Niedersachsen bekommt verschärftes Polizeigesetz

Besonders umstritten ist, dass die Polizei Telefonate künftig auch ohne konkreten Verdacht auf eine Straftat abhören darf.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 492 Kommentare lesen
Lesezeit: 2 Min.

Der niedersächsische Landtag hat am gestrigen Mittwoch in Hannover mit den Stimmen von CDU und FDP eine Verschärfung des Polizeigesetzes beschlossen. SPD und Grüne haben dagegen gestimmt, weil sie die Neuregelungen für überflüssig halten. Besonders umstritten ist laut dpa, dass die Polizei Telefonate künftig auch ohne konkreten Verdacht auf eine Straftat abhören darf. Die vorsorgliche Telefonüberwachung diene sogar dem Opferschutz, zitiert die Hannoversche Allgemeine Zeitung den innenpolitischen Sprecher der FDP, Jörg Bode, und nannte als Beispiel Suizidgefährdete. Zudem könnten nun nicht mehr nur Täter, sondern auch Opfer abgehört werden, um diese besser zu schützen.

Ferner dürfen potenzielle Gewalttäter vor Großeinsätzen wie Castor-Transporten, aber etwa auch zur Fußball-Weltmeisterschaft 2006 in Deutschland künftig zehn statt bisher vier Tage vorsorglich in Polizeigewahrsam genommen werden. Darüber hinaus sollen Polizisten durch die Wiedereinführung des 1993 abgeschafften Ordnungsbegriffes die Möglichkeit bekommen, gegen Wegwerfen von Abfall oder gegen "aggressives Betteln" auch mit gesetzlicher Rückendeckung vorzugehen. Zudem wurde der finale Rettungsschuss im Gesetz verankert. Ein CDU-Abgeordneter begründete die Verschärfung mit der Ausweitung der organisierten Kriminalität und der höheren Gewaltbereitschaft.

SPD und Grüne kritisierten die Änderungen als "blinden Aktionismus". "Sie sind ein Paradebeispiel für völlig inhaltslose Symbolpolitik", sagte der frühere Innenminister Heiner Bartling (SPD). Die vorbeugende Telefonüberwachung etwa sei nach Ansicht sowohl von Staatsanwälten als auch von Polizeipraktikern völlig überflüssig, da die bestehenden Abhörbefugnisse völlig ausreichend seien, erklärten der SPD-Politiker sowie der Grüne Hans-Albert Lennartz. Sie griffen vor allem die FDP-Fraktion scharf an: Die Liberalen hätten in diesem Punkt keinerlei Rückgrat gezeigt, kritisierte Bartling. Lennartz ergänzte: "Sie räumen ihre letzten liberalen Positionen."

Jörg Bode räumte ein, dass diese Regelung den Liberalen die meisten Bauchschmerzen bereitet habe. Seine Fraktion habe aber dafür gesorgt, dass diese Maßnahme zunächst auf fünf Jahre begrenzt worden sei und dann erneut überprüft werde. Innenminister Uwe Schünemann (CDU) betonte, die vorbeugende Telefonüberwachung sei zur Verhinderung schwerer Straftaten unbedingt notwendig: "Es macht keinen Sinn, der Polizei erst Rechte zu geben, wenn das Opfer schon getötet worden ist."

Siehe dazu auch: (anw)