Länder fordern stärkere Überwachung der Telekommunikation

Der Rechtsausschuss des Bundesrats dringt auf die Einführung einer sechsmonatigen Vorratsspeicherung von "Verkehrsdaten" in der Telekommunikation.

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Der Rechtsausschuss des Bundesrats macht sich für eine deutlich schärfere Überwachung der Internet- und Telefonnutzer stark. Seiner Empfehlung zur umstrittenen Novelle des Telekommunikationsgesetzes (TKG) zufolge, sollen die Anbieter künftig "Verkehrsdaten" für die Dauer von sechs Monaten nach der ersten Erhebung speichern. Gemeint sind damit vor allem die bei den Strafverfolgern begehrten Telefon-, Mobilfunk-, SMS- und Internet-Verbindungsdaten. Sie bezeichnen alle Angaben, die beim Aufbau und bei der Abwicklung von Telekommunikationsverbindungen anfallen, also etwa eine angerufene Telefonnummer oder den Zeitpunkt des Anrufs. Im Internetbereich geben die Daten Auskunft darüber, wann sich ein Surfer über welchen Zugangsanbieter mit welcher IP-Adresse ins Netz begeben hat. Mit Hilfe dieser Daten lassen sich konkrete Profile der Nutzer erstellen.

Zur Verfügung stehen sollen die Verkehrsdaten der Polizei, den Verfassungsschutzbehörden, dem Bundesnachrichtendienst, dem Militärischen Abschirmdienst und dem Zollkriminalamt. Die "Befugnis und Verpflichtung" zur Übermittlung der Informationen an die "Bedarfsträger" hält der Rechtsausschuss für dringend geboten, um diesen eine effektive Strafverfolgung und wirksamen Gefahrenabwehr zu ermöglichen. Bisher würden die etwa in der Strafprozessordnung vorgesehenen Befugnisse der Ermittler leer laufen, "soweit die betroffenen Daten gar nicht mehr vorhanden sind." Es sei daher recht und billig, den Diensteanbietern die zusätzlichen Speicherpflichten aufzuerlegen. Sie seien den Providern "zumutbar und in der Abwägung zwischen effektiver Verbrechensbekämpfung einerseits und datenschutzrechtlichen Belangen sowie finanziellen Interessen der Telekommunikationsunternehmen andererseits angemessen."

Ähnliche Forderungen hatte der Bundesrat bereits bei den Beratungen zu einem Gesetz zur Verbesserung der Ermittlungsmaßnahmen wegen des Verdachts sexuellen Missbrauchs von Kindern im Mai 2002 aufgestellt -- wenn damals auch sogar noch weiter gehend. Sie waren auf heftige Kritik aus Bereichen der Wirtschaft und des Bundestags gestoßen. Der Rechtsausschuss schreibt in seiner Begründung des Vorstoßes dagegen nun pauschal, dass der Vorschlag nicht auf einen "gläsernen Bürger" ziele und angesichts des Preisverfalls bei Speichermedien "allenfalls geringe Mehrkosten für die Unternehmen anfallen dürften."

Harald Summa, Geschäftsführer des Providerverbands eco sieht die Sache anders: Über den zentralen deutschen Netzknoten DE-CIX würden momentan Daten mit einer Geschwindigkeit von 15 Gigabit pro Sekunde fließen, rechnet er vor. Davon seien "fünf bis zehn Prozent" Verbindungsdaten. Da kämen rasch einige Terabytes zusammen und die Provider müssten angesichts dieser Mengen sehr wohl "auf die Kosten gucken". Wie die Behörden den "ganzen Müll" auswerten wollen, ist ihm zudem schleierhaft. Wollten sie die Daten tatsächlich haben, müssten sie dafür bezahlen. Auch der neue Bundesdatenschutzbeauftragte, Peter Schaar, lehnte im Gespräch mit heise online, "allgemeine Datenspeicherungspflichten" ab. Datenschützer würden auf das Wort "Vorratsdatenspeicherung" allergisch reagieren, da diese dem Grundsatz der Erforderlichkeit widerspreche.

Neben den Speicherpflichten verlangen die Bundesländer eine Beteiligung an der Ausarbeitung einer neuen Telekommunikations-Überwachungsverordnung (TKÜV), die auf dem TKG beruht und in den vergangenen Jahren immer wieder für Streit sorgte. Außerdem setzt sich der Rechtsausschuss dafür ein, im TKG sicherzustellen, dass Mobilfunkbetreiber die personenbezogenen Daten ihrer Prepaid-Kartenkunden im öffentlichen Sicherheits- und Strafverfolgungsinteresse erheben müssen. Mit Spannung erwartet wird nun die Haltung des federführenden Wirtschaftsausschusses des Bundesrats, der sich Anfang der kommenden Woche mit der TGK-Novelle befassen wird. Sein Votum dürfte entscheidend sein für die Abstimmung im Plenum des Ländergremiums, das für den 19. Dezember angesetzt worden ist. 2004 muss sich der Bundestag mit dem neuen Telekommunikationsgesetz beschäftigen. (Stefan Krempl) / (jk)