IT-Gipfelprozess soll fortgesetzt werden
Der nationale IT-Gipfel gilt als "Baby" von Bundeskanzlerin Angela Merkel, doch zumindest im kommenden Bundestagswahljahr will der Branchenverband Bitkom in die Bresche springen und eine ähnliche Veranstaltung organisieren.
Politik und Wirtschaft waren sich am Ende des dritten nationalen IT-Gipfels in Darmstadt am heutigen Donnerstag einig, dass die angestoßenen Arbeitsprozesse zur Stärkung des Standort Deutschlands durch die Informations- und Kommunikationstechnologien fortgesetzt werden sollen.
Die Idee eines übergreifenden Spitzengesprächs zum Einsatz von IT hierzulande wird Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zugeschrieben. Die Kontinuität der Veranstaltung droht damit durch die anstehende Bundestagswahl im Herbst 2009 zu enden. Der Präsident des Branchenverbands Bitkom kündigte in Darmstadt aber nun an, "im nächsten Jahr einzuspringen" und gemeinsam mit anderen Interessierten ein ähnliches Gipfeltreffen durchzuführen.
Merkel selbst betonte, dass die eigentliche Arbeit generell in einzelnen Gruppen kontinuierlich stattgefunden habe und weiterlaufen werde. Dabei sei die CeBIT jeweils eine gute Gelegenheit für Zwischenresümees gewesen. Insgesamt sei "viel Leidenschaft, viel Herzblut und Engagement" in den Gipfelprozess geflossen. Als diesjährige Schwerpunkte nannte sie erwartungsgemäß die grüne Informationstechnologie, wobei die Branche selbst zunächst ihren Energieverbrauch deutlich zurückfahren müsse.
In der "Darmstädter Erklärung" (PDF-Datei), die quasi das Arbeitsprogramm des diesjährigen Gipfels umreißt, wird ein Aktionsplan "Green IT" abgesteckt. Demnach hat sich die Bundesregierung das konkrete Ziel gesetzt, bis 2013 den durch den IT-Betrieb verursachten Energieverbrauch um 40 Prozent zu reduzieren. Dazu kämen Selbstverpflichtungen von zahlreichen IT-Firmen. Um Deutschland als "Green IT-Pionier" aufzustellen, will die Regierung ferner in den kommenden Jahren Programme und Projekte in diesem Bereich mit über 400 Millionen Euro unterstützen und ein "nationales Kompetenznetzwerk" ins Leben rufen.
Neben dem Ausbau von Netzinfrastrukturen und dem Aufbau eines "Internet der Dinge" mit Technologien wie RFID nebst der Einführung des nächsten Internetprotokolls IPv6 nennt die Abschlussdeklaration eine effizientere und transparentere Gestaltung von Staat und Gesundheitswesen als Ziele. Im Bereich E-Government soll dazu die einheitliche Behördennummer 115 nach langen Verzögerungen in Modellregionen wie Hessen einen zweijährigen Pilotbetrieb starten.
Als "Vertrauensmaßnahme" wird die Weiterentwicklung des Datenschutzes genannt, wozu die Einführung eines freiwilligen Datenschutzaudits oder das Projekt De-Mail beitragen sollen. Für das "Bürgerportalgesetz", das die rechtsverbindliche und verschlüsselte E-Post möglich machen soll, hat das Bundesinnenministerium zugleich eine öffentliche, bis zum 12. Dezember anberaumte Online-Konsultation gestartet.
Die medienpolitische Sprecherin der grünen Bundestagsfraktion, Grietje Staffelt, kritisierte, dass auf dem Gipfel "wieder einmal nur heiße Luft" produziert worden sei. "Green IT" etwa müsse nicht nur den Stromverbrauch umfassen. Vielmehr sei endlich die Frage der umwelt- undressourcenschonenden sowie menschenwürdigen Herstellung geklärt werden. Für die Entsorgung des milliardenfachen Elektroschrotts müssten handfeste Konzepte her. Beim Breitbandausbau fehle nach wie vor ein "schlüssiges Gesamtkonzept".
Zum dritten IT-Gipfel 2008 siehe auch:
- "Digitale Dividende" fĂĽr mobile Breitband-Versorgung
- Mit Investitionen gegen die Krise
- VertrauenswĂĽrdige De-Mail von Innenministerium und Telekom
- Datenschutz, Breitband und "Green IT" auf dem IT-Gipfel 2008
- Branche formuliert Verbraucherschutz-Leitlinien
- Bitkom: "Die Zeit fĂĽr Bescheidenheit ist vorbei"
- Bundesregierung verteidigt Projekt fĂĽr sichere BĂĽrger-E-Mail
- Theseus soll dem Arzt helfen
Siehe zum zweiten IT-Gipfel der Bundesregierung im Jahr 2007:
- IT-Beauftragter der Bundesregierung tritt Dienst an
- IT-Gipfel: Erfolg mit Schönheitsfehlern
- Zypries will einheitliche IT-Standards per Verfassung verordnen
- Von IT-Gipfel zu IT-Gipfel: "Unsere Bilanz kann sich sehen lassen"
- Schäuble: "Jedes politische Großprojekt ist inzwischen immer auch ein IT-Projekt"
- Fachkräftemangel: Bundeswirtschaftsminister fordert von Firmen mehr Ausbildung
- Lob und Tadel fĂĽr den so genannten "Bundes-CIO"
- Ein "Bundes-CIO" solls tatsächlich (fast) werden ...
- Ein "Bundes-CIO" soll es schon sein
- IT-Gipfel sucht den Weg in die Champions League
- Zweiter IT-Gipfel der Bundesregierung findet in Hannover statt
- IT-Gipfel per Weblog
- Zweiter Nationaler IT-Gipfel, Website zu der Veranstaltung
- Gipfelblog des Hasso-Plattner-Instituts
- Zweiter Nationaler IT-Gipfel 2007 – Hannoversche Erklärung, Dokument zu den Erörterungen und Ergebnissen des 2. IT-Gipfels
Zum ersten IT-Gipfel im Jahr 2006 siehe:
- IT-Gipfel der Bundesregierung erntet kaum gute Noten
- Leuchtturmprojekte, Wachstumsfelder und gute Vorsätze
- Quaero heiĂźt jetzt Theseus
- "Deutschland muss Hightech-Standort bleiben"
- Milliardenförderung für IT-Branche
- BundesdatenschĂĽtzer kritisiert IT-Gipfel
- Kleine Schnellboote, nicht nur groĂźe Tanker
- Bitkom sieht Biometrie, DRM und SOA als Zukunftfelder der IT-Wirtschaft
- GrĂĽne kritisieren IT-Gipfel der Bundesregierung
- Mehr Offenheit gefordert
- Mehr repräsentieren als diskutieren
- Bundesregierung legt Richtlinien fĂĽr IT-Politik fest
- Merkel will IT-Wirtschaft und Politik vernetzen
- Potsdamer Initiative für den IKT-Standort Deutschland, Abschlusserklärung des "Nationalen IT-Gipfels"
- Erklärung der Bundesregierung zum Abschluss des IT-Gipfels mit Ergebnissen der Arbeitsgruppen
(Stefan Krempl) / (vbr)