Filmstudios verschärfen Kampf gegen Raubkopien

Vor dem Beginn des Kinosommers legt sich Hollywood im Kampf gegen illegale Filmkopien aus dem Internet noch einmal so richtig ins Zeug: mit Stickern, Tascheninspektionen, Rückverfolgungsstrategien und Täuschungsaktionen.

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Von
  • Nico Jurran

Filmstudios hassen raubkopierte Filme -- besonders hart trifft sie aber offenbar, dass mittlerweile immer mehr Filme sogar schon vor ihrem offiziellen US-Kinostart im Internet auftauchen. Aber immerhin wollen sie die Täter bereits ausgemacht haben: Kinozuschauer, die sich mit Videokameras in Vorpremieren schleichen und den Streifen heimlich von der Leinwand abfilmen. Nach amerikanischen Medienberichten soll Warner Bros. beim Blockbuster "Harry Potter und der Stein der Weisen" seine Distributoren außerhalb der USA aufgefordert haben, stichprobenartige Taschen- und Jacken-Kontrollen durchzuführen.

Sony Pictures plant wiederum, Anti-Piraterie-Sticker an die Kinos zu verteilen, die beim Start ihrer Sommerhits an die Kassenfenster geklebt werden sollen. Da das Filmstudio wohl selbst nicht von einem 100-prozentigen Erfolg dieser Aktion ausgeht, sollen noch alle Spider-Man-Kopien mit einem unsichtbaren Zeichen markiert werden, um die Rückverfolgung von der Kopie zur Quelle zu vereinfachen.

Auch die Filmstudios können aber nicht leugnen, dass im Internet nicht nur Kopien auftauchen, die von Zuschauern angefertigt wurden. Vielmehr dürfte sich hier auch der eine oder andere Filmvorführer engagieren, ebenso wie einige Angestellte der Filmindustrie oder beauftragter Transportunternehmen. Und schließlich finden sich in den Tauschbörsen immer wieder Kopien von Promo-Versionen, die an Presse und Geschäftspartner verteilt wurden.

Doch auch hier haben sich die Hollywoodstudios bereits den einen oder anderen Kniff ausgedacht: Warner verschickte angeblich Kopien des ersten Potter-Films in unbeschrifteten Dosen und teilte falsche Routen mit, während Sony Vorabversionen nur noch von den eigenen Angestellten zu Pressevertretern bringen lässt.

Die Motion Picture Association of America (MPAA), der amerikanische Interessensverband der Film-, Fernseh- und Videoindustrie, plant daher auch, das Problem von der anderen Seite anzugehen: Sie will nach Angaben gegenüber amerikanischen Pressevertretern Jagd auf Internet-User machen, die regelmäßig raubkopierte Filme über das Internet tauschen. Provider sollen dann gegen diese Personen vorgehen -- wie dies aussehen soll, teilte der Verband allerdings nicht mit. Aber auch sonst hofft die MPAA auf eine engere Zusammenarbeit mit den Providern -- sie sollen den Einsatz von Techniken erlauben, die die Identifizierung der Täter vereinfachen. Bestätigt wurde dies auch von Jane Sunderland, als Vizepräsidenten für die Rechteverwaltung bei 20th Century Fox zuständig. Schließlich sollen gegen die Gewohnheits-Tauscher Schadensersatzklagen angestrengt werden. "Man muss die Leute, die so etwas tun, in ein grelles Scheinwerferlicht stellen, bevor dies eine Lawine wird", so MPAA-Sprecher Jack Valenti gegenüber der US-Presse.

Über mangelnde Detektivarbeit dürfte die MPAA sich dabei nicht beklagen können: Nach Angaben der Betreiber der Seite Download.com soll bislang alleine die File-Sharing-Applikation Morpheus 87 Millionen Mal heruntergeladen worden sein. Die Marktforscher von BigChampagne LLC wollen zudem errechnet haben, dass mittlerweile die Hälfte der Nutzer von Peer-To-Peer-Netzwerken Videos tauschen -- im vergangenen Jahr sollen es gerade einmal ein Drittel gewesen sein. Als Gründe hierfür wurden vor allem die steigende Anzahl von Breitbandzugängen und die inzwischen erreichbare Bild- und Tonqualität bei den Kopien ausgemacht.

Die Betreiber der Tauschbörsen weisen indes jede Verantwortung für das illegale Treiben weit von sich und wollen die US-Gerichte davon überzeugen, dass ihre Dienste in die gleiche Kategorie fallen wie Videorecorder: In den achtziger Jahren hatte der US-Bundesgerichtshof mit einem Urteil zu Gunsten von "Betamax" den Weg für Heim-Videorecorder frei gemacht. Damals konnten die Anwälte der beklagten Herstellerfirma glaubhaft machen, dass Videorecorder nicht dafür entwickelt wurden, die Urheberrechte zu verletzen, und dass man sie nur deswegen, weil es diese Möglichkeit auch gebe, nicht verbieten könne. Mit dieser Argumentation war aber Napster, der Urvater der Musiktauschbörsen, bereits vor Gericht weitgehend gescheitert.

Wenn nun aber alle genannten Anti-Piraterie-Aktionen der Filmindustrie nicht helfen sollten, bieten ja noch die Firmen Vidius und MediaDefender ihre Dienst an: Sie fluten gegen Bezahlung die Peer-to-Peer-Netzwerke mit gefakten Files, die die Namen von Filmen oder Liedern tragen. Nach Aussagen der Firmensprecher könnte man zudem Benutzer blockieren, die ihrerseits Filme über die "bewachte" Tauschbörse anbieten wollen. Sowohl Vidius als auch MediaDefender geben an, bereits mit den Filmstudios in Kontakt zu stehen. (nij)