Justizministerium will Online-Kopierern weitere Steine in den Weg legen
Der Inhalte-Industrie sollen gesetzlich erweiterte Auskunftsansprüche zu Nutzerdaten gegenüber den Providern eingeräumt werden. Gleichzeitig werden die Archivschätze der Produzenten für die Online-Verbreitung erschlossen.
Das Bundesjustizministerium (BMJ) wird der um Rechte und Rendite kämpfenden Inhalte-Industrie weitere rechtliche Möglichkeiten in ihrem Kampf gegen die Nutzer von Online-Tauschbörsen einräumen. "Wir werden den illegalen Austausch von Filmen übers Netz weiter zu verhindern suchen", kündigte Elmar Hucko, Ministerialdirektor und Abteilungsleiter für Handels- und Wirtschaftsrecht im BMJ, auf dem Deutschen Multimedia Kongress 2004 in Berlin an. Die Filmwirtschaft soll dazu -- genauso wie die Musikindustrie -- Möglichkeiten zur besseren Verfolgung von Raubkopierern im Netz erhalten. Gedacht ist dabei an einen erweiterten Auskunftsanspruch über Nutzungsdaten von Surfern gegenüber den Internetprovidern. Bisher dürfen nur Sicherheitsbehörden auf die bei den Anbietern gespeicherten persönlichen Informationen zugreifen. Dieselben Ansprüche will das Justizministerium nun auch dem rechteverwertenden Privatsektor einräumen.
Die entsprechenden neuen Regeln will das BMJ in den Referentenentwurf für den so genannten 2. Korb der Urheberrechtsnovelle einbauen, der noch "im Sommer" vorgelegt werden und im Oktober ins Kabinett gehen soll. In diesem Zusammenhang sollen laut Hucko "weitere Lücken" für die missbräuchliche Peer-2-Peer-Nutzung geschlossen werden. Geplant sei, neben dem Anbieten von geschützten Inhalten auch das Herunterladen und Kopieren der entsprechenden Dateien als Straftat zu fassen. Bisher ist dies nur der Fall, wenn der Download aus einer "offensichtlich" rechtswidrigen Quelle erfolgt. Insgesamt erhofft sich Hucko von diesen im Raum stehenden Vorschlägen, zu denen nach ihrer offiziellen Veröffentlichung neben dem Kabinett der Bundestag Stellung nehmen muss, eine "abschreckende Wirkung" auf Raubkopierer.
Dem Ministeriumsvertreter ist aber auch bewusst, dass sich Teile der Bevölkerung mit der Gesetzgebung gar nicht mehr "erreichen lassen". Gerade bei Jugendlichen gebe es "keine Bereitschaft mehr, das geistige Eigentum zu respektieren", klagte Hucko. "Wir müssen versuchen, das Urheberrecht zu retten gegen den Konsumentenwunsch, alles kostenlos kopieren zu können." Die im Netz um sich greifende "Freibier"-Ideologie achte das schöpferische Werk nicht mehr. Eine ähnliche Einstellung hat Hucko auch bei Wissenschaftlern ausgemacht, die auf freien Informationszugang setzen. Dem BMJ-Abgesandten ist so schon heute klar, dass sein Haus mit dem Referentenentwurf trotz der frühzeitigen Einbeziehung zahlreicher Interessensvertreter zwischen allen Stühle sitzen wird. "Alle werden auf uns schimpfen", nahm Hucko die zu erwartende Kritik vorweg und fügte leicht resigniert hinzu: "Wir sind arme Schweine als Gesetzgeber." Dabei könne der Staat nur unterstützend eingreifen und das Spielfeld im digitalen Markt nur marginal beeinflussen. Neue Geschäftsmodelle müssten die Content-Anbieter schon selbst entwickeln.
Um legale Download-Dienste im Filmsektor zu beflügeln, will das Justizministerium ferner eine bessere Verwertbarkeit von Archiv-Inhalten von Rundfunkanstalten ermöglichen. Bisher sei vom Urheberrechtsgesetz her nicht gestattet, über noch nicht bekannte Nutzungsarten wie etwa Video on Demand Verträge zu schließen, erläuterte Hucko. Die öffentlich-rechtlichen Sender hätten daher "Schätze in den Archiven", die sie digital nicht verwerten könnten. Beim Heben will sein Haus helfen, indem es vertragliche Sperren lockert oder aufhebt. Vorrang solle dem "leichten Zugang" zum Sendematerial eingeräumt werden, betonte Hucko. Diese gesetzliche Maßnahme wird auch von der Kulturstaatsministerin im Bundeskanzleramt, Christina Weiss, unterstützt. Vorbild ist eine -- allerdings deutlich weiter gehende -- Initiative der BBC, die in den nächsten Monaten ein Creative Archive im Internet öffnen und ihre Inhalte frei verfügbar machen will. (Stefan Krempl) / (jk)