Zahlen, bitte! 86325 Orbits: die Mir, der erste große Außenposten im All

Seite 2: Umzug von Raumstation zur Raumstation

Inhaltsverzeichnis

Eine Besonderheit bot die erste Mir-Mission, die am 13. März 1986 ins All flog: Die Saljut-7-Raumstation war noch im Orbit. Die Sojus-T-15-Besatzung, bestehend aus den Kosmonauten Leonid Kisim und Wladimir Solowjow, sollte also nicht nur die Mir in Betrieb nehmen, sondern auch die alte Raumstation anfliegen, sie warten und einige wissenschaftliche Instrumente zur Mir bringen. Eine Art Umzug im Weltraum von der einen Raumstation zu der anderen. Bis heute einmalig.

Insgesamt führten 96 Kosmonauten über 16500 wissenschaftliche Experimente durch. Vor allem die Erkenntnisse über die Veränderungen der körperlichen Physiologie der Kosmonauten war für zukünftige langwierige Weltraummissionen von unschätzbarem Wert. Rekordhalter für die längste Zeit im All ist Waleri W. Poljakow, der insgesamt 679 Tage an Bord verbrachte, davon 438 Tage durchgehend in einer Mission.

Mit Klaus-Dietrich Flade (Mir 92), Ulf Merbold (Euromir 94), Thomas Reiter (Euromir 95) und Reinhold Ewald (Mir 97) waren auch vier Deutsche auf der Station. Reiter schafte dabei als einer der wenigen Astronauten, sowohl auf der Mir als auch auf der internationalen Raumstation ISS zu arbeiten. Eine Leistung, die von deutscher Seite nur noch die Maus schaffte (mit Klaus-Dietrich Flade auf der Mir und mit Alexander Gerst auf der ISS).

Klau-Dietrich Flade auf der Mir während der Mir92-Mission, mit der Maus aus "Sendung mit der Maus" als Passagier.

(Bild: CC-BY 3.0 , DLR)

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Insbesondere ab Mitte der 1990er wurde der Betrieb der Station heikel. Zum einen hatte sie längst die geplante Einsatzdauer überschritten, zum anderen zerfielen mit dem Niedergang der Sowjetunion die Raumfahrt- und Finanzstrukturen. Ohne den Einstieg der Amerikaner und deren Finanzmittel von hunderten Millionen Dollar hätte die Raumstation womöglich schon früher aufgegeben werden müssen.

Mit Blick auf die Entwicklung der ISS, in der Zeit noch "Station Alpha" benannt, war das Engagement aber jeden Dollar wert. Die Amerikaner hatten bis auf das Skylab-Programm, welches damals schon wieder 20 Jahre her war, kaum Langzeiterfahrungen, weil das Space Shuttle höchstens zwei Wochen im All bleiben konnte. Durch den Einstieg der Russen in die Entwicklung einer internationalen Raumstation floss nicht nur unschätzbares Know-how in die Entstehung ein; mit den Erkenntnissen, die Sowjets, Amerikaner und andere Nationen auf der Mir erwarben, konnten viele Designfehler bereits in den Planungen der nächsten Generation vermieden werden, die beim Bau der Mir noch nicht voraussehbar waren.

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Und grade durch die größeren Pannen lernte man enorm. "Es gibt zwei Dinge, die jeder Raumfahrer fürchtet. Das eine ist eine Leckstelle, das andere ist ein Feuer an Bord. In dieser Saison hatten wir beides", bereichtete Reinhold Ewald 1997, nachdem er am eigenem Leib ein Feuer eines defekten Sauerstoffgenerators erlebt hatte.

Insgesamt wurden von verschiedenen Quellen 1600 Pannen gezählt, von einer defekten Toilette bis hin zum Zusammenstoß mit einem Progress-Transporter bei einem verunglücktem Anflug. Dieser Unfall beschädigte das Spektr-Modul enorm, demolierte einen Teil der Solarzellen und führte fast zur Aufgabe der Station. Durch den beherzten Einsatz der Crew konnte zunächst Spektr abgeschottet und mit der nächsten Mannschaft das Modul durch den ersten Reparatureinsatz auf einer Raumstation wieder teilweise repariert werden.

Der Weg zur Raumstation ISS in Bildern (10 Bilder)

Erstmaliger detaillierter Entwurf einer permanenten Station von 1929: die rotierende, radförmige Raumstation, entworfen durch den österreichisch-kroatischen Raumfahrtpionier Herman Potočnik.

Neben den technischen Details lernten die amerikanischen Missionsplaner auch, dass man den Aufenthalt der Besatzungen auf einer Raumstation nicht minutiös durchplanen kann, wie es noch im Space Shuttle üblich war. Und der russische Ansatz, dass die Stationsinsassen viele große und kleine Probleme auf eigene Faust und nicht immer den Vorschriften entsprechend lösten, überraschte die Amerikaner.

Zwar gab es Pläne, die Mir noch als Weltraumhotel zu verwenden, aber sie zerschlugen sich aus Kostengründen. Am 4. April 2000 flog eine letzte Besatzung zur Mir. Und vor genau 20 Jahren, am 23. März 2001, stürzte die Mir südöstlich der Fidschi-Insel kontrolliert in den pazifischen Ozean. Ein Stück Mir-Entwicklung ist aber auf der ISS zu finden: Das Modul Swesda ist eine modifizierte Version des Mir-Basismoduls.

(mawi)