Rambus: Falsch interpretierter Richterspruch knickt Aktienkurs

Investoren interpretierten eine Reihe komplizierter richterlicher Entscheidungen in dem Verfahren der US-Wettbewerbshüter gegen Rambus offenbar falsch.

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Investoren interpretierten eine Reihe komplizierter richterlicher Entscheidungen in dem Verfahren der US-Wettbewerbshüter gegen Rambus offenbar falsch. Gerüchte um angeblich von dem Unternehmen vernichtete Beweise schickten den Rambus-Aktienkurs in die Tiefe.

Die Federal Trade Commission (FTC) hatte im vergangenen Juni ein offizielles Vefahren gegen Rambus eingeleitet, das klären soll, ob das Unternehmen während seiner Mitgliedschaft in dem Standardisierungsgremium JEDEC zu Beginn der 90er Jahre gegen US-amerikanische Gesetze zum Schutz des Wettbewerbs verstoßen hat.

Im Zuge dieser Ermittlungen warfen die FTC-Ermittler Rambus vor, wichtige Beweise vernichtet zu haben. Außerdem beantragte die Kommission, das reguläre Gerichtsverfahren zu überspringen und gleich ein Bußgeld auf Basis der vorliegenden Dokumente festzusetzen. Doch der zuständige "Administrative Law Judge" James P. Timony verwarf diese Anträge, es wird nun also ein reguläres Verfahren wegen des Verdachtes auf wettbewerbswidriges Verhalten stattfinden. Der Richter stellte allerdings fest, dass wichtige Dokumente vernichtet seien. Laut Rambus-Manager John Danforth, der das Unternehmen auch vor Gericht vertritt, sei das aber nicht zum Zwecke der Beweisvernichtung geschehen, sondern im Rahmen der regulären Dokumentenhaltung. Immerhin liegen die strittigen Vorfälle teilweise zehn Jahre und länger zurück.

Laut Rambus habe sich durch den Richterspruch nun zwar die Beweislast umgekehrt: Das Unternehmen muss nun seine Unschuld dort beweisen, wo Dokumente fehlen. Wären diese noch vorhanden, hätte die FTC die Schuld beweisen müssen. Doch Danforth sieht kein Problem darin, das korrekte Verhalten seines Unternehmens belegen zu können.

Wer an Details des Verfahrens interessiert ist, findet auf der entsprechenden FTC-Webseite ausführliche Dokumente zu dem Verfahren.

Rambus sieht sich gezwungen, seine patentrechtlich geschützten Erfindungen in vielen Ländern vor Gericht zu verteidigen. Für seine Verteidigung wendet das vergleichsweise kleine Unternehmen, das keine eigenen, physisch verfügbaren Produkte herstellt, einen großen Teil seiner Einkünfte auf. Als Prototyp der "Intellectual-Property-Company", die ohne große Investitionen und damit mit minimaler Kapitalbindung gewaltiges Umsatzpotenzial durch die Lizenzierung geschützten geistigen Eigentums verspricht, war Rambus im New-Economy-Boom des Jahres 2000 an der Börse kometenhaft aufgestiegen. Der Aktienkurs des Unternehmens mit zuletzt weniger als 100 Millionen US-Dollar Jahres-Umsatz lag zeitweise über 120 US-Dollar.

Doch die versprochenen Leistungsvorteile der Rambus-Speichertechnik ließen sich ausgerechnet in dem Segment, das die Investoren am meisten interessierte, in der Praxis nur schlecht realisieren: Für den Pentium-III-Rambus-Chipsatz i820 veröffentlichte sogar Intel selbst Benchmarks, bei denen dieser langsamer arbeitete als das damals aktuelle und deutlich billigere PC133-SDRAM in Verbindung mit dem i815-Chipsatz. Intels Rambus-Chipsätze für den Pentium 4 waren zwar in synthetischen Benchmarks die schnellsten, brachten in realen Anwendungen aber nur geringe Vorteile. Außerdem waren und sind vor allem die schnellsten Rambus-Speicherriegel zeitweise deutlich teurer als (DDR-)SDRAM-Speicherriegel und werden bis heute nur von einer Hand voll Unternehmen gefertigt. Und für die weltweit meistverkauften Server, nämlich kleine Dual-Prozessor-Systeme mit x86-Prozessoren, gab es nie einen Rambus-Chipsatz.

Mittlerweile baut Intel keine neuen Rambus-Chipsätze mehr für Desktop-Prozessoren, sondern setzt auf PC3200/DDR400. Stattdessen nutzt jetzt SiS Rambus-Speicher. Allerdings kommt Rambus-Technik weiter in Spezialanwendungen zum Einsatz, etwa bei Intels Itanium-Chipsatz E8870, den neuen Alpha-Servern von HP und bei der legendären Computerschmiede Cray. Und die zuverlässigsten Cash-Cows für Rambus sind die Spielkonsolen, nach der Nintendo N64 die Sony PS2 und die kommende Playstation 3. (ciw)