Österreichische Behörde: Powerline stört Kurzwellenfunk

Der Streit um den Internet-Zugang per Stromanschluss (PLC) in Linz spitzt sich zu. Der Betreiber muss nun technische Maßnahmen ergreifen, um Störungen zu mindern.

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Die Powerline-Technik (PLC) für den Internet-Breitbandzugang per Stromnetz steht in Österreich vor Schwierigkeiten. Da die zur Übertragung genutzten Stromkabel ungeschirmt sind, wirken sie wie sehr lange Antennen, was bei PLC-Einsatz andere Telekommunikationsdienste stören kann. Dies haben mehrere im Drei-Monats-Abstand durchgeführte Messungen im Auftrag des Fernmeldebüros Oberösterreich in Linz ergeben. In der Landeshauptstadt betreibt die Linz Strom GmbH Österreichs einzigen kommerziellen PLC-Dienst Speedweb und versorgt damit zirka 4000 Kunden. Die Behörde hat dem Betreiber aufgetragen, mittels technischer Maßnahmen die PLC-Anlagen so zu betreiben, dass Telekommunikationsanlagen nicht gestört werden. Linz Strom spricht von "einzelnen defekten Geräten" und hat gegen den Bescheid Berufung eingelegt. Nun muss Vizekanzler Hubert Gorbach (FPÖ) entscheiden.

Insbesondere Funkamateure beschweren sich schon lange über Störungen quer über die Kurzwellenbänder, die sie auf den Powerline-Dienst zurückführen. Die Auseinandersetzungen haben dem Österreichischen Versuchssenderverband auch gerichtliche Klagen des Netzbetreibers eingebracht. Die Fernmeldebehörde gibt, gestützt auf Gutachten eines Amtssachverständigen, den Funkamateuren nun indirekt Recht. Die gemeldeten Störungen seien zweifelsfrei auf die PLC-Anwendung der Linz Strom zurückzuführen. Dabei würden elektromagnetische Wellen abgestrahlt, durch die in der Nähe befindliche Telekommunikationsanlagen (Amateurfunkanlagen, der digitale Kurzwellenrundfunk DRM sowie andere im Kurzwellenbereich angesiedelte Funkdienste) grundsätzlich störend beeinflusst werden können. Aus funktechnischen Gesichtspunkten entspräche das Aufbringen hochfrequenter elektromagnetischer Wellen auf eine ungeschirmte Leitung mit Leistungen, wie sie für PLC erforderlich sind, nicht dem Stand der Technik.

Dipl.-Ing. Dr. Josef Heizinger, Vorstandsdirektor der Linz AG und Geschäftsführer der Linz Strom GmbH, betont indes, Powerline sei "nicht von einer Abschaltung bedroht. Powerline bewegt sich auf gesicherter Rechtbasis und funktioniert technisch hervorragend. Der gleichzeitige Betrieb von Powerline und Amateurfunkeinrichtungen ist problemlos möglich." Weiter heißt es in der Mitteilung des Unternehmens: "Eine kleine Gruppe nicht konsensbereiter Amateurfunker versucht, diese innovative und kostengünstige Technologie zu diskreditieren. Internationale Untersuchungen bestätigen vergleichbare beziehungsweise geringere Emissionswerte der Powerline-Technologie gegenüber gängigen Telekommunikationstechnologien oder herkömmlichen Haushaltsgeräten. Wie die Funküberwachung Linz bereits bei mehrmaligen Prüfungen erkannte, wurden die wenigen bisher gemeldeten Störungen durch einzelne defekte Geräte verursacht."

Die Kritik an Powerline richtet sich jedoch nicht gegen einzelne defekte Modems, da die Endgeräte in der Regel durchaus den einschlägigen Normen entsprechen. Die Probleme würden vielmehr dadurch verursacht, dass die Stromkabel selbst ungeschirmt seien und die bei der Datenübertragung erzeugten Signale wie Senderantennen abstrahlen würden.

Das Verfahren gegen die Linz Strom läuft seit etwa einem Jahr, das Berufungsverfahren dürfte weitere sechs Monate in Anspruch nehmen. Sollte der Bescheid dabei Rechtskraft erlangen und PLC weiterhin Störungen verursachen, müsste die Fernmeldebehörde mittels Bescheid die Einstellung des Dienstes verfügen. Möglicherweise könnte eine neue Generation von PLC-Modems Abhilfe schaffen, die belegte Frequenzbänder erkennen und meiden. Wie der New Scientist berichtet, arbeitet die BBC an einer solchen Entwicklung.

In Deutschland haben die Powerline-Betreiber E.On und RWE schon vor einiger Zeit aufgegeben. Auch MVV hat seine Powerline-Aktivitäten abgeschrieben und im März 2004 ausgegliedert. Von Powerline für Fernübertragungen sind private Powerline-Netze innerhalb einzelner Haushalte zu unterscheiden (siehe c't 1/2005, S. 80). Diese sind lokal begrenzt und können entsprechend nur lokal begrenzt Störungen verursachen. Breitbanddienste über TV-Kabel oder Telefonleitungen (DSL) nutzen geschirmte respektive verdrillte Kabel, die bei sachgemäßer Installation unerwünschte Abstrahlungen auf ein Minimum reduzieren. (Daniel AJ Sokolov) / (ea)