Europaweite Kampagne gegen Überwachungspläne im EU-Telecom-Paket

Bürgerrechtler und Blogger rufen zu Protesten gegen jüngste Änderungsanträge zur geplanten Novelle des EU-Gesetzespakets zur Regulierung des Telekommunikationsmarktes auf.

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Bürgerrechtler und Blogger rufen zu Protesten gegen jüngste Änderungsanträge zur geplanten Novelle des EU-Gesetzespakets zur Regulierung des Telekommunikationsmarktes auf. In den umstrittenen Vorschlägen konservativer Abgeordneter geht es vor allem um die Einführung einer Regelung, wonach Internetzugänge bei wiederholten Urheberrechtsverletzungen gekappt werden sollen ("Three-Strikes"-Bestimmung). Generell soll die Nutzung illegaler Inhalte durch ein staatlich lizenziertes Überwachungssystem verhindert werden. Die Änderungsanträge würden aber noch weit darüber hinausgehen, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung der Bürgerrechtsorganisationen La Quadrature du Net aus Frankreich und der britischen Open Rights Group mit dem Blog netzpolitik.org. Es würde auch das Prinzip der Freiheit und Offenheit des Internet in Form der Netzneutralität gefährdet.

Europäische Internetnutzer könnten mit den Vorschlägen verpflichtet werden, Spyware auf ihren Rechnern zu installieren, warnen die Aktivisten. So könnten die Surfer von der legalen Nutzung des Kommunikationsmediums abgehalten werden – "im scheinbaren Interesse ihrer Sicherheit". Das Recht, freie Software für den Internetzugang zu verwenden, sei so nicht mehr aufrecht zu erhalten. Die Netzneutralität würde direkt angegriffen. Zugleich sei für die Provider und andere technische Mittlerinstanzen die Verpflichtung vorgesehen, Möglichkeiten zur vorbeugenden Kontrolle für Inhalte und somit für Zensur zu schaffen. Durch weitere Änderungen könnten Verwaltungsbehörden Zugangsanbieter de facto zu Hilfspolizisten der Verwerterindustrie machen, die über sie einschüchternde Nachrichten an die Nutzer ohne gerichtliche Aufsicht schicken dürfte.

"Die Politiker, die sich an diesen Sommermanövern beteiligen, zeigen ihre Missachtung für Europa und ihr Mandat", wettert Netzpolitik-Blogger Markus Beckedahl. "Sie vertrauen darauf, dass eine Woche vor der Sommerpause schon niemand hinschauen wird, wenn sie das Telekommunikations-Gesetzespaket von seinem ursprünglichen Ziel Konsumentenschutz abbringen. Sie pflastern den Weg für Überwachung und Filterung des Internets durch Privatfirmen, Sondergerichte und technische Maßnahmen Orwellscher Ausmaße." Dies sei sowohl für die Freiheitsrechte als auch für die wirtschaftliche Entwicklung Europas inakzeptabel. Die EU-Abgeordneten erinnerte Beckedahl daran, dass sie im Frühjahr erst Vorstöße für die Zensur und das Filtern von Netzzugängen entschieden abgelehnt hätten.

Die Internetnutzer rufen die Bürgerrechtler auf, sich noch im Lauf der Woche vor den entscheidenden Ausschussabstimmungen am Montag an ihre Volksvertreter in Brüssel zu wenden und sie auf die verheerenden "Torpedo-Ergänzungen" hinzuweisen. Sie haben dazu eine Wiki-Seite eingerichtet mit ganz konkreten Anleitungen auf Deutsch, Englisch und Französisch, wie konkret welche Abgeordnete per E-Mail und Telefon kontaktiert werden sollten. Die Hinweise reichen bis hin zu detaillierten Gesprächsvorgaben für Anrufe. Ziel ist es den Parlamentariern nahe zu legen, gegen die Änderungsanträge zu votieren. (Stefan Krempl) / (vbr)