Urheberrechtsreform: Bundestag stimmt für Upload-Filter und Leistungsschutzrecht

Seite 2: Intranetklausel

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Die Volksvertreter führen auch wieder ein Leistungsschutzrecht für Presseverleger im Internet ein, nachdem der erste Anlauf aus formalen Gründen vorm Europäischen Gerichtshof gescheitert war. Dazu heißt es in der Begründung, dass sich dieses Recht auch auf Vervielfältigungen für Online-Nutzungen beziehe wie das "Versenden von E-Mail-Newslettern mit Inhalten aus Presseveröffentlichungen an einzelne Nutzer". Einzelne Wörter oder sehr kurzer Auszüge aus einem geschützten Beitrag dürfen frei verwendet werden, das Setzen von Links bleibt genauso erlaubt wie private Verwendungen.

Der Bundestag greift auch den Vorschlag des Bundesrats auf, die gesetzlich erlaubte Nutzungen für Unterricht und Lehre, für die wissenschaftliche Forschung einschließlich Text und Data Mining sowie durch Kulturerbe-Einrichtungen vollständig zu entfristen. Zur Veranschaulichung des Unterrichts und der Lehre an Bildungseinrichtungen sowie zur wissenschaftlichen Forschung dürfen über diese Intranetklausel demnach dauerhaft für nicht kommerzielle Zwecke bis zu 15 Prozent eines Werkes vervielfältigt, verbreitet und öffentlich wiedergegeben werden.

"Sie haben Upload-Filter eingeführt" und so "ihr Versprechen gebrochen", warf Roman Müller-Böhm (FDP) der Koalition vor. Die als "Unschuldsvermutung" eingeführte Bagatellausnahme stelle einen europäischen Alleingang dar. Die Linke Petra Sitte monierte, dass der Einsatz von Upload-Filtern von Entwurf zu Entwurf ausgeweitet worden sei. Neben den Nutzern lasse Schwarz-Rot Kreative ebenfalls im Stich, da sie das Urhebervertragsrecht nicht hinreichend stärke. Es fehle ferner nach wie vor eine Vorgabe zum Ausleihen von E-Books über Büchereien.

Es sei richtig, "die Plattformen in die Verantwortung zu nehmen", meinte die Grüne Tabea Rößner. Die Ansprüche auf angemessene Vergütung könnten aber nicht durch eine Verbandsklage geltend gemacht werden. Beim Leistungsschutzrecht hätten die Urheber wenigstens zur Hälfte beteiligt werden sollen. Vieles Murx bleibe bei den mutmaßlich erlaubten Nutzungen, die Kommunikationsfreiheit werde nicht ausreichend geschützt. Musikern könne bei Konzerten so öfter der Live-Stream abgedreht werden. Tobias Peterka (AfD) erinnerte daran, dass Upload-Filter vor zwei Jahren zehntausende Menschen auf die Straße getrieben hätten. Meinungsfreiheit lasse sich nicht in ein Karree von 15 Sekunden pressen.

"Wir machen das Urheberrecht fit für das digitale Zeitalter", verteidigte Johannes Fechner (SPD) das "ganz wichtige Gesetz". Es sei ein guter Ausgleich zwischen den einzelnen Interessenträger gelungen. Das befürchtete Ende des freien Internets falle aus, unterstrich sein Parteikollege Jens Zimmermann. Ohne den Druck der Demonstranten würde das Gesetz noch ganz anders aussehen. Man habe aber auch die Bedenken von Künstlern ernst genommen. Ansgar Heveling (CDU) verwies vor allem auf die erstmalige Vergütungspflicht von Plattformen für hochgeladene Inhalte, die den Kreativen zugute komme.

Viele zivilgesellschaftliche Organisationen, Wissenschaftler und Verbände befürchten, dass mit der Reform trotz der Korrekturen der Parlamentarier angesichts eines überkomplexen Beschwerdeverfahrens vermehrt legale Inhalte gesperrt werden. Upload-Filter seien anfällig für Missbrauch. Die Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) will solche Fälle sammeln und nötigenfalls von dem neuen Verbandsklagerecht Gebrauch machen, um die Nutzungsrechte gerichtlich durchzusetzen. Ob die der Novelle zugrundeliegende EU-Richtlinie mit der Grundrechtecharta vereinbar ist, wird der Europäische Gerichtshof in Kürze klären.

Google kündigte an, bei der Umsetzung des Leistungsschutzrechts mit deutschen Verlagen zusammenarbeiten zu wollen, um eine Einigung über eine erweiterte Vorschau von Inhalten jenseits der "Snippet-Ausnahme" zu erreichen. Ziel sei es, weiterhin einen "Zugang zu verlässlichen, relevanten Informationen" sicherzustellen und "gleichzeitig den Journalismus in Deutschland weiter zu unterstützen", ohne dabei wichtige Prinzipien des offenen Internets zu verletzen. Der Konzern verwies zudem auf sein millionenschweres Lizenzprogramm Google News Showcase, an dem bereits über 30 deutsche Presseverlage teilnähmen.

(bme)