Update: Alterskontrolle durch Ausweisnummer reicht im Internet nicht aus

Web-Porno-Anbieter, die den Download ihrer Dialer nur an eine Alterskontrolle per Ausweisnummer binden, erfüllen die Anforderungen des Jugendschutzes nicht – so ein Gerichtsurteil.

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Von
  • Peter Schmitz

Wer das Zeigen von Internet-Inhalten, die Jugendlichen nicht zugänglich gemacht werden dürfen, lediglich an eine automatische Überprüfung von Ausweis- oder Kreditkartennummern knüpft, wird den gesetzlichen Anforderungen des Jugendschutzes nicht gerecht. Das hat das Amtsgericht Neuss in einem bereits Ende August gefällten, aber erst jetzt veröffentlichten Urteil entschieden.

Angeklagt war der ehemalige Geschäftsführer einer Düsseldorfer Firma, die das Webangebot "Clubhardcore.de" auf einem Berliner Server betreibt. Werbeaussagen zufolge handelt es sich dabei um "Deutschlands heißesten Club", der unter dem Motto "Verdorben, verrucht, verlockend" die "besten Liveshows aus aller Welt, Hardcore-Galerien, Videostreams, Sexfilme und vieles mehr" verspricht. Die Abrechnung erfolgt nach bekanntem Muster über einen sogenannten Highspeed-Dialer, also ein herunterzuladendes 0190er-Einwahlprogramm, das die Telefonrechnung pro Minute um rund 2 Euro anwachsen lässt – davon allerdings erfährt man vor dem Download nichts.

Das Gericht hatte sich jedoch nicht etwa mit Betrug oder anderen Tatbeständen auseinanderzusetzen, die dem Internet-Beobachter im Zusammenhang mit 0190-Dialern vielleicht als erstes einfallen würden. Es ging in Neuss vielmehr um die Frage, ob der Zugang zu den Hardcore-Inhalten über den Dialer hinreichend gegen den Zugriff durch Kinder und Jugendliche abgesichert war. Der Richter verneinte diese Frage und verurteilte den Angeklagten schließlich wegen "Verbreitung pornografischer Schriften" zu einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen zu je 70 Euro, also insgesamt 3500 Euro.

Die Clubhardcore-Betreiber verwendeten zur Kontrolle, ob ein Interessent volljährig ist, eine simple Abfrage mit automatischer Plausibilitätskontrolle durch ein Programm. Abgefragt wurden wahlweise Personalausweis- oder Kreditkartennummern. "Perso"-Nummern, in die ein passendes Geburtsdatum einkodiert ist, kann sich allerdings jeder ohne Aufwand aus dem Internet ziehen: Bereits eine einfache Anfrage bei der Suchmaschine Google genügt, um entsprechende Fundstellen zu erhalten und sich dort per Mausklick sozusagen Volljährigkeit auszuleihen. Das probierte der Richter in der Hauptverhandlung selbst aus und kam zu dem Ergebnis, dass es sich bei dem Kontrollsystem um einen "Scheinschutz" handle, der auch von Kindern auf leichteste Art zu umgehen sei. Jede menschliche Kontrollmöglichkeit, etwa am Kiosk oder in der Videothek, sei einem solchen Verfahren weit überlegen. Schon in der ausdrücklichen Zusicherung von "Anonymität" ohne jegliche Erfassung personenbezogener Daten habe die Betreiberfirma außerdem signalisiert, dass es ihr schlichtweg egal sei, wer ihre Angebote nutze.

Dafür sprach nicht zuletzt auch die Tatsache, dass die Clubhardcore-Betreiber schon 2001 eine Abmahnung von der in Mainz ansässigen Zentralstelle der obersten Landesjugendbehörden für Jugendschutz in Mediendiensten erhalten hatten, die darauf aufmerksam machte, dass das Webangebot keine wirksame Alterskontrolle aufwies. Diese Abmahnung wurde offenbar ignoriert, was sich für den Ex-Geschäftsführer schließlich als Bumerang erwiesen hat.

Das Urteil des Amtsgerichts Neuss ist allerdings noch nicht rechtskräftig; die Berufung läuft. (psz)