Verbot von Hightech-Produktion in China für EU-Firmen kommt vorerst nicht

Die EU-Kommission will den Abfluss von Investitionen etwa für KI und Chips an Rivalen wie China reduzieren, doch Deutschland und Frankreich ziehen nicht mit.

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(Bild: Gorodenkoff/Shutterstock.com)

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EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU) hat mehrfach angekündigt, technologische Abhängigkeiten von China und damit verknüpfte Risiken verringern zu wollen. Die Brüsseler Regierungsinstitution und der Beauftragte der Gemeinschaft für Außen- und Sicherheitspolitik, Josep Borrell, legten daher im Juni eine erste europäische ökonomische Sicherheitsstrategie vor. EU-Unternehmen sollen damit letztlich sogar daran gehindert werden können, die Produktion kritischer Technologien auszulagern. Doch ein konkreter Gesetzesvorstoß der Kommission dazu ist innerhalb der nächsten zwölf Monate nicht zu erwarten. "Während dieser Amtszeit wird er nicht das Licht der Welt erblicken", erklärte ein hochrangiger Beamter gegenüber dem Newsletter-Dienst Politico Playbook.

Ziel der Sicherheitsstrategie ist es, die Herstellung sensibler Technologien wie Halbleiter, Quantencomputer und anderer Hochleistungsrechner, Biotechnologie, Instrumente zum Klimaschutz und für erneuerbare Energien oder kritische Rohstoffe durch europäische Firmen im Ausland strenger zu regulieren. In einzelnen Ländern wie China und Russland, die in der EU als "systemische Rivalen" gelten oder mit Sanktionen belegt sind, sollte eine Produktion per Outsourcing ganz verboten werden. Vor allem Frankreich und Deutschland sollen dem Bericht zufolge aber die Notbremse gezogen haben und warnen, dass die Kommission in ihre nationalen Zuständigkeiten eingreife. Diese Einschätzung sei auch von Diplomaten bestätigt worden.

Eigentlich ist die nationale Sicherheit Sache der Mitgliedsstaaten. Schon bei der Präsentation der Strategie war daher klar: Viele dürften sich ihre Kompetenzen in diesem Bereich nicht einfach wegnehmen lassen. Kommissionsvertreter versuchten dagegen zu halten: "Wenn wir nicht gemeinsam handeln, sind wir ein Spielplatz. Wirtschaftliche Abhängigkeiten dürften von Drittländern nicht länger "als Waffe genutzt" werden können: "Wir müssen unsere Daten und unsere Technologie schützen." Offenbar war der vorprogrammierte Widerstand nun aber doch zu stark.

Unterstützung erhalten die Kommission und Borrell derweil von einem Kurzgutachten, das die EU-Wirtschafts- und Finanzminister in Auftrag gegeben haben: Die Autoren – Federico Steinberg vom spanischen Elcano-Institut und Guntram Wolff von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) – warnen laut Playbook zwar prinzipiell vor Protektionismus und einem Subventionswettlauf. Sie seien aber dafür, in Drittstaaten fließende Investitionen und das Auslagern sensibler Technologien zu überprüfen. Wenn die EU nicht wolle, dass China oder Russland über bestimmte Waffen oder Verschlüsselungstechniken verfügten, sollte sie ihren Unternehmen nicht erlauben, Fertigungsanlagen in diesen Ländern zu bauen.

Ein solcher Schritt sei "eigentlich eine notwendige Ergänzung zur Exportkontrolle", erläuterte Wolff gegenüber Playbook. Es sei inkonsequent, die Ausfuhr eines Gutes zu beschränken, aber dessen gesamte Produktion dann vor Ort ablaufen zu lassen. In Deutschland, Frankreich und anderen Ländern herrsche zwar große Skepsis gegenüber der Überprüfung von Auslandsinvestitionen, die EU müsse hier aber konsequent bleiben. Die Verfasser drängen die EU laut dem Bericht dazu, pragmatische Gewohnheiten zu entwickeln, um sich in einer immer feindseliger werdenden Welt zurechtzufinden. Dazu gehörten regelmäßige Stresstests zur Identifizierung von Schwachstellen, die Einrichtung eines Europäischen Wirtschaftssicherheitsausschusses zur Koordinierung von Entscheidungen und ein datengesteuerter Ansatz, um etwa Abhängigkeiten von kritischen Rohstoffen und Energie rasch zu erkennen.

(bme)