FDP kann den Bayerntrojaner nicht stoppen

Verdeckte Online-Durchsuchungen sollen auch unter der jetzt stehenden schwarz-gelben Koalition in Bayern weiter erlaubt sein, das heimliche Betreten von Wohnungen für die Installation der Überwachungssoftware haben die Liberalen aber gekippt.

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Die Verhandlungsgruppen von CSU und FDP in Bayern haben sich am gestrigen Freitag nach langwierigen Debatten auf eine gemeinsame Koalition geeinigt. Knapp vier Wochen nach der Schlappe bei der Landtagswahl für die bisher allein regierende CSU zeigte sich der designierte CSU-Chef und künftige Ministerpräsident Horst Seehofer am Abend "sehr zufrieden" mit der ausgearbeiteten Koalitionsvereinbarung. Auch Bayerns FDP-Chefin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger strahlte: "Die FDP findet sich in diesem Koalitionsvertrag sehr gut wieder." Es sei gelungen, eine liberale Handschrift hineinzubringen. Bei einem der bis zuletzt am heftigsten umstrittenen Punkte, der Neufassung heimlicher Online-Durchsuchungen im bayerischen Polizei- und Verfassungsschutzgesetz, dürfte bei den Liberalen angesichts des ausgehandelten Textes aber ein fahler Beigeschmack bestehen bleiben.

Den gesamten 71-seitigen Koalitionsvertrag halten die Partner noch unter Verschluss. Nach außen gedrungen ist bereits, dass der Bayerntrojaner prinzipiell weiter Polizei und Staatschützern zur Verfügung stehen soll. Kippen konnte die FDP aber die besonders umkämpfte Klausel, wonach Ermittler und Geheimdienstmitarbeiter in Bayern die benötigte Spionagesoftware nach dem heimlichen Eindringen in Wohnungen Verdächtiger direkt auf deren Rechnern installieren dürfen. Unklar ist, ob die Liberalen auch die Manipulationsmöglichkeiten von Dateien und Systemeinstellungen auf einem informationstechnischen System im Rahmen eines Zugriffs mit einem Bayerntrojaner streichen konnten. Allgemein ist bei der FDP von einer gelungenen Aufweichung der Regelung zu heimlichen Online-Razzien die Rede. Für sich reklamieren die Liberalen auch geplante Nachbesserungen beim strikten Versammlungsrecht im Freistaat, das die CSU vor der Wahl noch durchgeboxt hatte.

Trotz des Kompromisses kritisierte der amtierende bayerische Innenminister Joachim Herrmann postwendend gefährliche Einschränkungen beim heimlichen Zugriff auf IT-Systeme. Das Verbot, zur Installation von Schnüffelprogrammen die Wohnungen von Verdächtigen zu betreten, wertete der CSU-Politiker als "Rückschritt im Kampf gegen den internationalen Terrorismus". Dadurch werde die Arbeit des Landeskriminalamts und des Verfassungsschutzes "unnötig erschwert". Der Minister beteuerte einmal mehr, dass die ursprüngliche Regelung keine Gefahr für private Daten von Nichtbetroffenen dargestellt habe. Er zeigte sich aber erleichtert, dass verdeckte Online-Durchsuchungen "immerhin auch weiterhin mittels Fernzugriff möglich bleiben". Herrmann lobte zugleich, dass die FDP die Einstellung von über 1000 zusätzlichen Polizisten bis 2010 durchgesetzt habe. "Das trägt dazu bei, dass wir die Polizeipräsenz weiter erhöhen können und damit unser hohes Sicherheitsniveau für unsere Bürger ausbauen."

Die Liberalen hatten im Wahlkampf mit Slogans wie "Die CSU will alles kennen – auch den Inhalt Ihrer Festplatte" ihre Kampagne "Freistaat statt Überwachungsstaat" gefahren und unter anderem damit in der Wählergunst rapide von 2,8 auf acht Prozent der Stimmen zugelegt. Die Erwartungen an eine neue Ausgestaltung der Innenpolitik waren bei den FDP-Unterstützern somit besonders hoch. Im Bund vertreten die Liberalen in der Opposition seit langem ein "Nein" zur bevorstehenden Lizenz zu heimlichen Online-Durchsuchungen für das Bundeskriminalamt (BKA), wie sie im Regierungsentwurf für die Novelle des BKA-Gesetzes vorgesehen ist. Leutheusser-Schnarrenberger will auch weiter in der Bundespolitik als Abgeordnete im Bundestag aktiv bleiben. Sie war zuvor als mögliche Justizministerin in Bayern gehandelt worden. Die FDP wird nun aber in der künftigen bayerischen Staatsregierung das Wirtschafts- und das Wissenschaftsministerium führen.

Siehe dazu auch:

Zu den Auseinandersetzungen um die Terrorismus-Bekämpfung, die erweiterte Anti-Terror-Gesetzgebung, die Anti-Terror-Datei sowie die Online-Durchsuchung siehe auch:

(Stefan Krempl) / (jk)