Verhandlungen über neue Kopiervergütungen gestalten sich zäh
Die Geräteindustrie hat den Vorwurf der GEMA, Verträge über die Zahlung von Ausgleichszahlungen für Privatkopien einseitig fristlos gekündigt zu haben, zurückgewiesen. Eine Einigung über angemessene Vergütungshöhen ist nicht in Sicht.
Die Geräteindustrie hat den Vorwurf der GEMA, Verträge über die Zahlung von Ausgleichszahlungen für Privatkopien einseitig fristlos gekündigt zu haben, entschieden zurückgewiesen. In der Tat habe man die Vereinbarungen über CD- und DVD-Brenner zum Jahresende fallen gelassen, erklärt Till Barleben, Rechtsexperte beim Zentralverband Elektrotechnik- und Elektronikindustrie (ZVEI) gegenüber heise online. Die Dachvereinigung habe dabei aber in beiden Fällen die Kündigungsfrist von drei Monaten zum Jahresende eingehalten. Die Musikverwertungsgesellschaft habe zudem verschwiegen, über die Zentralstelle für private Überspielungsrechte (ZPÜ) selbst den dritten Gesamtvertrag über Abgaben auf Geräte vom alten Kassettenaufnahmegerät bis hin zu DVD-Rekordern nach Inkrafttreten der zweiten Stufe der Urheberrechtsnovelle als hinfällig bezeichnet zu haben.
Der ZVEI wollte Barleben zufolge zwar bei dieser Gerätevereinbarung die Vergütungshöhe am Maßstab des neuen Rechts überprüfen, den Vertrag aber weiterlaufen lassen. Der Verband habe die Auffassung der ZPÜ jedoch inzwischen akzeptiert, um wenigstens schnell wieder zu neuen gesamtvertraglichen Regelungen zu kommen. Die GEMA habe ferner eigenhändig Gesamtverträge über MP3-Player und Musikfähige Mobiltelefone mit der für die neuen Medien zuständigen Branchenvereinigung Bitkom gekündigt.
Hintergrund des neu entflammten Streits ist die Vorgabe des 2. Korbs der Urheberrechtsreform, wonach Verwertungsgesellschaften und die Geräteindustrie die Höhe der Pauschalzahlungen miteinander aushandeln sollen. Sie soll sich am "tatsächlichen Ausmaß der Nutzung" für erlaubte private Vervielfältigungen bemessen. Die GEMA klagte nun, dass die Industrie trotz einer gesetzlich vorgesehenen Übergangslösung in diesem Jahr offenbar zunächst gar keine Vergütungen mehr zahlen wolle und forderte das Eingreifen des Gesetzgebers.
Barleben hält dagegen, dass der ZVEI mit Beginn der Sondierungsgespräche im Oktober 2007 immer betont habe, "dass es zu keiner Zahlungseinstellung kommt". Für die Verbandsmitglieder gelte die Empfehlung, die Auskunfts- und auch Abschlagszahlungspraxis für verkaufte Geräte weiter auf Basis der alten rechtlichen Vereinbarungen fortzusetzen. Die Vergütungshöhe sei mit den neuen gesetzlichen Vorgaben freilich umkämpft. So habe man den vertretenen Firmen nun geraten, "die nach dem alten Grundvertrag Ende April fällig werdende Abschlagszahlung für das erste Halbjahr 2008 in Höhe des Betrages zu leisten, den wir von Seiten der Industrie nach neuem Recht für angemessen halten". Dies treffe zwar "naturgemäß" die Vorstellungen der Verwertungsgesellschaften nicht, von einer mangelnden Zahlungsmoral könne aber nicht die Rede sein. Um die in der vergangenen Woche begonnenen eigentlichen Verhandlungsgespräche nicht weiter zu belasten, wolle man von einer Veröffentlichung der Distanz bei den Vergütungshöhen absehen.
Der Bitkom moniert ebenfalls in einer Eingabe an die EU-Kommission zur Konsultation über Kopiervergütungen "schleppende" Verhandlungen, "insbesondere da die Verwertungsgesellschaften entweder nicht handlungswillig oder nicht handlungsfähig sind". Zu erheblichen Unruhen habe die Forderung geführt, rückwirkend vom 1. Januar 2008 an Abgaben auf externe Festplatten, USB-Sticks, Speicherkarten und ähnliche Gerätschaften zu zahlen. Über die Höhe dieser Vergütungen würden sich die Vertreter der Urheber ausschweigen und bislang allein auf eine monatliche Meldung der entsprechenden Speichermedien sowie auf Rückstellungen pochen. Keines der betroffenen Unternehmen wisse, ob beziehungsweise wie hoch die Abgaben sein könnten.
Laut der Lobbyvereinigung hat die im analogen Bereich als "Notlösung" geschaffene Pauschalabgabe im digitalen Sektor generell keine Berechtigung mehr. Der Urheber habe hier andere Möglichkeiten, "verbraucherfreundlich Individuallizenzen zu vergeben". Private Kopien von Werken, die der Kreative oder der Rechteinhaber kostenfrei verbreitet, hält der Bitkom nicht für vergütungspflichtig. Wo trotzdem noch Pauschalen nötig seien, müssten sich diese auch am Kaufpreis der Geräte oder Speichermedien ausrichten. Alles andere würde "verheerende Folgen" für den Wirtschaftsstandort Deutschland und den europäischen Binnenmarkt haben. Die Höhe des gesamten Vergütungsaufkommens für 2006 beziffert der Verband, der Systeme zum digitalen Rechtekontrollmanagement (DRM) in einer aktuellen Broschüre als "eines der zukünftigen Wachstumsfelder" der deutschen IT-Branche bezeichnet, auf rund 186 Millionen Euro. (Stefan Krempl) / (pmz)