Oracle kämpft an zwei Fronten um PeopleSoft-Übernahme
Oracle versucht, eigene Leute bei PeopleSoft unterzubringen, die die Übernahme vorantreiben. Auch sollen die kostspieligen Abwehrmaßnahmen von PeopleSoft von einem Gericht aufgehoben werden.
Die seit rund eineinhalb Jahren andauernde Schlacht um die Übernahme des US-amerikanischen Unternehmenssoftware-Konzerns PeopleSoft durch den einheimischen Konkurrenten Oracle läuft an zwei Fronten weiter. Einerseits versucht Oracle, eigene Leute bei PeopleSoft unterzubringen, die die Übernahme voranzutreiben. Andererseits sollen die kostspieligen Abwehrmaßnahmen von Peoplesoft von einem Gericht aufgehoben werden.
Oracle hat in der vergangenen Nacht angekündigt, das Unternehmen werde vier eigene Kandidaten für den PeopleSoft-Verwaltungsrat nominieren. "Obwohl die große Mehrheit der Aktionäre ihre Verkaufsbereitschaft zu verstehen gegeben hat, scheint der derzeitige Verwaltungsrat zu beabsichtigen, den Willen der Anteilseigner zu behindern", erklärte der Verwaltungsratsvorsitzende von Oracle Jeff Henley. Auf der kommenden Hauptversammlung im Frühjahr 2005 werden vier der sieben Verwaltungsratssitze bei PeopleSoft neu besetzt. Werden die Oracle-Kandidaten von den PeopleSoft-Aktionären gewählt, dürften sie für eine Annahme der Oracle-Kaufofferte sorgen.
Aktionäre, die knapp 61 Prozent der PeopleSoft-Aktien kontrollieren, hatten in der vergangenen Woche ihre Anteile Oracle zu 24 Dollar je Aktie zum Verkauf angeboten. Das entspräche einem Gesamtpreis für Peoplesoft von 9,2 Milliarden Dollar (7 Milliarden Euro). Der PeopleSoft-Verwaltungsrat hatte das Angebot, ebenso wie alle vorherigen Offerten, aber erneut als unzureichend abgelehnt. PeopleSoft betonte im Hinblick auf die Nominierung der Gegenkandidaten für den eigenen Verwaltungsrat, dass Oracle damit den Kauf von PeopleSoft "zu einem unzureichenden Preis" ermöglichen wolle, der nicht den wahren Wert des Unternehmens reflektiere.
Auseinandersetzungen gibt es zudem um die so genannte "Giftpille", mit der Peoplesoft dem Konkurrenten die Übernahme vermiesen will. Ein von Oracle angestrengtes Verfahren zur Aufhebung der kostspieligen PeopleSoft-Abwehrmaßnahmen hatte am Mittwoch noch keine Entscheidung gebracht. Richter Leo E. Strine hat nach Medienberichten für den 13. bis 15. Dezember neue Anhörungen in Delaware angesetzt. Wann er seine Entscheidung über die von Oracle gefordert Beseitigung der "Giftpille" und eines teuren Garantieprogramms von PeopleSoft treffen wird, ließ er offen. Beide Maßnahmen würden eine Übernahme massiv verteuern.
Die "Giftpille" würde die Zahl der Peoplesoft-Aktien massiv erhöhen, die ein Unternehmen übernehmen muss, sobald es mehr als 20 Prozent der PeopleSoft-Anteile kauft. Das Garantieprogramm beinhaltet potenzielle Kosten von mehr als 2 Milliarden Dollar für Oracle. PeopleSoft hat seinen Kunden versprochen, ihnen mehr als das Doppelte ihrer Kosten beim Kauf von Peoplesoft-Software zurückzuerstatten, falls Oracle diese Software zukünftig nicht unterstützen sollte. Damit wollte PeopleSoft die durch die Übernahmeschlacht verunsicherten Kunden bei der Stange halten und Neukunden gewinnen. Oracle verlangt vor Gericht sowohl die Beseitigung der "Giftpille" als auch des Garantieprogramms.
Die Auseinandersetzung dürfte auch beim deutschen Weltmarktführer SAP genau beobachtet werden. PeopleSoft ist derzeit der zweitgrößte Unternehmenssoftwareanbieter der Welt, Oracle ist die Nummer drei. Das fusionierte Unternehmen bliebe zwar hinter SAP weltweit die Nummer zwei, würde aber erheblich aufschließen. (Peter Bauer, dpa) / (anw)