Wien verliert zweiten E-Scooter-Betreiber im selben Monat

Saftige Strafen für falsches Abstellen von E-Scootern und die behördliche Räumung eines illegalen Lagers reduzieren in Wien das Angebot.​

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Blau gekleidete Person fährt Tretroller

(Bild: Daniel AJ Sokolov)

Lesezeit: 3 Min.

Statt einst neun Flotten von E-Scootern hat Wien nur noch zwei. Vor zwei Wochen hat die Stadt Wien ein illegales Lager von E-Scootern ausgehoben, was den Anbieter Bird schwer getroffen hat. Nun sind auch die elektrischen Tretroller des Mitbewerbers Link (Superpedestrian) von den Straßen der Donaustadt verschwunden.

Das berichtet die Tageszeitung Der Standard. Die Apps der beiden Anbieter zeigen keine Roller zur Miete an. Erklärungen dazu geben weder Link noch Bird. Dessen amerikanisches Mutterunternehmen Bird Global musste im Dezember Insolvenz anmelden, ein Sanierungsverfahren läuft. Damit sind in Wien nur noch Lime und Voi tätig.

Dabei wollte die Stadt Wien mit einem Konzessionssystem eigentlich Stabilität in den Markt für Mietscooter bringen. Vier Konzessionen wurden zum 1. Juli 2023 vergeben; der Berliner Anbieter Tier erhielt keine Konzession und musste sich aus Wien zurückziehen, weitere Mitbewerben hatten schon zuvor die Segel gestrichen. Außerdem erließ Wien vergangenes Jahr strenge Vorschriften: Die Tretroller dürfen nur noch in Parkspuren, an Fahrradbügeln oder auf speziell markierten Flächen abgestellt werden. Es gibt komplette Sperrzonen und reduzierte Tempolimits in bestimmten Bereichen. Hinzu kommen für jeden der E-Scooter eine Nummerntafel und dauerhafte GPS-Überwachung. Zur Abendzeit müssen Mieter Reaktionstests bestehen, was etwaige Alkoholisierung erkennen soll. Motto: "Nur schön langsam voran, dass kein Unglück geschieht", wie es in einem alten Wienerlied heißt.

Das Parkverbot am Gehsteig wird seit 1. Juni von jener Truppe kontrolliert, die auch die flächendeckenden Parkgebühren für mehrspurige KFZ durchsetzt: die Wiener Parkraumüberwachung. Und die ist eifrig. Wie Der Standard erheben konnte, hat die Parkraumüberwachung von Anfang Juni 2023 bis Ende Jänner 2024 nicht weniger als 36.000 Strafen für falsch abgestellte E-Scooter ausgestellt.

Das ist mehr als ein Strafmandat alle zehn Minuten. Zunächst kostete jede Strafe 25 Euro, dann verdoppelte die Stadt auf 50 Euro. Anbieter Voi hat gegenüber der Zeitung angegeben, dass jede dritte Strafe nicht auf Fehlverhalten eines Kunden, sondern eines Autofahrers, zurückgeht. Autofahrer ärgern sich bisweilen, dass ein Tretroller in der Parkspur steht, und heben ihn auf den Gehsteig. Dabei soll der elektrische Roller ausdrücklich in der Parkspur parken. Denn andere für E-Scooter ausgewiesene Fläche sind rar, insbesondere in den Außenbezirken der Zwei-Millionen-Stadt.

Solche Strafen können die Betreiber zwar bekämpfen, was jedoch ein Aufwand ist, der ebenfalls Kosten verursacht. Die übrigen Strafen können sie versuchen, bei den eigenen Falschpark-Kunden einzutreiben. Lime versucht daher, die Stadtverwaltung dazu zu bewegen, mehr Abstellflächen bereitzustellen.

(ds)