht direkt involvierter Parteien helfen soll, auf die Seite der Kläger in dem Verfahren gegen Napster geschlagen. Bezugnehmend auf den Audio Home Recording Act von 1992, der unter anderem Kopien von urheberrechtlich geschützten Werken für den Privatgebrauch erlaubt, erklären die US-Behörden die Argumentation von Napster für hinfällig. Entscheidungen des obersten US-Bundesgerichts hatten ebenfalls festgehalten, das Hersteller von Geräten, die zum Kopieren von urheberrechtlich geschützten Werken dienen können, nicht für "illegalen Gebrauch" verantwortlich gemacht werden könnten, und dass die Geräte wie Videorekorder daher nicht verboten werden dürften.

In dem Schreiben an das Gericht, das im Fall Napster zu entscheiden hat, verweisen die US-Behörden auf die relevanten Bestimmungen im Audio Home Recording Act, dass Hersteller von digitalen Aufnahmegeräten und -techniken Verfahren einbauen müssten, die Serienkopien verhinderten. Außerdem müssten sie Lizenzgebühren in einen Fond einzahlen, der dann an die Urheberrechtsinhaber ausgeschüttet wird. Unter diesen Voraussetzungen sind Klagen wegen Urheberrechtsverletzung weder gegen Hersteller noch Benutzer möglich. Die Argumentation von Napster "verhöhne" nun aber die Bestimmungen in dem Gesetz und stehe im Widerspruch zu den darin festgelegten Vorgehensweisen.

Die US-Offiziellen erklären unter anderem, die Napster-User würden keines der Geräte einsetzen, auf die sich das Gesetz und die Entscheidungen des Bundesgerichts bezögen. Auf der anderen Seite aber ermöglicht Napster die Verbreitung von digitalen Kopien von Musik-Stücken. Die US-Behörden entziehen damit der Napster-Argumentation insofern die Grundlage, da Mechanismen, die digitale Kopien ermöglichen, und ihre Nutzung offensichtlich nur erlaubt sind, wenn Lizenzgebühren in den dafür vorgesehenen Fond eingezahlt werden. Ob dies Napster auf der anderen Seite eine Lücke eröffnet, den Dienst offiziell zu legalisieren, dürfte fraglich sein: Da Napster kein spezielles Gerät oder beispielsweise digitale Audio-Tapes anbietet, sondern eine Dienstleistung, lässt sich auch keine Lizenzgebühr pro Gerät oder Tape erheben. Eine Gebühr pro getauschtem MP3-File wäre dagegen wohl das finanzielle Ende von Napster.

In dem Schreiben heißt es weiter, die User von Napster würden in keinem Fall "Aufnahmen" herstellen, egal ob digital oder analog, sondern reine serielle "Kopien". Das entscheidende Argument aber gegen die Verteidigungslinie von Napster sei, dass es sich in dem Home Recording Act um nicht-kommerzielle Kopien drehe und nicht um öffentliche Distribution. Genau dies ermögliche aber Napster; von einem privaten Tausch selbst erstellter Aufnahmen oder Kopien könne daher keine Rede sein. Zudem: Die Gesetze und Gerichtsentscheidungen führten nicht dazu, dass die illegale Nutzung plötzlich legal wäre; es gehe lediglich darum, die Geräte, die unter Umständen illegal genutzt werden könnten, zu schützen.

In einem ebenfalls für den gestrigen Freitag erwarteten Statement der Vereinigung der Musikindustrie (RIAA), das bis zum heutigen Samstag Nachmittag aber von der RIAA noch nicht veröffentlicht wurde, dürfte die Organisation wohl einer ähnlichen Argumentationsschiene wie die US-Behörden folgen.

Inzwischen sind zudem die Anwälte des Rappers Dr. Dre und der Rockband Metallica an diverse Universitäten in den USA herangetreten. Sie forderten in einem Schreiben, dem die Klage der Musiker gegen Napster beigelegt war, die Unis auf, den Zugang zu Napster über die universitären Netzwerke zu blockieren. Bereits vor einigen Monaten hatte Metallica die Universitäten von Indiana, Süd-Kalifornien und Yale verklagt, weil sie den Studenten den Zugang zu Napster ermöglichten. Zwei Hochschulen hatten daraufhin die MP3-Tauschbörse vollständig blockiert, während die Uni von Süd-Kalifornien den Zugang nur unter sehr eingeschränkten Bedingungen weiter ermöglichte. Nach einer Umfrage der Gartner Group wird der Zugang zu Napster bereits an jeder dritten amerikanischen Universität unmöglich gemacht. (jk)