USA nutzten Scheinfirma, um Spionagesoftware zu kaufen

Laut einem New York Times-Bericht nutzt die US-Regierung eine Software, die von den Pegasus-Entwicklern stammt, um den Standort von Mobiltelefonen zu ermitteln.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 29 Kommentare lesen

(Bild: T. Schneider/Shutterstock.com)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Andreas Knobloch

Die Regierung der Vereinigten Staaten ist ein aktiver Kunde des israelischen Unternehmens NSO Group, das für seine berüchtigte Pegasus-Spionagesoftware bekannt ist. Das berichtet die New York Times.

Dem Bericht zufolge hat Washington von NSO Group über eine Scheinfirma die Software "Landmark" gekauft, ein Geolokalisierungssystem, das den genauen Standort einer Person durch Eingabe ihrer Telefonnummer ermittelt. Die Enthüllung kommt nur wenige Tage nach der Unterzeichnung einer Verfügung durch US-Präsident Joe Biden, die den Einsatz kommerzieller Spionagesoftware durch US-Geheimdienste und andere Bundesbehörden einschränkt. Das Verbot gilt für "operative" Anwendungen, die ein "Risiko" für die nationale Sicherheit der USA darstellen.

Laut New York Times kaufte die US-Regierung von der NSO Group die Geolokalisierungssoftware am 8. November 2021 über eine Scheinfirma aus New Jersey namens Cleopatra Holdings, hinter der sich in Wirklichkeit aber ein kleiner staatlicher Auftragnehmer mit Sitz in New Jersey namens Riva Networks verbirgt. Riva Networks hatte das FBI zwei Jahre zuvor bereits für den Kauf der Pegasus-Spionagesoftware eingesetzt. Bei der Unterzeichnung des Vertrags von 2021 benutzte der Geschäftsführer von Riva einen falschen Namen, so die Zeitung. Außergewöhnlich sei aber auch der Zeitpunkt gewesen.

Denn nur fünf Tage zuvor hatte die Regierung Biden Sanktionen gegen die NSO Group verhängt. Vor allem die Pegasus-Spionagesoftware des Unternehmens war jahrelang von Regierungen in aller Welt missbraucht worden waren, um politische Dissidenten, Menschenrechtsaktivisten und Journalisten auszuspionieren. Neben Mexiko haben zahlreiche weitere Länder, wie Saudi-Arabien, Marokko und die Vereinigten Arabischen Emirate die israelische Spyware zur politischen Überwachung genutzt. Das FBI hat Pegasus eigenen Angaben zufolge zu Forschungszwecken gekauft. Internen Dokumenten zufolge stand Pegasus beim FBI aber kurz vor dem Einsatz. Anfang November 2021 setzte das Weiße Haus NSO auf eine schwarze Liste des Handelsministeriums, erklärte das Unternehmen zu einer Bedrohung der nationalen Sicherheit und sandte die Botschaft, dass US-amerikanische Unternehmen keine Geschäfte mit ihm machen sollten.

Der geheime Vertrag wurde also geschlossen, obwohl die Problematik der Zusammenarbeit mit NSO bekannt war und verstößt nicht nur gegen die öffentliche Politik der Regierung Biden, sondern scheint auch immer noch aktiv zu sein, schreibt die New York Times.

Im Rahmen der Vereinbarung gewährte NSO Group der US-Regierung Zugang zu einer ihrer stärksten Waffen – einem Geolokalisierungstool namens Landmark. Während es sich bei Pegasus um eine Schadsoftware handelt, die in das Mobiltelefon der Zielperson eingespeist wird und es dem Betreiber ermöglicht, das Telefon zu hacken, auf alle darauf gespeicherten Informationen zuzugreifen, verschlüsselte Nachrichten zu lesen und heimlich sowohl die Kamera als auch das Mikrofon einzuschalten, lassen sich mit Landmark Mobiltelefone auf der ganzen Welt ohne das Wissen oder die Zustimmung des Telefonnutzers heimlich verfolgen. Der Bericht der New York Times ist die erste bekannte Veröffentlichung des Namens "Landmark".

In dem Vertrag, der von der New Times eingesehen wurde, heißt es, dass die "Regierung der Vereinigten Staaten" der Endnutzer des Tools sein würde, obwohl unklar sei, welche Regierungsbehörde das Geschäft autorisiert hat und die Spionagesoftware möglicherweise einsetzt. Die Vereinbarung erlaubte der Regierung demnach ausdrücklich, "die Spionagesoftware zu testen, zu bewerten und sogar gegen Ziele ihrer Wahl in Mexiko einzusetzen". Die New York Times behauptet zudem, dass das System an Saudi-Arabien verkauft wurde und von Kronprinz Mohammed bin Salman gegen Dissidenten eingesetzt wurde.

Ein Beamter der Biden-Administration erklärte gegenüber dem Blatt, dass das Weiße Haus keine Kenntnis von dem Vertrag habe und dass er, falls er existiere, einen Verstoß gegen die kürzlich erlassene Executive Order von Präsident Biden darstelle.

(akn)