Zweierlei Maß: Land Niederösterreich installiert zusätzliche Mobilfunkmasten

Der niederösterreichische Landtag will 250 neue Sendemasten für ein landeseigenes Netz errichten lassen, die anders als die Masten der übrigen Netzbetreiber nicht besteuert werden.

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Um eine obskure Facette reicher wird die Geschichte der niederösterreichischen Mobilfunksteuer: Neun Tage nach Verabschiedung des Sendeanlagenabgabegesetzes, das durch hohe Steuern zu weniger Sendeanlagen und damit schöneren Ortsbildern führen soll, hat der Landtag die Errichtung von 250 Sendemasten für ein öffentliches Mobilfunksystem beschlossen -- anscheinend ohne mit Netzbetreibern über Sitesharing für den "Digitalfunk BOS Austria" zu verhandeln.

"Dieses Gespräch gibt es nicht", sagt Thomas Barmüller vom Branchenverband Forum Mobilkommunikation (FMK). Die Vorgehensweise des Landes zeige, dass es bei der Mobilfunksteuer um Geld gehe und der monierte Sendemastenwildwuchs ein Vorwand sei. Die Mobilfunknetzbetreiber würden gerne ihre Infrastruktur zur Verfügung stellen, um die Kosten für alle Beteiligten zu senken.

Konkret hat der Landtag beschlossen, dass das Land Niederösterreich für rund 9 Millionen Euro exklusive Umsatzsteuer 250 Standorte errichten und zusätzlich die laufenden Betriebskosten von etwa 300.000 Euro netto jährlich tragen soll. Land, Gemeinden und Einsatzorganisationen wie Rotes Kreuz und Feuerwehren sollen dafür ihre Grundstücke und Gebäude mietfrei zur Verfügung stellen. Außerdem soll die EVN besonders billig Strom liefern. Die 250 Standorte sollen für ein flächendeckendes Netz ausreichen.

Der neue Digitalfunk steht zunächst Polizei, Feuerwehr und Rettungsdiensten zur Verfügung, später auch privaten Organisationen gegen Entgelt. Die Errichtung haben bislang Tirol, Wien, Niederösterreich und die Steiermark beschlossen. Den Betrieb übernimmt die Tetron Sicherheitsnetz Errichtungs- und BetriebsgmbH, ein Joint Venture von Motorola und Alcatel. Im Gegenzug für die Vorleistungen und Kostenübernahmen kann das Land Niederösterreich das Tetron-Netz kostenlos nutzen. Eine Steuerpflicht hat Tetron nach der aktuellen Fassung des Sendeanlagenabgabegesetzes nicht zu fürchten, da Sender auf öffentlichem Grund von der Steuer ausgenommen sind. Weil die bestehenden Mobilfunknetze in Niederösterreich hauptsächlich private Liegenschaften wie EVN-Strommasten oder Raiffeisen Lagerhäuser nutzen, wäre eine Mitnutzung dieser Infrastruktur steuerpflichtig.

Regulierunsgbehörde und EU-Kommission erachten das Sendeanlagenabgabegesetz als mehrfach rechtswidrig. Ob die Bundesregierung bei ihrem Sommerministerrat am Dienstag einen Einspruch dagegen erheben wird, ist offen. Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (ÖVP) hat das Thema noch nicht auf die Tagesordnung gesetzt. (Daniel AJ Sokolov)/ (dz)