Berliner IT-Firmen sehen sich im Aufwind

Die IT-Industrie in der Hauptstadtregion erwartet in diesem Jahr ein überdurchschnittliches Umsatzwachstum, doch der Fachkräftemangel und die schwieriger werdende Kooperation mit der Wissenschaft machen ihr Sorgen.

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Die IT-Wirtschaft in Berlin und Brandenburg erwartet in diesem Jahr ein überdurchschnittliches Umsatzwachstum. Mehr als jedes vierte Unternehmen aus der Branche in der Hauptstadtregion geht von einem Geschäftszuwachs von mehr als 20 Prozent aus, verkündete der lokale Verband der Software-, Informations- und Kommunikations-Industrie (SIBB) am heutigen Dienstag. Rund 30 Prozent der IT-Spezialisten an Oder und Spree erwarten dem SIBB zufolge eine Steigerung von bis zu 20 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Immerhin noch fast 45 Prozent der Hersteller und Dienstleister gehen von einem Wachstum von bis zu 10 Prozent aus. Sinkende Umsätze erwartet kein regionales Unternehmen.

Allgemein sind im Bereich Informationstechnik allein in Berlin fast 40.000 Mitarbeiter in mehr als 3000 Unternehmen beschäftigt, dazu kommen rund 1000 einschlägige Firmen in Brandenburg. Die IT-Industrie der Hauptstadt gilt mit einem Umsatz von mehr als acht Milliarden Euro als eine der Wachstumsbranchen an der Spree. Dies bestätigt der jetzt vom SIBB veröffentlichte Branchenindex, der im Vergleich zum Vorjahreswert um drei auf über 60 Punkte angestiegen ist. Das Barometer für die regionale IT-Wirtschaft wertet auf Basis einer Umfrage Aspekte wie Umsatzerwartung, Auftragsvolumen, Arbeitskräfteangebot, Veränderungen des Personalbestandes, Kooperationen mit Hochschulen und Forschungseinrichtungen, regionale Unternehmenskooperationen sowie das Standortimage aus.

Punkten können die größtenteils mittelständischen IT-Anbieter in Berlin und Brandenburg gemäß der Sondierung zunehmend in ganz Deutschland und in West-Europa. Das Auftragsvolumen in der Region bewerten die Befragten dagegen sehr unterschiedlich. Die Hälfte spricht von einer unzureichenden Nachfrage direkt vor Ort. Die Zahl der Unternehmen mit gutem und sehr gutem Auftragseingang von anderen Firmen oder Behörden aus der Hauptstadt und dem Umland stieg zugleich aber auf etwas über zehn Prozent deutlich an.

Der positiven Geschäftsentwicklung folgt ein weiterer Anstieg der Mitarbeiterzahlen in den Berliner und Brandenburger Software- und Systemhäusern. Mehr als 30 Prozent der IT-Unternehmen geht von einem Personalzuwachs von bis zu 10 Prozent aus. Gleichzeitig beklagen die Firmen aber zunehmend einen Fachkräftemangel: Fast die Hälfte aller IT-Anbieter bewertet das Arbeitskräfteangebot an der Spree gerade noch als ausreichend, mehr als 20 Prozent erteilen ihm die Note "unzureichend". In der Folge erwarten rund Zweidrittel der Berliner und Brandenburger IT-Hersteller leicht bis stark steigende Kosten für die Personalbeschaffung.

Deutliche negativere Bewertungen als im Vorjahr erfuhr zudem der Sektor der Zusammenarbeit mit Hochschulen. Eine gute oder sehr gute Kooperation mit der Wissenschaft sehen nur noch rund 30 Prozent der IT-Unternehmen – das etwa 20 Prozent weniger als im Vorjahr. Fast 40 Prozent empfinden das Zusammenspiel mit den akademischen Ausbildungsstätten dagegen nur noch als ausreichend. Das entspricht einem Zuwachs von circa 25 Prozent. Der Potsdamer Wirtschaftsinformatiker Norbert Gronau machte dafür unter anderem einen Generationswechsel im Lehrpersonal an den Unis verantwortlich, durch den aufgebaute Beziehungen zur Industrie zunächst gekappt würden. Zudem würden die Zyklen der Ausbildung in beiden Sektoren nicht mehr so gut miteinander harmonieren. (Stefan Krempl) / (jk)