Wettbewerb: EU will Firmen Hightech-Produktion in China untersagen können

Der Abfluss von Investitionen etwa für KI, Supercomputer und Chips aus der EU soll laut einer neuen ökonomischen Sicherheitsstrategie gesteuert werden können.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 42 Kommentare lesen

(Bild: Mikhail Mishchenko/Shutterstock.com)

Lesezeit: 3 Min.

Die Herstellung von sensiblen Technologien wie Halbleiter, Quantencomputer und andere Hochleistungsrechner, Biotechnologie, Instrumente zum Klimaschutz und für erneuerbare Energien oder kritische Rohstoffe durch europäische Unternehmen im Ausland soll künftig strenger reguliert werden. In einzelnen Ländern wie China und Russland, die in der EU als "systemische Rivalen" gelten oder mit Sanktionen belegt sind, könnte eine Produktion per Outsourcing ganz verboten werden. Dies geht aus der ersten europäischen ökonomischen Sicherheitsstrategie hervor, den die EU-Kommission und der Beauftragte der Gemeinschaft für Außen- und Sicherheitspolitik, Josep Borrell, am Dienstag veröffentlicht haben.

Ziel der gemeinsamen Mitteilung ist es, Risiken zu minimieren, "die sich aus bestimmten Wirtschaftsströmen vor dem Hintergrund erhöhter geopolitischer Spannungen und beschleunigter technologischer Veränderungen ergeben". Dabei soll gleichzeitig "ein Höchstmaß an wirtschaftlicher Offenheit und Dynamik" gewahrt bleiben. "Im heutigen harten Wettbewerb um die Technologien, die wir am meisten brauchen, muss Europa eine aktive Rolle spielen", erklärte die für Digitales zuständige Kommissionsvizepräsidentin Margrethe Vestager bei der Präsentation des 15-seitigen Papiers. Es gelte, "Risiken unserer wirtschaftlichen gegenseitigen Abhängigkeiten" etwa in Lieferketten, bei kritischen Infrastrukturen sowie Gefahren von Technologieabfluss und wirtschaftlichem Zwang zu verringern – statt sich völlig zu entkoppeln. Nur so lasse sich "unsere führende Position im globalen Technologiewettlauf" behaupten.

Die Strategie sei "länderneutral", hob Vestager hervor. "Allerdings werden wir bei der Einschätzung der Risiken einen geopolitischen Filter verwenden." Die identifizierten Risiken "spiegeln das Verhalten wider, das wir in Drittländern beobachten". Es sei kein Geheimnis, "dass Russland unsere Bedenken hinsichtlich der Energiesicherheit ausgelöst hat". Ebenso habe Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU) im März schon betont, dass es mit Blick auf China "besondere Bedenken" hinsichtlich der Technologiesicherheit und des -abflusses gebe.

In der EU existiert bereits eine Verordnung zum Export von Gütern, Stoffen, Software und anderen Technologien, die sowohl militärisch als auch zivil genutzt werden können (Dual Use). Dazu zählen laut dem Dokument Quantencomputer, fortgeschrittene Chips und Künstliche Intelligenz (KI). Die Kommission will die damit verknüpften Ausfuhrkontrollen künftig schärfer durchsetzen und spätestens bis zum Jahresende einen Vorschlag machen, um "die Effektivität und Effizienz des bestehenden Rahmenwerks zu verbessern". Zusammen mit einer neuen Expertengruppe der Mitgliedsstaaten schwebt der Brüsseler Regierungsinstitution dabei auch vor, "mögliche Maßnahmen zur Bewältigung von Sicherheitsrisiken im Zusammenhang mit Auslandsinvestitionen" auszuloten.

Schon bis September soll eine längere Liste von Technologien stehen, die für die wirtschaftliche Sicherheit von entscheidender Bedeutung sind. Dazu kommen dem Plan nach stärkere Kontrollen, ob ausländische Unternehmen kritische Betriebe oder Infrastruktur in der EU aufkaufen dürfen. Eigentlich ist die nationale Sicherheit Sache der Mitgliedsstaaten. Viele dürften sich ihre Kompetenzen in diesem Bereich nicht einfach wegnehmen lassen wollen. Vestager gab daher zu bedenken: "Wenn wir nicht gemeinsam handeln, sind wir ein Spielplatz. Wenn wir gemeinsam handeln, sind wir ein Akteur." Wirtschaftliche Abhängigkeiten dürften von Drittländern nicht länger "als Waffe genutzt" werden können: "Wir müssen unsere Daten und unsere Technologie schützen." Die Kommission habe daher vorige Woche auch spezifischere Maßnahmen gegenüber Huawei und ZTE ergriffen.

(mki)