Schaar: Günstige Gelegenheit für Verbesserung des Arbeitnehmerdatenschutzes
Der Bundesdatenschutzbeauftragte erhofft sich von der derzeitigen Debatte über den Datenschutz in der Wirtschaft auch einen Schub für die von ihm lange geforderte Verabschiedung eines Arbeitnehmerdatenschutzgesetzes.
Der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar erhofft sich von der derzeitigen Diskussion über den Datenschutz in der Wirtschaft auch einen Schub für die von ihm seit Langem geforderte Verabschiedung eines Arbeitnehmerdatenschutzgesetzes. Er appellierte auf der Tagung "Öffentliche Daseinsvorsorge in der Informationsgesellschaft" der Gewerkschaft ver.di in Berlin am heutigen Freitag an die Bundesregierung, "jetzt den Aufschlag zu machen" und einen entsprechenden Gesetzesentwurf vorzulegen. Geregelt werden solle darin, wann Daten über Mitarbeiter offen zu erheben, wofür sie zu verwenden und wann sie zu löschen seien. Generell müsse geklärt werden, inwieweit eine Verarbeitung persönlicher Daten im Betrieb überhaupt durchgeführt werden dürfe. Es müsse Freiräume geben, in denen die Arbeitsweise und -zeit nicht überwacht werde.
Im Lichte der Überwachungsfälle von Angestellten bei Lidl und der Deutschen Telekom im Frühsommer hatten sich alle Fraktionen im Bundestag und das SPD-Präsidium für eine Stärkung des Arbeitnehmerdatenschutzes ausgesprochen. Der Gesetzgeber müsse hier seinem Schutzauftrag "endlich nachkommen", betonte Schaar. Bisher gebe es leider "noch nicht die entsprechenden Aktivitäten bei den Regierenden". Nach den jüngsten Skandalen beim illegalen Handel mit Kundendaten und den Reaktionen auf dem gestrigen Datenschutzgipfel sieht der Datenschützer aber "jetzt ein günstiges Fenster" für ein entsprechendes Gesetzgebungsverfahren: "Die Politik ist nicht mehr in Abwehrhaltung", was die Sicherung der Privatsphäre in der Wirtschaft angehe.
In der Verwaltung selbst sieht Schaar den Arbeitnehmerdatenschutz "vergleichsweise gut geregelt". Im privaten Bereich gelte im Rahmen des normalen Arbeitsverhältnisses dagegen zunächst nur das allgemeine Datenschutzrecht. Wo Arbeitnehmervertretungen bestünden, könne darüber hinaus durch Dienstvereinbarungen und Mitbestimmungsverfahren vieles zur Datenerfassung geregelt werden. Dies sei in vielen Bereichen aber nicht der Fall. Zudem komme es darauf, entsprechende Abkommen "ordentlich auszuhandeln". Insgesamt gebe es so aber eine breite Grauzone, "wo überwacht wird ohne entsprechende Regeln". Diese werde durch eine teils feststellbare "kriminelle Energie in Bereichen des Managements" von Konzernen vergrößert. Schaar plädierte daher dafür, den Arbeitnehmerdatenschutz gesetzlich zu kodifizieren.
Positiv bewertete der Datenschützer, dass beim Datenschutzgipfel überraschend auch ein sogenanntes Koppelungsverbot beschlossen worden sei. In einer marktbeherrschenden Situation dürfte demnach ein Vertragsabschluss nicht an eine "Einwilligung" zur Abgabe persönlicher Informationen geknüpft werden. Was im Bereich der Werbung gelte, könne auch Anknüpfungspunkte für eine Untersagung entsprechender "freiwilliger Einwilligungen" im Arbeitsleben liefern.
Was Arbeitgeber künftigen Mitarbeitern teils abverlangen, malte padeluun vom FoeBuD aus. Schon 2003 habe der "Datenverkehrsverein" die Bayer AG mit einem Big Brother Award ausgezeichnet, da der Chemieriese unter anderem Einzustellende zu einem Urintest bitte. Dieses Modell habe trotz der Negativauszeichnung inzwischen bei vielen Unternehmen Schule gemacht. Jungen Leuten solle so gleich mitgeteilt werden, "wenn du hier arbeitest, gehörst du uns und kannst dein Recht auf Privatsphäre aufgeben".
Die Misere wird dem Aktivisten nach nicht kleiner dadurch, dass es in den Betrieben "viele Duckmäuser" gebe. So kämen in der Kategorie Arbeitnehmerdatenschutz beim Preis für die schlimmsten Datenkraken die wenigsten Einsendungen, und selbst diese würden nachträglich oft wieder zurückgezogen. Seit der Debatte um die verdachtsunabhängige Vorratsspeicherung von Telekommunikationsdaten verspürt der Künstler aber ein "Rumoren in der Bevölkerung". Wenn die Politik auf die breiten Proteste nicht reagiere und die Überwachungsmaßnahme bald wieder zurücknehme, würden künftig eventuell "Steine fliegen". (Stefan Krempl) / (jk)