Wunsch nach Internet soll Ölkatastrophe in Mauritius ausgelöst haben

Seite 2: Seefahrer beklagen Mangel an Internet

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Fehlender oder mangelhafter Internetzugang an Bord ist seit Jahren eine schwere Belastung für Seefahrer. Verbände und Gewerkschaften fordern schon lange kostenlosen Internetzugang und Satellitentelefonate für Matrosen an Bord.

Da die Coronavirus-Pandemie mehr als 400.000 Seeleute seit bald einem Jahr daran hindert, nach Hause zu kommen, ist die Situation dramatisch wie nie. Das International Seafarers' Welfare and Assistance Network fordert 2 Gigabyte Daten gebührenfrei für jeden Seefahrer pro Monat, die mit eigenen Geräten und ohne Mithörer auch für Voice-over-IP genutzt werden können, verbunden mit Schulungen in IT-Sicherheit und dem Gebrauch Sozialer Netzwerke.

Der japanische Betreiber der MV Wakashio, die Mitsui O.S.K. Lines, gewährt nach eigenen Angaben auf seinen Schiffen sogar unbegrenzt Internetzugang. Mitsui O.S.K. Lines ist eine der größten Reedereien der Welt. Allerdings stand die Wakashio im Eigentum einer anderen Firma, die zum Firmengruppe Nagashiki Shipping gehört. Und tatsächlich haben mehrere Besatzungsmitglieder ausgesagt, vor der Südküste Mauritius' mit ihren Handys nach einem Mobilfunksignal gesucht zu haben.

Die Aussagen vor dem Tribunal darüber, wer an Bord wann welchen Routenbefehl gegeben hat, gehen auseinander. Der Kapitän gibt zu, bei einer Geburtstagsfeier an dem Tag Alkohol konsumiert zu haben – aber außerhalb seiner Dienstzeit. Dennoch habe er gemerkt, dass das Schiff zu nahe an Land war, und eine Kurskorrektur befohlen. Danach habe er sich nicht mehr in die Arbeit der diensthabenden Offiziere eingemischt.

Mauritius 2 (14 Bilder)

Friedliches Miteinander

Mauritius zeichnet sich durch friedliches Miteinander von Hindus, Moslems, Christen, Budhhisten und anderen aus. Das Bild zeigt einen hinduistischen Tempel in der Hauptstadt Port Louis. Zu Kirchen und Moscheen hat man es nicht weit.
(Bild: Daniel AJ Sokolov)

Bei dem Unfall kam zunächst Wasser in den Maschinenraum. Das dabei entstandene Wasser-Öl-Gemisch wurde nicht abgepumpt – laut Aussage des Cheftechnikers um Umweltverschmutzung zu vermeiden. Der Ballast konnte hingegen nicht abgelassen werden: Die Ventile ließen sich aufgrund eines Kurzschlusses nicht öffnen.

Die Behörden der im indischen Ozean gelegenen Republik Mauritius waren auf einen Ölunfall nicht vorbereitet. Erst zwölf Tage nachdem das Schiff auf das Riff aufgelaufen war, kam die Küstenwache an Bord – das könnte an Coronavirus-Quarantänebestimmungen gelegen haben.

Zunächst gab es offenbar auch keine großen Bedenken. Die Tanks waren leer und das Schiff wirkte strukturell intakt. Am 31. Juli trafen Bergungsexperten des niederländischen Unternehmens SMIT Salvage bei dem gestrandeten Tanker ein. Zu der Zeit wies die Wakashio noch keine Risse auf. Der hintere Teil des Schiffes schwomm im Wasser, die Mitte saß auf dem Riff. Wellengang hatte das Ruder beschädigt.

Am 2. August begann sich das Deck zu wölben. Spätestens ab 4. August gab es an Bord keinen Strom mehr. Am Morgen des 5. August verließ der Kapitän das Schiff – der genaue Grund geht aus den verfügbaren Informationen nicht hervor. Der Mann könnte abgelöst worden sein, oder ohne Strom sowieso nichts auszurichten gehabt haben. Am 6. August pumpten die Bergungsexperten Wasser in einen 23.000 Kubikmeter fassenden Tank der Wakashio. Das war offenbar ein Versuch, das Schiff vom Riff loszueisen.

Doch noch an diesem 6. August begann Schweröl aus dem 1183 Kubikmeter fassenden Tank für den Dieselantrieb des Schiffes auszutreten. Das Tribunal soll unter anderem klären, ob das mit der Wasserbefüllung zusammenhängt. Der ausgetretene Treibstoff breitete sich über mehr als zwei dutzend Quadratkilometer aus und hat die größte Umweltkatastrophe der Geschichte Mauritius' ausgelöst. Ein Umweltschutzgebiet und mehrere Strände und Lagunen sind verseucht. Dutzende tote Delphine und Wale wurden an Strände gespült, was jedoch auch ohne Öl schon vorgekommen ist. Ein Zusammenhang wird untersucht.