Streit über Online-Präsenz von ARD und ZDF kocht erneut hoch
ZDF-Intendant Markus Schächter sieht in einer Bestimmung im Entwurf zum 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrag eine Art Zensur. Der Verband Deutscher Zeitschriftenverleger weist die Kritik zurück.
Der Konflikt zwischen Repräsentanten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und den Zeitschriftenverlegern über das Online-Engagement von ARD und ZDF lebt wieder einmal auf. Nun weist der Verband Deutscher Zeitschriftenverleger (VDZ) Kritik des ZDF-Intendanten Markus Schächter an einer Bestimmung im Entwurf zum 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrag zurück. Nach dieser sollten ARD und ZDF Textinhalte im Internet nach Schächters Lesart nahezu untersagt werden. Der Intendant sieht darin eine Art Zensur, wie er auf den Mainzer Tagen der Fernsehkritik betonte. Wer im Netz erfolgreich sein wolle, müsse Text und bewegte Bilder bieten. Der VDZ bezeichnet diese Kritik in einer Mitteilung als unsachlich und irreführend.
Nach Ansicht des VDZ erweitere der Staatsvertragsentwurf der Länder vielmehr den Online-Auftrag von ARD und ZDF hin zur "dritten Säule", indem er sendungsunabhängige Videos und Audiobeiträge erlaube. Nur im Bereich textbasierter Angebote müssten sich ARD und ZDF nach wie vor auf eine Programmbegleitung beschränken. Das werde nun im Einklang mit der EU-Beihilfeentscheidung klarer festgelegt. "Das Festhalten an dem selbstverständlichen Verbot vollwertiger öffentlich-rechtlicher Lesemedien als Maulkorb oder als zensurverdächtig oder auch nur als massive Behinderung des öffentlich-rechtlichen Fernsehens zu bezeichnen, stellt die wahren Verhältnisse auf den Kopf", sagte Christoph Fiedler, Leiter Medienpolitik im VDZ.
Ebenfalls nicht zutreffend finden die Verleger Schächters Vorwurf, die Begrenzung auf sendungsbezogene textbasierte Angebote verletze die Entwicklungsgarantie von ARD und ZDF. Ein Gutachten des Kommunikationsrechtlers Hubertus Gersdorf habe nachgewiesen, "dass umgekehrt Text- und (Stand-)Bildangebote von ARD und ZDF, die über eine programmbegleitende Randbetätigung hinausgehen, mit dem Grundgesetz unvereinbar seien". Schächter hatte am Montag dargelegt, "wer in der Konvergenz der Medien, in der Text- und Bewegtbild jeden Tag neue Fusionen eingehen, Ausschlusskategorien einführen will, gefährdet die Zukunft des öffentlich-rechtlichen Fernsehens und widerspricht der Online-Entwicklungsgarantie des Bundesverfassungsgerichts".
Nach Worten des rheinland-pfälzischen Ministerpräsidenten und SPD-Vorsitzenden Kurt Beck muss sich Schächter nicht aufregen. Für Beck geht die Einschränkung textbasierter Angebote weit über das hinaus, was gemeint und politisch beabsichtigt ist, berichtet die Frankfurter Allgemeine Zeitung. Darüber hinaus sei ein vom VDZ gefordertes externes Gremium, das neue Angebote von ARD und ZDF auf ihren öffentlich-rechtlichen Mehrwert hin prüft, nicht sinnvoll, es stelle vielmehr das Rundfunkmodell in Frage. Die Prüfung des Programmangebots sei bei den Rundfunkräten gut aufgehoben. (anw)