Ministerpräsident für Werbeverbot bei ARD und ZDF

Der baden-württembergische Landeschef Günther Oettinger hat den Vorschlag von Springer-Chef Mathias Döpfner aufgegriffen, die Öffentlich-Rechtlichen werbefrei zu halten.

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Der baden-württembergische Ministerpräsident Günther Oettinger hat den Vorschlag von Axel-Springer-Chef Mathias Döpfner aufgegriffen, die öffentlich-rechtlichen Sender werbefrei zu halten und ihnen im Gegenzug den unregulierten Ausbau ihrer Internetaktivitäten zuzugestehen. In einem ersten Schritt sollte "verdeckte Werbung wie Sponsoring" verboten werden, sagte der CDU-Politiker am Montag auf dem Forum Kommunikations- und Medienpolitik (PDF-Datei) des Branchenverbands Bitkom in Berlin. Ausnahmen könnten etwa bei der Übertragung von WM-Endspielen gemacht werden. In zweiter Stufe müsse die Devise heißen, komplett "weg mit der Werbung" bei ARD und ZDF. Zugleich sollten die Öffentlich-Rechtlichen vom Korsett befreit werden, das ihnen die Medienpolitiker der Länder im Blick auf Brüssel mit dem umkämpften 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrag im Oktober auferlegt haben.

In Kauf nehmen müssten die Bundesbürger im Gegenzug laut Oettinger höhere Rundfunkgebühren, da das Gesamtaufkommen der weiterhin für die Grundversorgung der Bevölkerung mit Informationen zuständigen Sender nicht in Frage gestellt werden könne. Dies habe das Bundesverfassungsgericht betont. ARD und ZDF halten von dem Ansatz aber nichts, da den Zuschauern derzeit weitere Gebührensteigerungen nicht zu vermitteln seien. Weiter plädierte der Landeschef für eine Abkehr vom Modell der gerätebezogenen, über die Gebühreneinzugszentrale (GEZ) erhobenen Zahlungen: Das Modell, Notebooks, PCs oder Handys mit Rundfunkgebühren zu belegen, sei international nicht durchsetzbar. Andererseits habe auch der traditionelle Fernseher in Nussbaum mit röhrendem Hirsch obenauf ausgedient. Es spreche daher viel für eine Haushaltsabgabe.

Generell taste sich die Politik noch in einer Gratwanderung zwischen den Vorgaben aus der EU zu Wettbewerbsrecht, Liberalisierung und Deregulierung und dem langjährigen Richterrecht aus Karlsruhe in die neue, digitale Medienwelt hinein, warb Oettinger um Nachsicht für "komplizierte Werke" wie die jüngste Novelle des Rundfunkstaatsvertrags. Mit diesem werde "noch viel Arbeit auf die Gerichte zukommen". Die eingebauten Prüfungen für die Möglichkeiten der Öffentlich-Rechtlichen im Internet seien aber eine gute Handhabe. Er selbst wäre "allergisch", wenn im Internet am Abend etwa angeboten werde bei ARD oder ZDF, "was am nächsten Tag in der Tageszeitung steht". Die gebührenfinanzierten Sender dürften nicht in der digitalen Welt wie im Fernsehen tiefer in die Nachrichtenpräsentation eintauchen und zudem etwa keine Reiseführer im Netz für Länder parat halten, in denen eine Weltmeisterschaft stattfinde.

Unterstützung erhielt Oettinger fast gleichzeitig von EU-Medienkommissarin Viviane Reding in der saarländischen Vertretung der Hauptstadt. "Wer von vornherein rein öffentlich finanziert wird, gerät weniger leicht in Verdacht, durch teilweise kommerzielle Aktivitäten Wettbewerb und Medienvielfalt zu verzerren", erklärte die Luxemburgerin in ihrer Entkräftung (PDF-Datei) von Mythen vom "medienpolitischen Stammtisch". "Ein freiwilliger Verzicht auf Werbung könnte den öffentlichen Mehrwert von ARD und ZDF gerade beim Zuschauer sehr deutlich unterstreichen". Die im neuen Rundfunkstaatsvertrag getroffene Regelungen bezeichnete die Kommissarin als gute Lösung, um die langjährigen Auseinandersetzungen zwischen deutschen Ländern und Brüssel endlich zu beenden. Wettbewerbsneutral sei ferner die Nutzung der durch die Digitalisierung frei werdenden Rundfunkfrequenzen anzugehen. (Stefan Krempl) / (anw)