Grüne wollen Pressefreiheit stärken
Die grüne Bundestagsfraktion hat einen Gesetzesentwurf verabschiedet, demzufolge die Veröffentlichung brisanten Materials erleichtert und Journalisten von Auskunftsersuchen nach Tk-Verbindungsdaten ausgenommen werden sollen.
Die grüne Bundestagsfraktion hat am gestrigen Dienstag einen Gesetzesentwurf verabschiedet, mit dem die Pressefreiheit und damit letztlich die Demokratie gestärkt werden soll. Mit dem zehnseitigen Papier wollen sie vor allem eine Klarstellung erreichen, dass Medienangehörige nicht rechtswidrig handeln, wenn sie in Ausübung ihres Berufes zur Verletzung des Dienstgeheimnisses anstiften oder Beihilfe zum Geheimnisverrat leisten. Hausdurchsuchungen in Wohnungen von Journalisten sollen zudem nur noch von einem Richter angeordnet werden können. Zugleich wollen die Grünen Journalisten bei Auskunftsbegehren nach Verbindungs- und Standortdaten aus dem Telekommunikationsbereich durch Sicherheitsbehörden genauso geschützt wissen wie andere so genannte Berufsgeheimnisträger, also etwa Ärzte, Anwälte oder Priester.
Auslöser der grünen Initiative ist die so genannte "Cicero-Affäre", in deren Verlauf im vergangenen Herbst Staatsanwaltschaft und Polizei nach der Veröffentlichung eines Berichts über den jordanischen Terroristenführer Abu Musab al-Sarkawi mit Hinweis auf vertrauliches Material des Bundeskriminalamts Durchsuchungen der Redaktion des Polit-Magazins Cicero sowie beim Autor des Artikels durchführten. Die Grünen sehen durch das Handeln der Staatsmacht Meinungs- und Pressefreiheit gefährdet. Sie wollen verhindern, dass Strafverfolgungsbehörden den Informantenschutz unterlaufen und die Pflicht der Journalisten zur Information der Öffentlichkeit unter mannigfachen Strafverdacht gestellt wird.
Die Veröffentlichung von Geheiminformationen, die eigentlich nur für den Dienstgebrauch bestimmt sind und trotzdem immer wieder an Medienvertreter weitergegeben werden, ist für die Presse prinzipiell bereits straflos. Über den Umweg des Vorwurfs der angeblichen Anstiftung zum Geheimnisverrat sind dennoch nicht nur im Fall Cicero immer wieder auch Journalisten ins Visier der Strafverfolger und empörter Politiker geraten. Die Grünen bemängeln weiter, dass bei einer sich anschließenden Anordnung von Durchsuchungs- und Beschlagnahmemaßnahmen gegen Medienangehörige "in einer auffälligen Häufung" die notwendige Prüfung der Verhältnismäßigkeit unter Berücksichtigung der Grundrechte aus Artikel 5 der Verfassung zur Meinungsfreiheit fehle. Systematisch würden bei solchen Gelegenheiten auch "Zufallsfunde" in erheblichem Ausmaß einbehalten mit der Folge, dass Journalisten "in ihrer Arbeit nachhaltig beeinträchtigt werden und die Pressefreiheit Schaden erleidet".
Derlei Praktiken wollen die Grünen mit ihrem Gesetzesantrag einen Riegel vorschieben. Die künftig vom Richter anzuordnenden Hausdurchsuchungen bei Medienvertretern sollen nur noch nach guter und ausführlicher Begründung einzelfallbezogen unter Nennung konkreter Anhaltspunkte für einen Tatverdacht erfolgen dürfen. Die einstweilige Beschlagnahme von "Schriftstücken, Ton-, Bild- und Datenträgern, Abbildungen und anderen Darstellungen", die sich im Gewahrsam der Betroffenen befinden, wollen die Grünen ausdrücklich für unzulässig erklären – "soweit das Zeugnisverweigerungsrecht von Medienangehörigen reicht". Mit der geplanten Rechtsanpassung soll zudem die noch bestehende Strafandrohung bei der Veröffentlichung von Schriftstücken aus Strafverfahren "im Wortlaut" gestrichen werden. Das Verlangen einer Auskunft über Telekommunikationsverbindungen nach den Paragrafen 100g und h des Strafgesetzbuches, die von dem oder zu dem zur Verweigerung des Zeugnisses Berechtigten hergestellt wurden, würde ferner auch bei Journalisten unzulässig. Eine dennoch erlangte Information dürfte in einem Gerichtsverfahren nicht verwertet werden.
Jerzy Montag, rechtspolitischer Sprecher der grünen Bundestagsfraktion, erhofft sich von dem Entwurf ein klares Zeichen: "Uns ist Pressefreiheit wichtiger als Strafverfolgung um jeden Preis. Ohne eine freie und kritische Presse kann keine Demokratie bestehen. Wir wollen sie deshalb effektiv schützen, wenn ihr Einschüchterung und Behinderung seitens der Strafverfolgung drohen." Wie weit die Oppositionspartei angesichts der klaren Mehrheitsverhältnisse unter der Großen Koalition mit dem Vorstoß kommt, steht freilich auf einem anderen Blatt. Wann der Entwurf im Parlament debattiert wird, ist noch unklar. (Stefan Krempl) / (pmz)