Wichtige ARM-Kunden gründen RISC-V-Allianz in Deutschland

Kurz vor dem Börsengang des CPU-Entwicklers ARM gründen fünf namhafte Lizenznehmer eine Allianz, die RISC-V-Chips zunächst für Autos voranbringen soll.

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RISC-V-Logo

(Bild: raigvi / Shutterstock)

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Seit vielen Jahren loten ARM-Lizenznehmer wie Qualcomm, Infineon, NXP und Bosch das Potenzial der offengelegten RISC-V-Befehlssatzarchitektur aus. Nun gründen die genannten Firmen gemeinsam mit Nordic Semiconductor ein noch unbenanntes gemeinsames Unternehmen in Deutschland, das die Verbreitung von RISC-V-Prozessoren zunächst vor allem für Anwendungen in Fahrzeugen (Automotive) beschleunigen soll.

Der Zeitpunkt der Ankündigung des Vorhabens dürfte kein Zufall sein, denn laut Spekulationen plant ARM im kommenden Monat September den Börsengang und erhofft rund 60 Milliarden US-Dollar Marktwert. 2017 hat der japanische Konzern SoftBank ARM für rund 30 Milliarden US-Dollar gekauft.

Derzeit führt ARM gegen seinen wichtigen Kunden Qualcomm einen Rechtsstreit um Lizenzbedingungen. Qualcomm gehört zu den größten Entwicklern von Prozessoren für Smartphones sowie für Auto-Infotainment beziehungsweise Fahrassistenzsysteme (ADAS). Die Gründung der neuen RISC-V-Firma in Deutschland setzt daher ein deutliches Signal gegen ARM.

Logos der fünf Gründungsmitglieder des neuen europäischen RISC-V-Unternehmens.

(Bild: Infineon)

Bosch und Infineon verkaufen bisher noch keine Chips mit RISC-V-Kernen, arbeiten jedoch in RISC-V-Entwicklungsprojekten wie Scale4Edge mit. NXP hat bereits den RISC-V-"Versuchsballon" RV32M1 auf dem Markt. Renesas als einer der führenden Automotive-Chiphersteller hat bereits mehrere RISC-V-Chips im Angebot.

Ursprünglich wollte SoftBank den britischen CPU-Entwickler ARM an Nvidia verkaufen, doch der Deal scheiterte, und zwar im Wesentlichen, weil wichtige ARM-Kunden dagegen waren. ARM wiederum befindet sich in einer schwierigen Phase: Das Unternehmen ist einerseits erfolgreich, sucht andererseits aber derzeit nach Konzepten für weiteres Wachstum, um die hohen Entwicklungskosten zu finanzieren.

So wurde durch den Rechtsstreit mit Qualcomm etwa bekannt, dass ARM mehr Lizenzgebühren einnehmen will, indem außer Chipentwicklern wie Qualcomm auch deren Kunden zahlen sollen, etwa die Hersteller von Smartphones und Auto-Elektronik. Außerdem könnte ARM mit dem Geld aus dem Börsengang laut Spekulationen eine eigene Hardware-Entwicklungssparte aufbauen, deren Chips in Konkurrenz zu den Produkten der Lizenznehmer treten würden.

Bisher kommen RISC-V-Kerne vor allem als 32-Bit-Antrieb in Mikrocontrollern oder als eingebettete Controller in anderen Chips zum Einsatz. Linux-taugliche 64-Bit-RISC-V-SoCs mit der Mindestspezifikation RV64GC gibt es erst wenige. Unter dem Dach der Linux Foundation Europe wurde aber bereits die Initiative "RISC-V Software Ecosystem" (RISE) gegründet, um das Software-Ökosystem für RISC-V-Chips zu fördern.

Einige größere Linux-Distributionen unterstützen die bisher noch wenigen bezahlbaren RV64GC-Plattformen wie den StarFive VisionFive 2. Die EU fördert wiederum mehrere RISC-V-Entwicklungsprojekte, darunter die European Processor Initiative (EPI), an der auch Autohersteller beteiligt sind.

Für viele Automotive-Anwendungen ist es essenziell, dass sich RISC-V-Chips nach einschlägigen Spezifikationen wie ASIL-D für funktionale Sicherheit zertifizieren lassen.

Auch die Automotive-Chiphersteller STMicroelectronics (STMicro) und Texas Instruments (TI) sind ARM-Lizenznehmer und strategische Mitglieder der RISC-V-Foundation, zeigen aber bisher öffentlich keine RISC-V-Aktivitäten. Der chinesische Hersteller Gigadevice, der STM32-ähnliche Mikrocontroller liefert, offeriert schon länger auch RISC-V-Varianten.

(ciw)